Jetzt gibt’s was auf die Nuss

Hülsenfrucht 2.0: Das süße Geheimnis der Top-Pâtissiers
November 13, 2015

Hülsenfrucht Nuss
Fotos: Monika Reiter

Wie im Oompa-Loompa-Land, in dem sich kleine Männchen mit dem Vorschlaghammer durch Erdnussschalen schlagen, sieht es bei Nougat- und Marzipanproduzenten wahrscheinlich nicht aus. Aber was weiß man schon?
Jedenfalls sind Nüsse in der Pâtisserie definitiv keine Peanuts. Wobei, eine streng genommen natürlich schon. Denn auch die Erdnuss spielt in der Pâtisserie eine wichtige Rolle. Sowohl als Rohzutat als auch in der verarbeiteten Version beispielsweise als Praliné. Ebenso wie die Rolle der Mandel in der Konditorenzunft. Denn bald ist die Zeit gekommen, in der uns das Marzipan in Form von Schweinchen und Fliegenpilz wieder aus den Konditoreivitrinen entgegenlacht. Und auch auf Hochzeitstorten verzichten Braut und Bräutigam wahrscheinlich eher ungern auf ihre Pendants aus Marzipan.

Auch Quinoa, Pinienkerne und Co. ergeben feine Pralinés.

Doch hat die weiße Masse auch in der Top-Pâtisserie ihren festen Platz? Abseits von der tragenden Rolle als essbarer Kleber unter dem eigentlichen Dessert im Glas?
Matthias Ludwigs, Betreiber der Törtchen-Törtchen-Läden in Köln und Düsseldorf, hat gleich mehrere süße Seiten in seiner Vita. Denn Ludwigs ist nicht nur gelernter Koch und Pâtissier,…

Hülsenfrucht Nuss
Fotos: Monika Reiter

Wie im Oompa-Loompa-Land, in dem sich kleine Männchen mit dem Vorschlaghammer durch Erdnussschalen schlagen, sieht es bei Nougat- und Marzipanproduzenten wahrscheinlich nicht aus. Aber was weiß man schon?
Jedenfalls sind Nüsse in der Pâtisserie definitiv keine Peanuts. Wobei, eine streng genommen natürlich schon. Denn auch die Erdnuss spielt in der Pâtisserie eine wichtige Rolle. Sowohl als Rohzutat als auch in der verarbeiteten Version beispielsweise als Praliné. Ebenso wie die Rolle der Mandel in der Konditorenzunft. Denn bald ist die Zeit gekommen, in der uns das Marzipan in Form von Schweinchen und Fliegenpilz wieder aus den Konditoreivitrinen entgegenlacht. Und auch auf Hochzeitstorten verzichten Braut und Bräutigam wahrscheinlich eher ungern auf ihre Pendants aus Marzipan.

Auch Quinoa, Pinienkerne und Co. ergeben feine Pralinés.

Doch hat die weiße Masse auch in der Top-Pâtisserie ihren festen Platz? Abseits von der tragenden Rolle als essbarer Kleber unter dem eigentlichen Dessert im Glas?
Matthias Ludwigs, Betreiber der Törtchen-Törtchen-Läden in Köln und Düsseldorf, hat gleich mehrere süße Seiten in seiner Vita. Denn Ludwigs ist nicht nur gelernter Koch und Pâtissier, er hat auch die Ausbildung zum Konditormeister erfolgreich absolviert. Danach startete er an Stefan Marquards Seite seine knapp ein Jahrzehnt andauernde Karriere in der Sterne-Gastronomie. Ludwigs: „Komplett auf Marzipan würde ich auch in der Pâtisserie nicht verzichten wollen. Auch wenn ich großteils lieber auf Mandelmehl zurückgreife und den Zucker separat hinzufüge.“ Doch beispielweise um Torten einzuschlagen, gebe es zum Marzipan kaum eine Alternative, so der Pâtissier weiter über die weiße Mandel-Zuckermasse.

Nussknacker in Eigenregie
Geht man weiter in der Reihe der Produkte aus gemahlenen Nüssen, bleibt man gleich beim nächsten Klassiker in Pâtisserie wie auch Konditorei kleben: dem Nougat. Auch in diesem Fall knackt Ludwigs seine Nüsse am liebsten eigenhändig. „Wir stellen unser Nougat immer selbst her. Man ist einfach viel flexibler in Konsistenz und Geschmack, wenn man mit Pralinés und Nuss-pasten arbeitet anstatt mit fertigem Nougat.“ Der Unterschied: Nusspasten bestehen zu hundert Prozent aus gemahlenen Nüssen. Bei Praliné-Massen werden in der Regel 60 Prozent karamellisierte Nüsse mit 40 Prozent Zucker vermengt. Klassischer dunkler Nougat besteht aus gerösteten Haselnüssen sowie Kakaobutter, Puderzucker sowie Kuvertüre und Milchpulver, die zu einer homogenen Masse verarbeitet werden.
Für Ludwigs gehört sowohl Marzipan wie auch Nougat von der Verarbeitung her darum der Vergangenheit an. „Arbeitet man mit dem Grundprodukt Nuss und stellt daraus selbst seine Pralinémassen her, hat man Einfluss auf viele wichtige Faktoren, um das Dessert perfekt auszubalancieren.“ Karamellisier- und Röstgrad der Nüsse sowie die Menge an Zucker oder die optionale Zugabe von verschiedensten Ölen seien dabei nur einige davon. „Bei Nougat hat man ein fertiges Produkt, mit dem man arbeiten muss, vor sich“, so Ludwigs.
Das Problem an der Sache: Viele benutzen Nougat wie auch Marzipan nach wie vor, weil die Rezepte darauf ausgerichtet sind. Ganz nach der Devise „Never change a winning system“ nutze man daher insbesondere in der Konditorei die geschmackliche Kernenergie nicht, die in Nüssen steckt, bedauert Ludwigs. „Ansonsten würde ich behaupten, griffen die meisten auf gemahlene Mandeln sowie Pralinémassen zurück“, so der Törtchen-Meister.

