Der Avantgardist

Als Einstein seine Relativitätstheorie präsentierte, zerstörte er das Weltbild aller Physiker. Als Ferran Adrià für das elBulli seinen dritten Michelin-Stern erhielt, machte er dasselbe mit den Köchen. Der Revolutionär im Gespräch.
November 13, 2015

drei Löffel mit Kreationen aus Schaum Avalancha heißt ein Album der international bekanntesten Rockband Spaniens, Los Heroes del Silencio. „Avalancha“ heißt Lawine. Und genau das war es, was der international bekannteste Koch Spaniens, Ferran Adrià, mit seinem Restaurant „elBulli“ in der Kochkunst lostrat. Manche Feinschmecker behaupten sogar, dem umtriebigen Katalanen komme in der kulinarischen Geschichte ein ähnlicher Stellenwert zu wie François Vatel, Auguste Escoffier oder Paul Bocuse. Wir werden das an dieser Stelle weder bestätigen noch dementieren können – Fakt ist: elBulli ist ein Phänomen, an dem kein Weg vorbei führt.

Was also ist so besonders an der Küche des Ferran Adrià? Nun ja, es ist kein Zufall, dass das einst unscheinbare Lokal in einer abgelegenen Bucht der Costa Brava zu einer Pilgerstätte für Feinschmecker aus nah und fern geworden ist. Da gibt es schon einige revolutionäre Dinge: Wer

drei Löffel mit Kreationen aus Schaum Avalancha heißt ein Album der international bekanntesten Rockband Spaniens, Los Heroes del Silencio. „Avalancha“ heißt Lawine. Und genau das war es, was der international bekannteste Koch Spaniens, Ferran Adrià, mit seinem Restaurant „elBulli“ in der Kochkunst lostrat. Manche Feinschmecker behaupten sogar, dem umtriebigen Katalanen komme in der kulinarischen Geschichte ein ähnlicher Stellenwert zu wie François Vatel, Auguste Escoffier oder Paul Bocuse. Wir werden das an dieser Stelle weder bestätigen noch dementieren können – Fakt ist: elBulli ist ein Phänomen, an dem kein Weg vorbei führt.

Was also ist so besonders an der Küche des Ferran Adrià? Nun ja, es ist kein Zufall, dass das einst unscheinbare Lokal in einer abgelegenen Bucht der Costa Brava zu einer Pilgerstätte für Feinschmecker aus nah und fern geworden ist. Da gibt es schon einige revolutionäre Dinge: Wer sonst kann von sich behaupten, statt eines fünf- oder sechsgängigen Menüs 25 bis 35 akribisch komponierte geschmackliche „Überraschungen“ aufzutischen? Wer sonst kann von sich behaupten, in der Haute Cuisine keinen Stein auf dem anderen gelassen zu haben? Und wer sonst kann von sich behaupten, dass die Gäste bereit sind, monatelang auf eine Tischreservierung zu warten? Und das, obwohl es sich fast von selbst versteht, dass der lukullische Erlebnisparcours seinen Preis hat: 155 Euro sollten dem geneigten Feinschmecker nicht zu viel dafür sein, ihrem Gaumen etwas zu bieten, das nur rund 8.000 Gästen pro Jahr vorbehalten ist, während angeblich allein heuer an die 100.000 Gäste abgewiesen werden mussten.

Schließlich zahlt man in dem Gourmettempel unweit des Badeorts Rosas weder für Kulinarik noch für Luxus – man zahlt für Magie. Nichts ist im elBulli so, wie es scheint. Die Erbsensuppe ist als grüner Eidotter verkleidet, der erst am Gaumen wie eine Seifenblase zerplatzt. Die „Meeresfrüchte-Pasta“ entpuppt sich als knuspriges Türmchen aus Fisch- und Muschel-Mousse. Die „Espuma aus Schinken“ ist ganz ihrer Bezeichnung gerecht als farbenfroher Schaum auf den Teller gesprüht. Auch der „Brombeer-Granizado mit Tabak“, die „Marshmallows aus Parmesan“, das „Karamell aus Kürbisöl“ oder die „Mandarinenluft“ verdienen das Prädikat: „verwegen“. Besonders exotisch: das „Sashimi de Gamba“: Auf einer Kunststoffpipette stecken der Schwanz und der karamellisierte Kopf einer Garnele, der laut Anleitung des Kellners zuerst geknabbert wird, bevor der Schwanz vom Röhrchen gestreift und zum Schluss die Sauce aus der Pipette in den Mund gespritzt wird. Oder die „Parrillada de Verduras“, die aus sieben Streifen warmer Gelatine besteht, von denen jeder einen anderen Geschmack trägt und mit etwas Holzkohlenöl beträufelt ist.

