Bäriges Comeback

Christian Petz tut wieder das, was er am besten kann: Kochen. Und das so gut, dass der enorme Ansturm den Meister der neuen Wiener Küche an seine Grenzen bringt.
November 13, 2015

Comeback - Christian Petz
Fotos: Helge O. Sommer

Der Petz eröffnet und die heimische Presse verliert sich in ultimativer Lobhudelei. „In Reduktion und Perfektion der Ausführung so gut, dass einem die Augen feucht werden.“ „Wie habe ich nur so lange ohne sein Essen überleben können?“ Oder: „Der Kampf um die Plätze lohnt sich!“
Und tatsächlich, der Andrang im Wiener Gußhaus ist enorm. So groß sogar, dass der erfahrene Ausnahmekoch aktuell gehörig ins Strudeln kommt. Denn so entspannt Christian Petz noch im Vorjahr beim Fotoshooting in seinem neuen Reich war, so abgehetzt klingt er jetzt beim Interview: „Ja, nach außen schaut das alles echt super aus, aber intern schuften wir zurzeit am letzten Zacken!“

Der Traum von Christian Petz ist also wahr geworden. Er hat endlich sein eigenes Wirtshaus. „Es ist alles andere als einfach, ein Restaurant mit halbwegs leistbarer Pacht und ohne astronomische Ablöse zu finden. Dann sollte es noch zentral liegen, und gefallen sollte es mir auch. Dank Dr. Walter Kainz, dem Gußhaus-Eigentümer, habe ich meinen idealen Platz gefunden.“ Seit Mitte Januar macht Christian Petz also wieder das, was er am liebsten tut. Kochen. Wirtschaftsanwalt Walter Kainz ist umgekehrt froh, dass er sein Restaurant in gute Hände legen und sich selbst noch ein paar Jahre seiner Kanzlei widmen kann: „Es war ein richtiger Glücksfall. Habe ich doch schon einige Zeit hin und her überlegt, wie ich…

Comeback - Christian Petz
Fotos: Helge O. Sommer

Der Petz eröffnet und die heimische Presse verliert sich in ultimativer Lobhudelei. „In Reduktion und Perfektion der Ausführung so gut, dass einem die Augen feucht werden.“ „Wie habe ich nur so lange ohne sein Essen überleben können?“ Oder: „Der Kampf um die Plätze lohnt sich!“
Und tatsächlich, der Andrang im Wiener Gußhaus ist enorm. So groß sogar, dass der erfahrene Ausnahmekoch aktuell gehörig ins Strudeln kommt. Denn so entspannt Christian Petz noch im Vorjahr beim Fotoshooting in seinem neuen Reich war, so abgehetzt klingt er jetzt beim Interview: „Ja, nach außen schaut das alles echt super aus, aber intern schuften wir zurzeit am letzten Zacken!“

Der Traum von Christian Petz ist also wahr geworden. Er hat endlich sein eigenes Wirtshaus. „Es ist alles andere als einfach, ein Restaurant mit halbwegs leistbarer Pacht und ohne astronomische Ablöse zu finden. Dann sollte es noch zentral liegen, und gefallen sollte es mir auch. Dank Dr. Walter Kainz, dem Gußhaus-Eigentümer, habe ich meinen idealen Platz gefunden.“ Seit Mitte Januar macht Christian Petz also wieder das, was er am liebsten tut. Kochen. Wirtschaftsanwalt Walter Kainz ist umgekehrt froh, dass er sein Restaurant in gute Hände legen und sich selbst noch ein paar Jahre seiner Kanzlei widmen kann: „Es war ein richtiger Glücksfall. Habe ich doch schon einige Zeit hin und her überlegt, wie ich mit meiner doppelten Berufung weitermachen soll. Da schneit eines Tages einfach Christian Petz bei der Tür rein und fragt, ob er das Gußhaus pachten kann.“

