Stefan Eder: Ein Erfinder versteckt zwischen Genie und Alm

Ein Zentrum kulinarischer Innovationen mitten im Nirgendwo. Stefan Eders Experimente machen Spaß und haben Pfiff.
Oktober 2, 2015 | Fotos: Wohlfühlhotel Eder

Stefan Eder- zwischen Genie und Alm
Irgendwo im Nirgendwo der weststeirischen Hügellandschaft ragt im kleinen Örtchen St. Kathrein am Offenegg das 4-Sterne-Wohlfühlhotel Eder neben der Dorfkirche empor. Von außen mag es wie ein gewöhnliches Wellnesshotel wirken, das sich die Stille aus der Umgebung zunutze macht – doch die ländliche Idylle trügt, denn in der Hotelküche geht es hoch her. Es wird Fleisch getrocknet, es wird Brotteig zu Luftballons aufgeblasen und kreiert, was das Zeug hält. Inmitten des Kulinariklabors steht der kreative Kopf der Küche und Besitzer des Hotels. Stefan Eder vollbringt zwischen Töpfen und anderen Gerätschaften wahre Meisterwerke, die den hochgeschnittenen Gourmetküchen anderer gehobener Res-taurants in nichts nachstehen. Er experimentiert, visioniert, hält Augen und Ohren nach neuen Küchentechniken und Möglichkeiten offen und entwickelt sich und seine Küche mit Lichtgeschwindigkeit in Richtung des kulinarischen Olymps.

Stefan Eder- zwischen Genie und Alm
Irgendwo im Nirgendwo der weststeirischen Hügellandschaft ragt im kleinen Örtchen St. Kathrein am Offenegg das 4-Sterne-Wohlfühlhotel Eder neben der Dorfkirche empor. Von außen mag es wie ein gewöhnliches Wellnesshotel wirken, das sich die Stille aus der Umgebung zunutze macht – doch die ländliche Idylle trügt, denn in der Hotelküche geht es hoch her. Es wird Fleisch getrocknet, es wird Brotteig zu Luftballons aufgeblasen und kreiert, was das Zeug hält. Inmitten des Kulinariklabors steht der kreative Kopf der Küche und Besitzer des Hotels. Stefan Eder vollbringt zwischen Töpfen und anderen Gerätschaften wahre Meisterwerke, die den hochgeschnittenen Gourmetküchen anderer gehobener Res-taurants in nichts nachstehen. Er experimentiert, visioniert, hält Augen und Ohren nach neuen Küchentechniken und Möglichkeiten offen und entwickelt sich und seine Küche mit Lichtgeschwindigkeit in Richtung des kulinarischen Olymps.