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Doch das verlangt eben nach der Beschäftigung mit dem Produkt wie auch nach der Adaption des Rezepts. Das kostet Zeit und damit Geld. Entlohnt werden individuelle Nussmixer dafür aber mit einer großen Bandbreite an Kernenergie, die sich auch spielerisch leicht auf Weizen und Co. übertragen lässt. Denn so ein Hochleistungsmixer mahlt natürlich auch Sesam, Pinienkerne oder Quinoa zu feinen Pasten, die Desserts ganz schön knackig dastehen lassen.
So wie den „Crispy Fruit Block“ aus Pistazien und Joghurt von der spanischen Pâtissier-Größe Jordi Puigvert. Der Betreiber des Sweet’n Go in Barcelona ist begeistert von der Vielseitigkeit der Masse: „Das Pistazien-Praliné kann auch als Fülle für jegliche Art von Bonbons verwendet werden. Durch die Zugabe von Mono- und Diglycerid kommen wir auch gänzlich ohne Kuvertüre und Kakaobutter aus, um eine schnittfeste Konsistenz zu erhalten. In diesem Fall lassen wir die Masse im Kühlschrank härten. Soll das Ergebnis eine Bonbonmasse sein, lassen wir die Masse bei 18 bis 20 Grad Celsius kristallisieren.“ Ludwigs’ Sesamnougat wandert in Köln als Törtchen in Kombination mit Brombeeren über den Tresen. Und bei Dominik Fitz, dem Chef-Pâtissier im Hangar-7 in Salzburg, kommt Mandelmehl in Form von Macarons oder Petits-Fours-Madeleines auf den Tisch. Fitz: „Bei meinem Haribo-Dessert war ein Bestandteil die Pralinémasse aus Pistazien, Zucker und Pistazienöl.“ Den größten Teil seiner Pralinés bereitet Fitz dabei in Eigenregie zu. „Wenn man den Anteil an Zucker reduzieren möchte, muss man etwas Öl hinzufügen, um eine cremige Konsistenz zu erhalten.“ Natürlich gibt es auch Pralinémassen in guter Qualität zu kaufen. „Aber wenn ich die Massen selbst zubereite, gibt es einfach viel mehr Schrauben, an denen man drehen kann“, ist Fitz überzeugt.

Nougat wie auch Marzipan gehören von der
Verarbeitung her der Vergangenheit an.

Matthias Ludwigs’ Plädoyer für die Arbeit mit der rohen Nuss

Modernist-Cuisine-Papst Nathan Myhrvold geht in seiner Laborküche wie gewohnt noch einen Schritt weiter: Denn seine Haselnussbutter wandert vom Hochleistungsmixer gemeinsam mit Zuckersirup in die Zentrifuge. Dort wird die Masse dann bei 27,500g für eine Stunde im Kreis geschickt. Durch die Zentrifugalkraft trennt sich der Nussöltanteil von der festen Masse und als Ergebnis erhält man feinstes Haselnussöl mit Röstaromatik. Kernenergie in Reinform.

Die Nuss als Kulturgut
In Spanien, Frankreich und Italien ist Nougat im finalen Produktionsschritt zudem Teil der hiesigen Esskultur. Der spanische Turrón besteht dabei meist aus Mandeln, wird in der Turrón-Hochburg Jijona aber auch aus Erdnüssen hergestellt. Italienischer Torrone fällt in die Kategorie weißer Nougat. Dieser wird aus Eischnee und Zucker hergestellt und traditionell mit Mandeln, Pistazien, aber auch kandierten Früchten verfeinert. Der AOC Nougat de Montélimar aus der französischen Provence fällt ebenso in die Kategorie weißer Nougat wie türkischer Honig oder Gaz, eine persische Spezialität aus dem Iran.
In der österreichischen und deutschen Pâtisserie gilt dunkler Nougat hingegen eher als sichere Bank der Aromenpalette. Fitz: „Mit Nougat kann man schöne Ganaches und Pralinen machen. Und es ist ein Aroma, das sehr vielen schmeckt. Will man ein sicheres Dessert kreieren, ist Nougat immer dabei.“ Stimmt dann auch noch die Balance durch die individuelle Abstimmung von Zuckergehalt, Röst- und Karamellisiergrad, steht einem Dessert voller Nusspower nichts mehr im Weg. Also: Ganz gleich ob Mandelmousse aus beinahe ungerösteten Mandeln, Haselnusspaste mit starker Röstnote oder selbst gemachtes Nougat à l’ancienne, das mit seiner kernigen Textur noch eine Facette mit einbringt – Go Nuts lautet die Devise!

Limette, Basilikum, Parmesan

Limette, Basilikum, Parmesan

Dominik Fitz aus dem Hangar-7 in Salzburg lässt es mit Basilikum-Granita, Limetten-Gelee und Mandelbiskuit auch nusstechnisch geschmacklich ganz schön krachen.

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