Gert De Mangeleer – Der 3-Sterne-Gärtner

Sich in nur fünf Jahren drei Michelin-Sterne zu erkochen, hat vor Gert De Mangeleer noch niemand geschafft. Das erfolgreiche Credo in seinem Restaurantgarten Hertog Jan: Was du siehst, ist, was du isst.
Mai 19, 2016 | Text: Georg Hoffelner | Fotos: Piet De Kersgieter, Helge O. Sommer

 

Maximaler Minimalist

Meine Frau glaubt, dass ich eine Hyperaktivitätsstörung habe“, lacht Gert De Mangeleer laut auf und versucht mit einem Schmunzeln im Gesicht, seinen Wahn nach Erfolg und Perfektion zu erklären. Denn bis heute staunt die Fachwelt nicht nur über seine kulinarische Kreativität, sondern vor allem über die Geschwindigkeit, mit der der 1977 geborene Chef als gänzlich Unbekannter in der kulinarischen Welt auftauchte und innerhalb von nur fünf Jahren mit den höchsten Michelin-Weihen beehrt wurde. „Wir haben tatsächlich vor 13 Jahren bei null angefangen und alles selbst aufgebaut“, erinnert sich De Mangeleer.

 

Maximaler Minimalist

Meine Frau glaubt, dass ich eine Hyperaktivitätsstörung habe“, lacht Gert De Mangeleer laut auf und versucht mit einem Schmunzeln im Gesicht, seinen Wahn nach Erfolg und Perfektion zu erklären. Denn bis heute staunt die Fachwelt nicht nur über seine kulinarische Kreativität, sondern vor allem über die Geschwindigkeit, mit der der 1977 geborene Chef als gänzlich Unbekannter in der kulinarischen Welt auftauchte und innerhalb von nur fünf Jahren mit den höchsten Michelin-Weihen beehrt wurde. „Wir haben tatsächlich vor 13 Jahren bei null angefangen und alles selbst aufgebaut“, erinnert sich De Mangeleer.

Damals noch in einem alten Restaurant, ohne jeglichen Firlefanz. Einfach nur tolles Essen. Dennoch schaffte es der Ausnahmekoch, gleich im ersten Jahr auch den ersten Stern zu erkochen. Zwei Jahre später dann den nächsten und weitere zwei Jahre darauf kam auch schon der dritte. „Wir haben also in nur fünf Jahren unsere drei Sterne erkocht. Und es war vor allem eines: harte Arbeit.“ Zeit für Frau und die vier Kinder bleibt da kaum. 4,6 Millionen Euro hat De Mangeleer mit seinem Partner Joachim Boudens in das im Sommer 2014 neu eröffnete Restaurant Hertog Jan investiert. „Joachim und ich haben das Geld natürlich von einer Bank vorgestreckt bekommen und das gilt es auch zurückzubezahlen. Selbstverständlich mache ich nebenbei noch andere Projekte wie Auftritte in TV-Shows, aber vor allem müssen wir extrem dahinter sein, um mit dem Restaurant auch genug Geld zu verdienen“, schildert De Mangeleer die wirtschaftliche Situation seines Betriebs.

Wir haben einen sehr modernen Weg gefunden, Produkte harmonisch zu kombinieren.
Gert De Mangeleer über seinen Küchenstil

Und was dabei verblüfft: Ein 3-Sterne-Restaurant mit diesem Background und internationaler kulinarischer Ausrichtung ohne Hotel oder Sponsor im Background scheint in unserem deutschsprachigen Raum kaum möglich zu sein. Man darf nicht vergessen, wie groß im Hertog Jan alleine der Personalaufwand ist. Insgesamt beschäftigt De Mangeleer 35 Mitarbeiter. Davon sind 15 in der Küche, zehn im Service und natürlich gibt es auch noch Personal für administrative Tätigkeiten. „Es ist immer schwierig, gute Leute zu finden. Wir sind eigentlich stets auf der Suche, da auch bei uns ein reges Kommen und Gehen herrscht und unsere Leute gerne die ganze internationale kulinarische Welt sehen möchten. Wir sind schon bekannt und haben eine tolle Reputation, es ist aber nicht so, dass die besten Kräfte bei uns Schlange stehen“, hat auch der belgische Spitzenkoch keine besseren Nachrichten vom Nachwuchssektor.

Gert De Mangeleer – Der 3-Sterne-Gärtner

Dafür hat er zurzeit zwei Gärtner, die Vollzeit seine Gärten hegen und pflegen. „Da wir uns gerade in Richtung Hochsaison bewegen, kommen jedoch auch noch einige temporäre Aushilfskräfte dazu.“ Schließlich handelt es sich nicht um ein paar Kräuterbeete, sondern um drei Hektar Gemüsefelder eines ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebs. Die Inszenierung der Früchte des eigenen Gartens ist seit der Übersiedlung auf den Bauernhof vor den Toren Brügges das zentrale Thema im Hertog Jan. Das Service weist explizit darauf hin, welche Zutaten aus der eigenen Produktion stammen.  „Ich denke, wir haben einen sehr modernen Weg gefunden, Produkte zu kombinieren, setzen das aber immer mit einem klassischen Background um“, versucht der Belgier, seine Küchenphilosophie zu erklären. Das Produkt soll dabei stets im Vordergrund stehen. Man soll essen, schmecken, riechen und vor allem auch sehen, was man isst. „Für unsere Gäste versuchen wir, es stets spannend zu halten, Kombinationen zu kochen, die überraschen.“

