Die Welt im Freistil

Krems, Moskau, Shanghai, Berlin: Leonard Cernko ist überall daheim, wo man ihm raum zum austoben gewährt. Aktuell fegt der multitalentierte Ösi übers kulinarische (Bankett-)parkett des Hotels Adlon Kempinski.
November 13, 2015

Fotos: Wolfgang Hummer, Werner Krug, Gerhard Deutsch, Hotel Ritz-Carlton Moskau, Hotel Ritz-Carlton Shanghai, Hotel Adlon Kempinski Berlin
Leonard Cernko

Ein ziemlich bekannter deutscher Schriftsteller namens Theodor Fontane meinte einmal, vor Gott seien alle Menschen Berliner. Nun ist im Himmel wie auf Erden die Tatsache, dass Leonard Cernko kein Berliner, sondern gebürtiger Salzburger ist, nicht wegzuleugnen. Ebenso unbestritten ist jedoch, dass der erst 32-Jährige einen ziemlich göttlichen Karriereweg hinter sich hat und momentan – was übrigens nicht nur Fontane freuen dürfte – doch irgendwie Berliner ist. Seit Mai 2011 sammelt Cernko als Executive Chef des honorigen Hotels Adlon Kempinski Berlin haufenweise Fine-Dining-Bonuspunkte. Angesichts dessen, was der junge Mann schon alles gesehen, getan und an Auszeichnungen ans Revers geheftet bekommen hat, ist man geneigt, hinzuzufügen: wieder einmal.

Meine Vorstellung von Moskau war: Es ist weit weg und da laufen Eisbären auf der Strasse herum.
Leonard Cernko über die Herausforderung Russland

 

Dabei kam Cernko zum Kochberuf wie die viel zitierte Jungfrau zum Kind. „Koch war kein Traumberuf…

Fotos: Wolfgang Hummer, Werner Krug, Gerhard Deutsch, Hotel Ritz-Carlton Moskau, Hotel Ritz-Carlton Shanghai, Hotel Adlon Kempinski Berlin
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Ein ziemlich bekannter deutscher Schriftsteller namens Theodor Fontane meinte einmal, vor Gott seien alle Menschen Berliner. Nun ist im Himmel wie auf Erden die Tatsache, dass Leonard Cernko kein Berliner, sondern gebürtiger Salzburger ist, nicht wegzuleugnen. Ebenso unbestritten ist jedoch, dass der erst 32-Jährige einen ziemlich göttlichen Karriereweg hinter sich hat und momentan – was übrigens nicht nur Fontane freuen dürfte – doch irgendwie Berliner ist. Seit Mai 2011 sammelt Cernko als Executive Chef des honorigen Hotels Adlon Kempinski Berlin haufenweise Fine-Dining-Bonuspunkte. Angesichts dessen, was der junge Mann schon alles gesehen, getan und an Auszeichnungen ans Revers geheftet bekommen hat, ist man geneigt, hinzuzufügen: wieder einmal.

Meine Vorstellung von Moskau war: Es ist weit weg und da laufen Eisbären auf der Strasse herum.
Leonard Cernko über die Herausforderung Russland

 

Dabei kam Cernko zum Kochberuf wie die viel zitierte Jungfrau zum Kind. „Koch war kein Traumberuf, das ist mir irgendwie passiert. Eigentlich war ich immer technisch interessiert und wollte auch in diese Richtung etwas machen. Aber am Ende war’s das dann doch nicht, ich war unschlüssig und habe mich halt ein bisschen treiben lassen“, erzählt er. Die jugendliche Chill-out-Phase währte aber nur kurz, denn Mama und Papa Cernko gaben dem Sohnemann die Sporen in puncto Zukunftsplanung. Also beschloss er „aus einer Laune heraus“, in die Gastronomie zu gehen – und landete bei Toni Mörwald in dessen „Traube“ in Feuersbrunn.

Auch wenn Cernko das Wort Mentor nicht gerne in den Mund nimmt („Ich habe keinen Mentor, dafür aber Menschen, für die und mit denen ich gearbeitet habe, von denen ich Positives und manchmal auch Negatives mitgenommen habe“), so ist doch einer der größten Karriere-Coups in Cernkos Leben eng mit Mörwald verknüpft: Nach Stationen bei Reinhard Gerer im Korso und Heinz Winkler in Aschau erkochte Cernko als Küchenchef in Mörwalds Kloster UND 2004 mit gerade mal 25 Jahren quasi vom Fleck weg drei Hauben und 17 Punkte, 2006 folgte dann mit der Auszeichnung zum „Koch des Jahres“ der kulinarische Ritterschlag. Wäre er nach diesem Erfolg dem Größenwahn erlegen, man hätte es ihm angesichts des Alters nachgesehen – aber nichts da.

