Mein grösster Fehler: Fritz Eichbauer

Warum Deutschland Anfang der 70er Jahre noch Neuland für die Haute Cuisine war und was er daraus gelernt hat erzählt uns diese Mal Fritz Eichbauer.
Oktober 7, 2015 | Fotos: Christoph A. Hellhake, – www.bilderlesung.de

Fritz Eichbauer

Der Bauunternehmer leistete in der Gastronomie Pionierarbeit, als er 1971 sein Tantris eröffnete. Inspiriert von seiner Leidenschaft für gutes Essen in Frankreich, holte er die Haute Cuisine nach Deutschland. Heute erwirtschaftet das Münchner 2-Sterne-Res-taurant einen Jahresumsatz von fünf bis sechs Millionen Euro. Doch die ersten Jahre gestalteten sich holprig, viel holpriger als gedacht. Zwischen 300.000 und 400.000 Euro musste Fritz Eichbauer pro Jahr zuschießen. Dennoch blieb der Unternehmer optimistisch: „Als Unternehmer muss man positiv denken, auch wenn nicht immer alles so eintrifft, wie man sich das vorstellt.“ Eichbauer plante sein Tantris von Anfang an groß – bis zu 120 Gästen sollte es Platz bieten.

Bei Reisen in den USA hatte er es erlebt: große Restaurants in Stadtrandlage, voll besetzt. „Das war nicht einmal in New York oder

Fritz Eichbauer

Der Bauunternehmer leistete in der Gastronomie Pionierarbeit, als er 1971 sein Tantris eröffnete. Inspiriert von seiner Leidenschaft für gutes Essen in Frankreich, holte er die Haute Cuisine nach Deutschland. Heute erwirtschaftet das Münchner 2-Sterne-Res-taurant einen Jahresumsatz von fünf bis sechs Millionen Euro. Doch die ersten Jahre gestalteten sich holprig, viel holpriger als gedacht. Zwischen 300.000 und 400.000 Euro musste Fritz Eichbauer pro Jahr zuschießen. Dennoch blieb der Unternehmer optimistisch: „Als Unternehmer muss man positiv denken, auch wenn nicht immer alles so eintrifft, wie man sich das vorstellt.“ Eichbauer plante sein Tantris von Anfang an groß – bis zu 120 Gästen sollte es Platz bieten.

Bei Reisen in den USA hatte er es erlebt: große Restaurants in Stadtrandlage, voll besetzt. „Das war nicht einmal in New York oder San Francisco. Das war in mittleren Städten, wobei eine mittlere Stadt in Amerika zwischen 1,5 und zwei Millionen Einwohner hat.“ Der Neo-Gastronom war überzeugt, „es werden sicher einmal derartige Zahlen auch in der deutschen Gastronomie notwendig sein“. Mit seiner Lage im Münchner Stadtteil Schwabing befand sich das Tantris in den 70er-Jahren ebenfalls eher am Stadtrand. Jedoch keine bewusste Wahl. „Uns blieb gar nichts anderes übrig. Wir hatten dieses Grundstück von der Stadt im Tausch erworben und es war notwendig, dass man ein erdgeschossiges Gebäude errichtet und da hatte ich natürlich meinen Lieblingsplan, ein Restaurant zu machen, erfüllen können.“ Für die Umsetzung des avantgardistischen Baus holte Eichbauer den Schweizer Architekturprofessor Justus Dahinden.

Am 2. Dezember 1971 wurde Eröffnung gefeiert. Doch das Restaurant mit seinen über 100 Plätzen konnte den hochgesteckten Erwartungen nicht Standhalten. „Wir hatten eigentlich von Anfang an gedacht, dass sich das Tantris relativ bald füllt und das war leider ein Irrtum. Da haben wir einige Jahre draufgezahlt. Und wir hatten die ganze Mannschaft, alles in allem waren es doch an die 40 Leute. Wenn dann am Ende des Tages nur um die 40 Gäste zum Essen kommen, dann geht das nicht auf.“ Und das unter dem jungen Eckart Witzigmann als Küchenchef, der 1973 den ersten und 1974 den zweiten Michelin-Stern erkochte. Doch wo lagen die Gründe? Zurückblickend spricht Fritz Eichbauer von der fehlenden Klientel und fehlenden finanziellen Mitteln der Menschen zu Beginn der 70er-Jahre für eine solch gehobene Küche in Deutschland.

Wir hatten gedacht, dass sich das Tantris von Anfang an relativ bald füllt. Das war ein Irrtum.
Da haben wir einige Jahre 300.000 bis 400.000 Euro draufgezahlt.
Fritz Eichbauer über seine Fehleinschätzung nach Eröffnung des Restaurants 1971

Die größte Durststrecke habe man nach fünf Jahren überstanden, der richtige Wendepunkt in die positive Zone sei dann nach etwa zehn Jahren, Anfang der 80er-Jahre, erreicht gewesen. Ob das Tantris als eigenständiges Restaurant diese Zeit überstanden hätte? „Nein, das wäre nicht möglich gewesen.“ Warum Eichbauer dennoch so lange an seinem Herzensprojekt trotz Zweifeln festgehalten habe, sei eine Frage des Images gewesen. „Wir sind ja in München bekannt als Bauunternehmung und haben auch Wohnungen gebaut und verkauft. Ich hatte das Gefühl, wenn wir sagen, wir schließen jetzt das Tantris, dass die Leute dann sagen, der Eichbauer ist pleite, und das wirkt sich auf die ganze Gruppe aus.“ Das Personal zurückzuschrauben, um die Kosten zu drücken, sei keine Option gewesen, weil man sonst Anfragen für größere Feiern mit bis zu 100 Gästen nicht hätte bedienen können. Und den Anspruch und das Niveau nicht halten.

Als Heinz Winkler die Küche übernahm, lag man bereits bei 60 Kuverts. „Dann kam der Herr Winkler und sagte zum Herrn Kluge, der damals Restaurantchef war: ‚Wir machen jetzt 80 Kuverts und das hat sich dann enorm in den Zahlen entwickelt.“ Heute kocht Küchenchef Hans Haas unter der Woche für 70 bis 80 Gäste und am Wochenende für 100 bis 110. Und kann damit die Kapazität, die vor 45 Jahren noch vermeintlich zu groß erschien, nahezu voll ausschöpfen. Deshalb ist Fritz Eichbauer heute froh, dass er die Größe des Sternerestaurants so gewählt hat und resümiert: „Ein absoluter Fehler war es nicht.“ Andere würden es eine Fügung des Schicksals nennen, dass sich alles so positiv entwickelt hat. Entscheidender Vorteil: Der Bauunternehmer hatte die finanziellen Mitteln für so einen langen Atem.

Deshalb legt Fritz Eichbauer jungen Gastronomen nahe: „Wenn ich heute noch mal anfangen würde, dann hätte ich ganz langsam angefangen. Ich hätte mit 30 bis 40 Gästen gerechnet, auch das Personal dafür abgestellt und hätte einfach gewartet. Ein Restaurant aufzubauen, dauert ja etliche Jahre, mindestens drei Jahre, bis es eine gewisse Stammkundschaft hat, und das muss man erwarten können und da nicht nach ein paar Monaten einknicken.“

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