Daniel Boulud: Frenchman in New York

Daniel Boulud zelebriert seit über 30 Jahren am Brennpunkt New York Grande Cuisine mit saisonalen Akzenten. Der neckische Küchenchef über das härteste Pflaster der Welt und darüber, warum die französische Küche nie out of style ist.
Juli 20, 2017 | Text: Georg Hoffelner | Fotos: Helge Kirchberger / Red Bull Hangar-7, Rick O’Brian, Noah Fecks, Francesco Tonelli, Melissa Horn, Signe Birck, Monte Isom

Dass Hangar-7-Executive-Chef Martin Klein höchst erfreut ist, wenn ein Landsmann antanzt, ist klar. Dass sich Daniel Boulud aber an allen drei Tagen mit vollstem Einsatz ins Hangar-7-Team einordnet und sogar beim Mise en Place dabei ist, lässt selbst den sonst eher ruhigen Klein in Jubelstürme ausbrechen: „Er ist ein wahrer Sir der Gastronomie. Punkt!“ Und das kann man nur bestätigen: Auch beim Interview sprüht Boulud nur so vor jugendlichem Leichtsinn und man spürt in jedem Augenblick, dass er sein Leben und seine Küche in vollsten Zügen genießt.

Fuck, that’s delicious

Die heikelste Frage gleich zu Beginn: Wie war das, als Sie 2014 den dritten Stern verloren haben, und wie sind Sie damit umgegangen?
Daniel Boulud: Ich hatte niemals Zweifel daran, dass die Arbeit, die wir im Daniel hinlegen, nicht an die meisten der europäischen 3-Sterne-Restaurants heranreicht. Ich habe diesen Schlag wie ein gut trainierter Boxer eingesteckt und seitdem konzentrieren wir uns wieder auf das Wesentlichste: unsere Gäste. Die sind und waren in guten wie in schlechten Zeiten immer für uns da.

Dass Hangar-7-Executive-Chef Martin Klein höchst erfreut ist, wenn ein Landsmann antanzt, ist klar. Dass sich Daniel Boulud aber an allen drei Tagen mit vollstem Einsatz ins Hangar-7-Team einordnet und sogar beim Mise en Place dabei ist, lässt selbst den sonst eher ruhigen Klein in Jubelstürme ausbrechen: „Er ist ein wahrer Sir der Gastronomie. Punkt!“ Und das kann man nur bestätigen: Auch beim Interview sprüht Boulud nur so vor jugendlichem Leichtsinn und man spürt in jedem Augenblick, dass er sein Leben und seine Küche in vollsten Zügen genießt.

Fuck, that’s delicious

Die heikelste Frage gleich zu Beginn: Wie war das, als Sie 2014 den dritten Stern verloren haben, und wie sind Sie damit umgegangen?
Daniel Boulud: Ich hatte niemals Zweifel daran, dass die Arbeit, die wir im Daniel hinlegen, nicht an die meisten der europäischen 3-Sterne-Restaurants heranreicht. Ich habe diesen Schlag wie ein gut trainierter Boxer eingesteckt und seitdem konzentrieren wir uns wieder auf das Wesentlichste: unsere Gäste. Die sind und waren in guten wie in schlechten Zeiten immer für uns da.

Bei einem Restaurantimperium wie dem Ihren: Wie oft kommen Sie überhaupt noch selbst zum Kochen?
Boulud: In New York lebe ich über unserem Restaurant Daniel. Direkt über dem Restaurant ist auch mein Büro, von dem ich in die Küche schauen kann. Zudem ist unsere Küche auf zwei Stockwerke verteilt und daher bin schon noch sehr präsent und am Kochen. Und dadurch, dass das Daniel nur abends geöffnet hat, kann ich leicht untertags die anderen Locations abklappern und nach dem Rechten schauen.

Aber wenn Sie es prozentual ausdrücken müssten, zu wie viel Prozent stehen Sie noch selbst am Herd?
Boulud: Wenn ich es wirklich in Prozenten ausdrücken müsste, wären es 50 Prozent Business und 50 Prozent Kochen. Meine langjährigen Mitarbeiter stehlen mir die Show. Unsere Chef-Pâtissière Ghaya Oliveira etwa ist schon über 17 Jahre bei mir. Jean-François Bruel, unser Executive Chef, bereits über 23 Jahre. Ich komme schon noch auf fünf bis sechs Stunden Service pro Tag. Die gleiche Zeit in etwa verbringe ich im Büro. Aber komischerweise koche ich beinahe mehr, wenn ich reise.

Sie stecken ja gerade in den Vorbereitungen für ein weiteres Restaurant?
Boulud: Ja, wir übernehmen einen 11.000 Quadratmeter großen Bereich im One-Vanderbilt-Wolkenkratzer und wollen dort 2020 ein stattliches Restaurant umsetzen. Unsere Firma Dinex wird das Projekt im zweiten Stock in der Vanderbilt Avenue und East 42nd Street umsetzen. Es soll mehr als 100 Sitze haben und als Option noch weitere 50 für Private Events hergeben. Im Erdgeschoß wird es zudem noch das Grab-’n’-go-Restaurant Epicerie geben, mit einer 30 Meter hohen Decke und einer Bar, die so wirkt, als würde sie im All schweben. Es wird das erste Restaurant von uns sein, das in einem Bürogebäude untergebracht ist.

Wie soll das Konzept aussehen?
Boulud: Es wird definitiv etwas moderner als die Linie vom Daniel sein, wo wir ja eine sehr traditionelle französische Küche haben. Wir werden auch französische Küche präsentieren, aber etwas zeitgemäßer.