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„Abgehoben bin ich damals nicht, dazu hatte ich auch gar keine Zeit“, resümiert er. „Mit der Anerkennung kommt die Mehrbelastung, der Druck, der auf einem lastet, ist enorm. Plötzlich beobachten alle ganz genau, was du tust, und man selbst rotiert nur mehr, um allen gerecht zu werden.“ Es lief rund in Krems, er hätte ewig weitermachen können, aber den rastlosen Neo-Star dürstete es nach einer kreativen Pause und einem Tapetenwechsel. Als Heinz Winkler mit einem Ticket nach Moskau ins Ritz-Carlton winkte, schlug Cernko zu. „Das war schon ein Wahnsinn in Russland, der totale Kulturschock. Bevor ich unter Winklers Patronanz im Jeroboam im Ritz Küchenchef wurde, fiel mir zu Moskau maximal ein, dass es weit weg ist und dort Eisbären auf den Straßen rumlaufen.

Die Sprache, die Kultur, das hat mich anfangs fertiggemacht, aber irgendwann legt sich das, weil es sich ja auch legen muss, wenn man was weiterbringen will, und von da an fand ich es einfach nur noch genial.“ Es wäre aber nicht Leonard Cernko, wenn es ihn nicht nach zwei Jahren im mittlerweile von der kulinarischen Bildfläche der Stadt Moskau verschwundenen Jeroboam wieder an ein anderes Ende der Welt – und ein Stückchen weiter nach oben auf der persönlichen Karriereleiter – verschlagen hätte. Little Lennie drehte einfach wieder mal am Globus, nächster Zwischenstopp: China.

Kochen ist ein Mannschaftssport. Da kannst du als Küchenchef noch so genial sein, ohne das richtige Team geht gar nichts.
Das Erfolgsgeheimnis des Leonard Cernko

 

2010 checkte er als Executive Sous Chef im The Portman Ritz-Carlton in Shanghai ein, und so ganz nebenbei eine neue professionelle Bastion ab, nämlich das Bankettgeschäft. „Das war für mich völlig unerforschtes Terrain und Shanghai war der perfekte Ort, um mich in diese Richtung zu bewegen. Nicht nur zwei oder drei Teller auf hohem Niveau rauszuschicken, sondern 300 Leute mit sensationellem Essen umzuhauen, das hat einfach was“, schwärmt Cernko von jenem Aufgabengebiet abseits des Herdes, das ihn auch in seiner neuen Wirkungsstätte in Berlin voll ausfüllt. Wie jetzt – Cernko und sein Kochmesserset haben sich endgültig getrennt? „Ich halte mir alle Möglichkeiten offen, aber ich habe mit der Position als Executive Chef im Adlon meinen Traumjob gefunden und es gibt aktuell keinen Grund, daran etwas zu ändern.“

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Der neue Herr über den Restaurant- und Veranstaltungsbetrieb im Adlon sieht sich allerdings nicht als kulinarischer Vorbeter mit Hang zur Selbstverwirklichung. Vielmehr übernimmt er die Rolle des Förderers, „einer, der die Köche und das großartige Team bestmöglich unterstützt, ihnen beisteht und mit ihnen gemeinsam daran arbeitet, noch besser zu werden“. Seine Aufgabe, so sagt er, liege nicht darin, alles umzukrempeln – vielmehr sorge er dafür, dass die beiden Küchenchefs Hendrik Otto und Sebastian Völz „alles an Support und Tools bekommen, um ihren eigenen Stil weiter so erfolgreich umzusetzen“.

Hendrik und Sebastian sind geniale Köche. Und sie haben das Herz am rechten Fleck.
Über seine Jungs Hendrik Otto und Sebastian Völz

 

Damit räumt Cernko auch nachdrücklich mit dem bei seinem Amtsantritt 2011 vielerorts kolportierten Gerücht auf, das Adlon hätte ihn geholt, um die Küche auf ein noch höheres Niveau zu hieven. „Das hat mich tierisch aufgeregt, Hendrik und Sebastian machen einen perfekten Job hier und wenn so ein Schwachsinn verzapft wird, dann ist das unfair gegenüber dem Team und unfair gegenüber mir. Hendrik Otto ist einer der genialsten Köche, die ich kenne, da gibt es nichts dran zu drehen.“ Und nein, den Diktator zu spielen, das komme ihm sowieso nicht in den Sinn. Denn Freilauf und größtmögliche Unterstützung, so sagt er, habe ja auch er von seinen Chefs immer bekommen und das gebe er nun an seine Schäfchen weiter.