In guten und in schlechten Zeiten

Für Eder ist die Führung von Hotel und Gastronomie quasi ein Heimspiel. Er übernahm 2012 den Betrieb von seinen Eltern. Dass er praktisch am A**** der Welt, welche er selbst schon bereiste, wohnte, war für ihn in früheren Jahren doch ein Störfaktor. Mittlerweile sieht er die abgeschiedene Lage jedoch als richtigen Joker an, denn genau nach dieser Landruhe suchen auch seine Hotelgäste. Dem gelernten Koch, Sommelier und Diätologen, der sein Wissen über Ernährung in seine Gerichte einfließen lässt, wurde die Führung zur Hälfte in die Wiege gelegt. Nur zur Hälfte, denn zur anderen Hälfte war es eine Entscheidung, die er gemeinsam mit seiner Schwester traf: Wer sollte das Hotel zur Gänze übernehmen? Wer soll in schlechten Zeiten die Verantwortung tragen, aber auch in guten Zeiten die Lorbeeren ernten? Die Wahl fiel einstimmig auf Stefan Eder und so übernahm er das Ruder des Hotels. Das Kochen und der kreative Part dabei waren nicht unwesentliche Faktoren, denn seine Hauptaufgabe liegt nun in der Küchenleitung, aber auch im Marketing und allem, was zur Leitung eines Hotels dazugehört. Auch seine Frau Eveline, die selbst gerade in den Medien präsent ist und dadurch zunehmend hellhörig gewordene Gäste ins Hotel lockt, ist stark im Hotel involviert. Ein echter Familienbetrieb eben. Der Visionär Eder hatte bereits zu Beginn seiner Führung viele Ideen, die er umsetzte, und hat noch viele weitere im Oberstübchen, die noch auf der To-do-Liste stehen. Die Veränderungen lassen sich sehen, vor allem baulich. In jedem der drei Jahre seit seiner Leitung ein Um- oder Zubau, um genau zu sein. Der Wellnessbereich und die Gasträume erstrahlen in neuem Glanz und am nächsten Projekt wird schon fleißig gefeilt. Eder möchte seiner eigenen Handschrift nachgehen, seinen eigenen Stil realisieren, die Einrichtung modernisieren, seiner Kreativität Ausdruck verleihen und weiter weg vom ursprünglichen Konzept, das seine Eltern verfolgten.
Das war und ist teilweise doch schwierig für Letztere. Doch dann wieder nicht, denn in dem Familienverband Eder ziehen alle am selben Strang, ohne sich dessen oft überhaupt bewusst zu sein. Und im Nachhinein sieht die ältere Generation auch den Vorteil in den Veränderungen. Wie etwa beim großen Saal, der verkleinert wurde, um Raum für Toiletten zu schaffen – denn lieber ein kleinerer Saal, in dem immer was los ist, als ein großer, unpersönlicher, in dem vielleicht fünf Mal im Jahr ein Event den Staub von den Lampen fegt. Hier ist man zu Beginn angeeckt, doch letztendlich machten die Visionen des Juniors Sinn. Doch war das nicht die einzige Grenze, an die Eder geraten ist, denn er sieht sich selbst nicht als einen Menschen, der sich die Geduld mit dem Löffel einverleibte und erkannte, dass manche Dinge nicht von heute auf morgen umsetzbar sind. „Als Junger glaubt man, man kann die Welt aus den Angeln heben. Aber man muss sich irgendwo nach der Decke strecken und das machen, was der Kunde will, wenn man Erfolg haben will“, so der Unternehmer. Besonders in der Anfangszeit seiner Führung versuchte er, mit neuen Gerichten aufzuwarten, die ihn begeisterten. Dabei rechnete Eder allerdings nicht mit dem typischen Gast vom Land, der schon ins Gasthaus seiner Eltern kam, um sein Beuschel oder Backhendl zu ordern. Teilweise taten sich Kunden schwer mit der metamorphosierten Küche. Eder sah ein, wo er die Zügel locker lassen musste, und steuerte daraufhin ein anderes Konzept an, das sich gerade noch in der Entwicklungsphase befindet. Zum Teil behielt er die traditionelle, gutbürgerliche Küche auf der Speisekarte. Hier finden sich Beuschel, Tafelspitz und was der Landsmann so kennt und wofür er seit Langem sonntags nach der Kirche die Gaststätte frequentiert. Die zweite Schiene ist der Spielplatz für Eders kreative Ader. Sie nennt sich Kuh­linaRRisch und gibt ihm Raum, sich in der Küche kreativ zu entfalten und die unzähligen Gerichteideen, die in seinem Kopf kumulieren, im Kochtopf und am Teller umzusetzen.

„Ich bin eigentlich schon ein Rechter Murkser.“
Stefan Eder über seine Experimentierfreude in der Küche

 

Erfinder-versteckt-zwischen-Genie-und-Alm-foodAlles soll man einmal probieren

Stefan Eder experimentiert viel und gerne und in jede Richtung. Wenn etwas nicht zu ihm passt, wechselt er die Richtung. Er testet alle Techniken, die für ihn interessant sein könnten, und ist vor allem neugierig, wie ebendiese Techniken im Hintergrund funktionieren. „Ich bin eigentlich schon ein rechter Murkser“, gibt er zu. Wie sein jüngstes Experiment zeigt: Brotluftballons. Das Vehikel zu diesem Ziel: ein Gerät, durch das heiße Luft strömt, welche den Brotteig nicht nur aufbläst, sondern gleichzeitig backt. Das Konzept ist laut Eder noch nicht vollständig aufgegangen und befindet sich gerade mitten im Entwicklungsprozess. Doch über jeder Technik und jeder noch so umwerfenden Optik steht der Geschmack. Wenn Rezepte gut anmuten, aber die Ergebnisse geschmacklich nicht zu 100 Prozent das sind, was er sich vorstellt, dann tüftelt er so lange daran, bis er vollständig zufrieden ist. Besonders das Dry Aging hat Eder schon gemeistert und trocknet seit etwas mehr als einem Jahr Fleisch in seiner Küche.

Da er in dieser Form kein Fleisch zu kaufen bekam, beschloss er einfach, sich selbst an der Technik zu versuchen, und baute einen Dry-Aging-Schrank in seiner Küche ein, der von der Hotelbar aus zu sehen ist. Man kann also dem Fleisch sprichwörtlich beim Trocknen zusehen. Durch eine Kooperation mit dem Hygienikum Graz prüft Eder das selbst getrocknete Fleisch auch auf seine Qualität. Den Weg dahin beschrieb der Experimentophile als recht kurios: Auf der Suche nach einem Experten, der das von ihm verarbeitete Fleisch untersuchen kann, rief er im Institut an und erklärte einem gewissen Doktor Stelzl sein Anliegen. Was zurückkam, war ein „Wir kennen uns eh“. Man kannte sich tatsächlich, und zwar aus dem Geburtsvorbereitungskurs, den er belegte, bevor seine Frau seinen mittlerweile zweijährigen Sohn bekam. Man verstand sich auf Anhieb. Seitdem bringt Eder immer wieder getrocknete Fleischproben vorbei, um die Hygiene seines Dry-Aging-Verfahr­ens sicherzustellen, und holt sich im Zuge dessen auch immer wieder Tipps und Tricks – und die scheinen einzuschlagen, denn bei den Gästen kommt das Endprodukt hervorragend an.