Bleiben wir bei zeitgemäßer Küche: Wann wird es denn nach der Molekularküche und der nordischen Küche wieder ein internationales Revival der französischen Küche geben?
Boulud: Halt, halt, halt! Die französische Küche war nie außer Mode. Außerdem gibt es auch in der französischen Küche eine Evolution. Nur nicht so stürmisch wie vielleicht in anderen Ländern. Dafür verschwindet sie aber auch nicht so schnell.

Was gefällt Ihnen eigentlich gerade nicht daran, in Amerika zu leben? 
Boulud: Ich liebe Amerika. Dort wurden meine Kinder geboren und das ist der Ort, für den ich mich entschieden habe zu leben. Ich will hier nicht politisch werden. Eines ist klar: Hätte Amerika nicht die tollen Produkte, die wir dort vorfinden, wäre ich bestimmt nicht geblieben. Zudem ist es genial, eine große Dichte an talentierten Köchen zu erleben, die aus den unterschiedlichsten Erdteilen hier zusammenkommen und so die Küche permanent durch ihre Einflüsse weiterbringen. Das ist für die Gerichte, die wir kreieren, sehr wichtig, aber umso wichtiger für die zwischenmenschlichen Beziehungen. Als zugereister Franzose bin ich also ganz klar Pro-Immigration, wenn Sie verstehen, was ich meine?

Was motiviert Sie immer weiterzumachen, neue Projekte zu starten?
Boulud: Kochen macht natürlich immensen Spaß, aber es ist auch ein Business und der Drang ist nach wie vor da, nicht nur ein guter Koch, sondern auch ein guter Geschäftsmann zu sein. Zudem liebe ich es, Wissen zu vermitteln. Könnte ich nichts mehr an die Jugend weitergeben, hätte ich in dem Business nichts mehr verloren!

In Europa gibt es in der Gastronomie große Nachwuchs­probleme. Geht es Ihnen da in New York genauso?
Boulud: Aktuell arbeiten für mich in etwa 300 Köche. Catering und sämtliche Restaurants mit eingerechnet. Davon sind mehr als 75 Prozent noch keine 30 Jahre alt. Das sind alles Top-Leute. Wir haben in Amerika tolle Kochschulen, allen voran das CIA. Das Culinary Institute of America steht im Städtchen Hyde Park, zwei Autostunden von New York City entfernt, und ist die älteste und renommierteste Kochschule der USA. Frankreichs Küchenstar Bocuse erklärte sie sogar zur besten Kochschule der Welt. 2700 Studenten sind hier in den Studiengängen „Culinary Arts“ und „Baking & Pastry Arts“ immatrikuliert, zwei Drittel männlich, ein Drittel weiblich. Ein Studienjahr kostet fast 18.000 Euro. Rund 1300 Stunden muss jeder Student bis zum Studienabschluss hinter dem Herd verbracht haben. Auf die Finger schaut ihnen dabei ein internationales Professorenteam, die meisten selbst renommierte Köche. Alain Ducasse, Gray Kunz, Roger Vergé, aber auch ich selbst, wir haben am CIA bereits gezeigt, was wir können. Die Liste der 40.000 Ehemaligen liest sich wie ein Who is who der Küchenwelt.

Gerade in New York eröffnen permanent höchst talentierte Köche neue Restaurants wie etwa der Österreicher Markus Glocker mit seinem Bâtard. Spüren Sie da großen Druck?
Boulud: Am Ende des Tages sind es immer die Gäste, die sich für oder gegen einen entscheiden.

Lassen Sie sich von Trends beeinflussen?
Boulud: Trends kommen und gehen. Wir versuchen, uns so geschickt wie möglich diesen Strömungen zu entziehen. Aber die mexikanische Küche ist in New York gerade unglaublich angesagt. Natürlich gibt es dann immer einige Mitläufer, die diese grandiose Küche verunglimpfen und davon profitieren wollen. Aber das gehört anscheinend dazu! Vor 20 Jahren kamen Chefs weltweit zu uns nach Frankreich und wollten sich da die Basics holen. Heute kommen etwa asiatische Chefs vielleicht nach Spanien und holen sich dort ihr Fundament, auf dem sie dann mit den Gegebenheiten ihrer lokalen Küche aufbauen.

Dann haben Sie aber bestimmt eine Philosophie, die Sie verfolgen?
Boulud: Die Jahreszeiten. Ich folge strikt den Jahreszeiten und baue darum meine Küche auf. Das verfolgen wir auch in meinen Restaurants wie in Singapur, wo es eigentlich keine tollen Produkte gibt und wir alles importieren müssen. Zudem spielt der Wein bei uns auch eine ganz große Rolle. Ich bin der Meinung, dass, sollte das Gericht nicht zum Wein passen, ich etwas falsch gemacht habe.

Als großer Wein-Fan: Was halten Sie eigentlich von biodynamischen Weinen?
Boulud: Da gibt es guten Stoff, aber wie in anderen Bereichen auch: Da ist schon auch viel Bullshit darunter. Es hängt also immer ganz vom Vertrauen ab, das ich einem Winzer gegenüber habe. Denn zwei Drittel der Arbeit bei diesen Weinen passieren auf dem Weinberg und nicht danach. Man muss also viel Liebe und harte Arbeit reinstecken.

Ist New York wirklich das härteste kulinarische Pflaster der Welt?
Boulud: New York ist hart. Was ich aber sehr schätze: Wenn Gäste einmal überzeugt wurden, dann sind sie sehr loyal. Soll heißen: Es geht uns sehr gut! Ich lebe jetzt seit über 30 Jahren im selben Zip-Code und habe diesen Lebensraum nie verlassen. Das ist also meine Hood, mein Dorf, wenn man so will. Ich mache jetzt auch nicht mehr so viel Party wie früher, dadurch wird auch vieles einfacher. Mein Motto: Work hard, play hard.
www.danielboulud.com

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