> Kontakt

Hotel Adlon Kempinski Berlin

Unter den Linden 77

10117 Berlin

Tel.: +49 30 2261 0

www.kempinski.com

Ob und wenn ja, wann sich der Globus für Leonard Cernko wieder zu drehen anfängt, ist ungewiss – seine Abneigung gegenüber der vor allem in der gehobenen Gastronomie und Hotellerie durchaus üblichen Hau-drauf-Mentalität wird er sich aber jedenfalls bewahren. Momentan jedenfalls ist in Berlin „allet jut“, und das zaubert Meister Cernko ein Lächeln ins Gesicht. „Ist das nicht geil, wenn alles super läuft und trotzdem keiner lockerlässt und weiter Gas gibt?“, sagt er dann. Und klingt dabei wie einer von diesen großen Mentoren, die einen eben irgendwie doch ein ganzes Leben lang begleiten.

 

>> Zutaten:

Rezept für 4 Personen

Brandenburger Reh

  • 1 kg Rücken ohne Knochen
  • 100 ml Rehfond, 200 ml Rehsauce
  • 40 g Pancettascheiben
  • 30 ml flüssige Butter
  • Thymian, Meersalz, Piment d’Espelette
  • langer Pfeffer, Sonnenblumenöl

Spreewälder Gurke

  • 500 g Spreewaldgurken, roh
  • 2 Stk Gartengurken
  • Olivenöl, Melforessig
  • Waldhonig, Salz,
    Zucker, weißer Pfeffer

Spitzkohl

  • 1 kg Spitzkohl
  • 30 g ausgelassene Pancettawürfel
  • 200 g Blattpetersilie
  • 100 g Kartoffelstampf
  • 2 Schalotten, brunoise geschnitten
  • 50 ml Geflügelfond
  • 100 g Crème fraîche
  • 1 Eigelb
  • Schnittlauch, braune Butter,
    Muskat, Salz, Cayennepfeffer

Brandenburger Reh

Brandenburger Reh

Reh von der Sehne befreien, in zwei gleich große Teile schneiden. Das eine Stück mit Salz, Piment und Pfeffer würzen, mit Rehfond und einem Zweig Thymian vakuumieren, bei 65 °C elf Minuten pochieren. Nach zehn Minuten Ruhezeit das Fleisch in vier gleich große Quader schneiden und mit Meersalz würzen. Das zweite Stück leicht in einer Pfanne mit Sonnenblumenöl von allen Seiten anbraten, abkühlen, mit flüssiger Butter übergießen (stocken lassen) und bei 140 °C im Ofen unter ständigem Drehen etwa neun Minuten abschieben. Zehn Minuten ruhen lassen, dann in einer Pfanne die Sauce mit Butter reduzieren und das Rehfilet darin glacieren. Danach mit dem Pancetta umwickeln und in vier gleich große Teile schneiden.

Spreewälder Gurke

Die Gurken mit einer Gemüse-Spaghettimaschine schneiden, einsalzen und vier Stunden ziehen lassen. Danach mit dem Essig, den Gewürzen und Olivenöl abschmecken. Mit einer kleinen Fleischgabel in Form bringen.

Spitzkohl

Vom Spitzkohl die Blätter abschneiden, in Salzwasser kochen, danach in Eiswasser abschrecken. Zwischen zwei Tücher legen und mit einem Nudelholz ein- bis zweimal ausrollen. Den Rest des Spitzkohls (ohne Strunk) in Juliennes schneiden, mit Butter und Schalotten anschwitzen. Mit Geflügelfond ablöschen, dann mit der Crème fraîche einkochen, bis eine sämige Masse entsteht. Zum Schluss Kartoffelstampf, Blattpetersilie, Pancetta, braune Butter und Eigelb unterheben und in die Spitzkohlblätter rollen, danach mit dem blanchierten Schnittlauch in Folie einwickeln. Bei 80 °C im Wasserbad etwa 14 Minuten kochen lassen, dann in vier gleich große Rollen schneiden.

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