Personelle Startschwierigkeiten
Das ist nun also seit Mitte Januar in Betrieb und platzt vor lauter Gästen aus allen Nähten. Und zu allem Überdruss ist dem Spitzenkoch gerade ein wichtiger Mann in der Küche abhandengekommen und die vom Vorgänger übernommene Hardware macht ebenfalls Macken. Auch einige Mitarbeiter, die er vom vormaligen Betrieb übernommen hat, waren mit den neuen Herausforderungen komplett überlastet: „Das bedeutet, dass ich zurzeit von acht Uhr früh bis ein Uhr nachts im Dauereinsatz bin. Aber was soll man da groß jammern, es bedeutet ja auch, dass es finanziell viel besser aussieht als anfänglich durchgerechnet!“

Nur einige tolle Mitarbeiter könnte der einstige Vierhauber eben noch dringend benötigen. Denn neben seiner langjährigen Stütze Heidi Neuländtner stehen gerade nur ein Lehrling und eine Halbtagskraft mit in der Küche. „Die derzeitige Situation ist wirklich sehr unregelmäßig. Geplant wären jeweils drei Köche, die am Vormittag im Einsatz sind, und drei dann für den Abend.“ Zudem wird gerade an einer neuen Herdlösung gebastelt, denn der übernommene Gasherd und Christian Petz werden in diesem Leben bestimmt keine Freunde mehr.
Turbulenter Küchenalltag also derzeit bei einem der talentiertesten Köche des Landes, doch Ähnliches hat unlängst ja auch Gerhard Fuchs erlebt und mit Bravour gemeistert. Das wird einen alten Haudegen wie Petz nicht aus der Erfolgslaufbahn werfen, denn auch wenn im Hintergrund nicht alles wie am Schnürchen läuft, das, was auf den Tellern der Gäste landet ist ausnahmslos großartig. Weil er auf Schnörkel und Kapriolen ebenso verzichtet wie auf unnotwendige Prestige-Produkte. Und weil Christian Petz mit seiner Küche niemandem etwas beweisen muss oder will.

Christian Petz

Alles oder nichts
Daneben gilt Petz als Verfechter der Verwertung ganzer Tiere, nicht zuletzt aus Respekt vor dem Produkt. „Davon profitiert selbstverständlich auch unser Lehrling, denn er ist beim Zerlegen des Tieres immer dabei. Eine Fähigkeit, die beim Großteil der heutigen Jungköche leider Gottes verloren geht“, erklärt Petz seinen Ansatz zur Nose-to-Tail-Philosophie. Daher wechselt seine Karte auch täglich. Zwei bis drei Gerichte werden da immer wieder umgestellt oder neu konzipiert, da durch die Verarbeitung des ganzen Tieres natürlich immer unterschiedliche Fleischteile anfallen. Diese gilt es dann, natürlich auch dementsprechend variiert in Szene zu setzen.

Zurzeit findet man raffinierte Kreationen wie „Tatar mit einem knusprigen Schweinsschwarterl“, „Äsche im Topinambur-Gemüsefond“ oder „Pfefferkarpfen“ auf der Karte. Binnen kürzester Zeit zum absoluten Publikums-Hit avanciert ist sein „Vitello Dorschato“. „Eigentlich bin ich nicht so ein Fan davon, Gerichte ewig auf der Karte zu lassen, da mir dabei selbst bald fad wird. Aber bei diesem Gericht ist die Nachfrage so groß, dass wir echt blöd wären, es vorerst nicht mehr anzubieten.“ Der Clou dieser kulinarischen Wohltat: Es ist eine Variation des piemontesischen Klassikers Vitello Tonnato. Statt Tunfisch mixt Petz Dorschleber in die Mayonnaise, mit der das zartrosa gebratene Kalbsfleisch überzogen wird. Bumm macht es da selbst auf den Gaumen der kritischsten Geister des Landes und deswegen bleibt diese Erfindung auch vorerst im Repertoire.