Angetrieben durch Einfachheit

Wie etwa eines seiner Signaturegerichte, bei dem er Hummer mit Vanille und Kakao kombiniert. Oder Kartoffeln mit Kaffee und Shrimpsbrühe. Unglaublich auch der Aufwand, den der Koch in seinem Garten betreibt: „In diesem Jahr haben wir 132 verschiedene Arten von Cherrytomaten gezogen.“ Die spannendsten Sorten kombiniert er mit frischem selbst gemachtem Ziegenkäse und Ringelblumen. So wird jedes Gericht individuell. „Da wir so viele unterschiedliche Tomaten haben, bekommt kein Gast die gleiche Tomatensorte auf den Teller. Und wenn man mehrmals bei uns zu Gast ist, kann man sicher sein, nie das gleiche Geschmackserlebnis zu haben“, garantiert De Mangeleer einen ständigen geschmacklichen Wandel auf seiner Karte.

In diesem Jahr haben wir 132 verschiedene Arten von Cherrytomaten gezogen.
Gert De Mangeleer über Vielfalt im Garten

Interessant ist, dass der 3-Sterne-Koch mit dem riesigen Garten aus der Regionalität kein allzu strenges Dogma macht. Natürlich nimmt er zuerst das, was der Garten hergibt. „Als Nächstes schaue ich jedoch, was es an lokalen Produkten gibt, weil diese in der Regel frischer sind als Importware. Aber manche Sachen gibt es bei uns nicht in der Qualität, wie ich mir das vorstelle.“ Geflügel sowie Rind- und Lammfleisch bezieht er fast ausschließlich aus Frankreich. Aktuell experimentiert er jedoch am liebsten mit Makrele. „Generell faszinieren mich Fische, die etwas mehr Fettanteil haben. Es gibt nichts über einen herrlichen Wolfsbarsch“, schildert De Mangeleer, wie er Inspirationen zu seinen komplett eigenständigen Kreationen findet.

Das Bewundernswerte beim belgischen Dreisterner ist nämlich, dass er bei keinem richtig großen Namen in die Lehre ging. Keine Kaliber der internationalen Foodszene stehen in seinem Lebenslauf. „Ich hatte nie einen Küchenchef oder Mentor, den ich hätte zurate ziehen können oder der mir irgendwelche Tricks beigebracht hat.“ Das war für den ehrgeizigen Koch am Anfang natürlich extrem hart und schwierig. „Man macht jede Menge Fehler und verzweifelt regelrecht an seinen Aufgaben, da man sich alles selbst erarbeiten muss.“ Doch jetzt, viele Jahre später, wird klar, dass genau das die Stärke vom Res­taurant Hertog Jan darstellt. Weil Gert De Mangeleer eben nie einen Chef hatte, der ihn in irgendeiner Art und Weise hätte beeinflussen können, entwickelte er so einen sehr eigenständigen Küchenstil, der ihn in die höchste interstellare Ebene katapultierte.

Andere Jungs hatten Poster von Diego Maradona, ich von Paul Bocuse.
Gert De Mangeleer über pubertäre Idole

Unvergesslich natürlich der Moment, als er den dritten Stern bekam: „Wir waren damals in Gent, alle 2-Sterne-Köche waren eingeladen und saßen nebeneinander in einer Reihe. Auf einmal hieß es, dass es ein neues 3-Sterne-Restaurant geben wird.“ De Mangeleer zählte damals definitiv zu den Underdogs, keine Kamera war auf ihn gerichtet und dann hieß es: „Hertog Jan.“  Doch ab dem dritten Stern ändert sich natürlich unglaublich viel. Das ganze Leben dreht sich. Daraufhin wurde er mit einem Schlag berühmt. „Auch die Nicht-Foodies kennen einen auf der Straße und man bekommt Verträge für TV-Shows. Es gibt Angebote aus der ganzen Welt, um Banketts zu kochen oder Vorträge zu halten.“ Kurz: Jeder schaut auf einen, aber alle sind natürlich auch viel kritischer. Es wird nur mehr der höchste Level erwartet.

„Würde ich den dritten Stern verlieren, wäre das schrecklich. Andere Jungs hatten Poster von Diego Maradona, ich von Paul Bocuse. Es war schon immer ein Traum, drei Sterne zu haben.“ Und um diese zu halten, wird er auch weiterhin rund um die Uhr hart arbeiten, wobei er ein Ziel dennoch nicht ganz aus den Augen verlieren möchte: „Mehr Ruhe für mein Leben zu finden und die Familie mehr genießen zu können. Wie ich das jedoch erreichen will, dafür hatte ich leider noch keine Zeit, mir Gedanken zu machen.“

www.hertog-jan.com

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