Nur gewürzt wird exotisch

Die Speisekarte ist überschaubar: Ein paar klassische Wirts-hausgerichte wie Tafelspitz oder Backhendl finden sich rund ums Jahr auf der Karte, werden aber genauso je nach Saison oder Bedarf mit variierenden Beilagen umrahmt. Diese gesellen sich neben die wahlweise vier- oder siebengängigen KuhlinaRRisch-Menüs, die sich ebenfalls saisonal und je nachdem, was die Gärten so hergeben, ändern. Auf der Speisekarte geht jedenfalls Qualität vor Quantität. Und das Ergebnis kann sich auch schmecken lassen. Nicht nur beim getrockneten Fleisch. sondern bei allen Produkten, die in Eders Töpfen landen. Das Beste aus bodenständigen Lebensmitteln mit guter Qualität herauszuholen, darin liegt für ihn die eigentliche Kunst, die auch das richtige Know-how dahinter erfordert. Damit, Edelprodukte zu kaufen, kurz anzubraten und am Teller zusammenzubasteln. ist es nicht getan – Pfiff muss es haben. Wie bei Ochsenschwanz oder Zwerchrippen, wo es Erfahrung braucht, um das Gericht gut umzusetzen. Doch auch gute Qualität alleine macht noch nicht das vollständige Küchenkonzept. Auch die Herkunft sollte Eders Anforderungen entsprechen. Und obwohl der Begriff Regionalität für ihn mittlerweile schon fast zu abgegriffen wirkt und er das Wort nur mehr mit Vorsicht benutzt, hat dessen Inhalt größte Bedeutung für ihn – und auch Tradition für das Restaurant, da auch seine Eltern das gleiche Prinzip verfolgten. In dieser Hinsicht hat sich also nicht allzu viel geändert.

Tolles Fleisch aus Argentinien bringt dem Unternehmer nicht viel, er will auch wissen, wo es herkommt. Und das tut er. Ganz genau. Denn bis zur Sommeralm und zur Teichalm, wo der fleischgebende Almochse seiner Wahl grast, kann er von seinem Hotel aus sehen. Das Fleisch des Alm-ochsen strebt er, so reifen zu lassen, dass es die bestmögliche Qualität hat, und die Technik dahin gehend weiterzuentwickeln. Nicht nur der Almo, fast alle seiner Produkte haben einen relativ kurzen Weg in die Küche. Daher gibt es bei Eder auch keinen Meeresfisch, sondern den Kulmerfisch, kein Lamm aus Peru, sondern Weizer Berg­lamm und auch kein schottisches Rind, sondern Styria-Beef. Alle Produkte, die Eder bezieht, werden von einem über die vergangenen Jahre zusammengestellten Stock an Lieferanten aus der Region zum Restaurant gebracht, den er über sechs Jahre aufbaute und mit dem er, obwohl man natürlich immer Augen und Ohren offen halten muss, sehr zufrieden ist. Eine Ausnahme macht Eder nur bei den Gewürzen. Durch seine Reisen hat er seine Begeisterung für die indische und die lateinamerikanische Küche entdeckt und möchte auf deren intensive Aromen nicht verzichten. Nur die Grundprodukte, die sollte man von dem beziehen, was es in der Umgebung gibt, und sich auch Gedanken darüber machen, was man da verarbeitet. Das Hauptaugenmerk des achtköpfigen Küchenteams liegt dabei auf dem Wellnessgast, der länger im Hotel verweilt und allabendlich mit einem Spitzenmenü verköstigt wird.

„Man muss sich irgendwo nach der Decke strecken und machen, was der Kunde will.“ 
Stefan Eders Experimente haben ihre Grenzen

KuhlinaRRischer Spaß

Seine KuhlinaRRischen Gerichte finden mittlerweile sowohl beim Wellnessgast als auch beim Stammkunden großen Anklang. „Und dann macht es auch Spaß“, freut sich Eder. Und nicht nur das: „Dinge, die nicht so typisch sind, aber dann doch schmecken, sind das, was interessant ist“, so Eder. Dazu gehört beispielsweise sein letzter Clou, das Kohlrabi-Salz-Nugat. Richtig, Kohlrabi und Nugat, abgerundet mit Himbeeren und Zitronenthymian. Etwas, was man sich anfangs nicht wirklich vorstellen kann, was aber dann so richtig gut beim Gaumen und bei den Gästen ankommt. Ausprobieren will der Tausendsassa noch vieles. Alte Techniken möchte er wiederaufgreifen und auch in Richtung Schokolade und Brotbacken soll noch viel passieren sowie im Bereich Sous-­vide-Garen. Denn eines ist für Stefan Eder klar: In Sachen Küche und Restaurant hat er seinen Zenit noch lange nicht erreicht.
www.wellness-eder.at

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