Sonst kocht Petz immer spontan. Manche Dinge ändern sich oft eine Stunde vor der Öffnungszeit. „Ich brauche diese Spontaneität ganz einfach. So bleibt das alles lebendig!“ Der einzige Nachteil an dieser Vorgehensweise: Der Meister kommt nicht zum Rezeptieren. „Es ist traurig, aber ich habe ganz einfach keine Zeit dafür. Ich entwerfe jeden Tag ein bis zwei neue Gerichte, aber schreibe sie nicht nieder.“ Ein Umstand, der sich bald ändern soll, denn „hätte ich schon viel früher damit angefangen, wäre Material für einige Kochbücher da“, lacht Petz über sein Rezeptdefizit.

Die Weinkarte im Gußhaus ist gelungen, auch wenn Petz da noch etwas Luft nach oben sieht. „Wir müssen erst einmal eine richtige Inventur machen und noch weiter aufstocken, aber sonst bin ich mit dem Angebot schon sehr zufrieden“, resümiert der Weinfan Petz. Wer dennoch nicht glücklich wird, kann sich um 15 Euro Stoppelgeld aber auch etwas aus dem eigenen Keller mitnehmen.

Kalbsbeinscheibe im Zitronen-Pfeffersaft

Schnörkellos ehrlich
Bezeichnung für seine Küchenlinie hat Christian Petz nicht. „Am ehesten kommt da vielleicht ‚Wiener Fusion‘ hin“, versucht Petz, seinen Stil zu definieren. Die gängigste Beschreibung von seinen Stammgästen hingegen lautet: „Kein Chichi, sondern ganz einfach perfektes Essen.“ Und schaut man sich die Karriere des heute 52-Jährigen einmal genauer an, verwundern die permanenten Superlative für seine Küche keineswegs.
Als typisches Wirtshauskind half er bereits früh im elterlichen Gasthaus Strudengau in Küche und Service mit. Nach Abschluss seiner Lehre war Petz zwei Jahre lang Chef de Partie im Ifenhotel und startete seine Wanderjahre durch die besten Restaurants Mitteleuropas: Restaurant Nösse bei Jörg Müller auf Sylt, Königshof München, Restaurant Aubergine bei Eckart Witzigmann, Sous Chef im Hotel Hilton Plaza bei Werner Matt in Wien.

Im Dezember 1999 wurde Petz ins neu gegründete Restaurant Meinl am Graben in Wien geholt, wo er 2002 von Gault Millau als „Koch des Jahres“ ausgezeichnet wurde, 2003 erhielt er 18 Punkte und drei Hauben im Gault Millau. Danach kochte er bis Ende Dezember 2009 im Palais Coburg, wo er einen Michelin-Stern und vier Gault-Millau-Hauben erkochte. Doch kurze Zeit später verließ er das Coburg. Der Grund: Petz wollte künftig ausschließlich für das Restaurant arbeiten und nicht mehr für Caterings oder Kongresse im Haus. Das Coburg-Management war damit nicht einverstanden. Petz zog die Konsequenzen.

Von 2010 bis Ende 2013 war er Geschäftsführer und Küchenchef – mit zwei Gault-Millau-Hauben ausgezeichnet – im Holy-Moly!-Restaurant am Badeschiff Wien. Zuletzt arbeitete er als Consultant bei mehreren Projekten und als Gastkoch, bevor er Mitte Januar dieses Jahres sein lange erwartetes erstes eigenes Restaurant eröffnete.
Seine Ruhmesliste ist lang, umso spannender wird es also, wenn die ersten Führer in diesem Jahr erscheinen. Ganz egal sind Petz die Bewertungen nämlich nicht. Nur zähle in Österreich ohnehin hauptsächlich der Gault Millau: „Das Problem ist halt, dass alles, was nicht ganz grauslich ist, schon eine Haube bekommt. Und ehrlich gesagt will ich nicht mit den ‚Nicht ganz Grauslichen‘ auf einer Ebene gesehen werden.“ Doch verfolgt man die ersten Kritiken der österreichischen Gourmet-Journaille, wird auch die gelbste unter den Gourmetbibeln vom Schaffen des Meisters begeistert sein.
Und sind erst einmal die personellen Anfangsproblemchen gelöst, verspricht das Wirtshaus von Christian Petz endgültig zur spannendsten
Adresse Österreichs zu werden.

www.gusshaus.at

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