Essen im elBulli ist Kunst – Installationskunst, wenn man so will. Die Leute kommen zum Essen, weil das, was sie auf den Tisch bekommen, die extremsten Gerichte sind, die heute weltweit erhältlich sind. Dem entsprechend sorgen die Kreationen für unterschiedlichste Reaktionen, die von Freude und Begeisterung über Amüsement bis hin zu Befremden oder Angst reichen können. Dass jemand, der Gemüse als Gelatine serviert und Speisen schon einmal mit Holzkohle würzt, aber nicht nur mutig oder frech, sondern auch fähig ist, sieht man etwa daran, dass Ferran Adrià der Jury beim Bocuse d’Or vorstehen durfte und für das Hochzeitsmahl des spanischen Thronfolgers Felipe verantwortlich war. Angeblich hatte dieser aus Bescheidenheit viermal unter falschem Namen zu Testzwecken zu reservieren versucht, bis es endlich klappte…

Die Anfänge

ein Koch in der Küche mit verschränkten Armen Begonnen hat alles im Jahr 1986, als Ferran Adrià beschloss, das Restaurant „elBulli“ zum besten Restaurant der Welt zu machen, indem er den Genuss zum höchsten Gebot erhob und den wirtschaftlichen Aspekt hintan stellte. Die Kreativität sollte das Maß aller Dinge sein und als einzige Daseinsberechtigung für elBulli dienen. So steht es jedenfalls geschrieben. Ganz so ist es natürlich nicht. Begonnen hat alles eigentlich viel früher. Das Restaurant elBulli wurde bereits im Jahre 1962 gegründet – vom deutschen Ehepaar Hans und Marquetta Schilling. Zunächst fungierte das Lokal als Bar, die von Urlaubern besucht wurde und sich nach und nach zu einem beliebten Treffpunkt für Taucher entwickelte. Ende der Sechzigerjahre wurde die Küche immer wichtiger, und die Bar entwickelte sich nach und nach zu einem Restaurant. Der kulinarische Aspekt gewann zusehends an Bedeutung, und Mitte der Siebzigerjahre erhielt das Lokal mit dem elsässischen Küchenchef Jean-Louis Neichel seinen ersten Michelin-Stern. 1981 wurde elBulli von Juli Soler und J. Paul Vinay übernommen, die alsbald einen zweiten Stern im Guide Michelin errangen.

Im Jahre 1983 trat dann Ferran Adrià auf den Plan. Ferran Adrià Acosta, wie er mit vollem Namen heißt, wurde am 14. Mai 1962 in Santa Eulàlia, einem Ortsteil von L’Hospitalet de Llobregat in der Provinz Barcelona geboren. Nach der Grundschule besuchte er das Instituto Virgen de la Merced, um anschließend das Studium der Betriebswirtschaft zu beginnen. Obwohl er erblich keineswegs vorbelastet war, entwickelte er schon damals eine große Leidenschaft für die Gastronomie. So war es kaum verwunderlich, dass er im Jahre 1980 sein Studium hinschmiss, um einen Urlaub auf Ibiza zu verbringen. Da dies auf der schicken Ferieninsel ohne Geld in der Tasche nur halb so viel Spaß macht, nahm er eine Stelle als Tellerwäscher im kleinen Hotel Playafels de Castelldefels an. Der Küchenchef führte ihn in die klassische Küche ein und ermutigte ihn zum Studium des Buches „El Práctico“ – des spanischen Pendants zu Escoffiers „Guide Culinaire“.

Mit dem Ersparten machte sich der junge Ferran auf den Weg nach Ibiza, wo er vier Monate lang im Club Cala Leña arbeitete. Nach Barcelona zurückgekehrt, nahm er Jobs in verschiedenen Restaurants an, um in weiterer Folge als Grundwehrdiener in der spanischen Armee erste kulinarische Erfolge bei Kameraden und Vorgesetzten zu feiern. Im Jahre 1983 kreuzten sich dann die Wege mit dem Restaurant elBulli, wo er Juli Soler kennen lernte, der ihm ob seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten bald schon die Position eines Chefs de Partie anbot. Dies war der entscheidende Wendepunkt in seinem Leben: Fortan galt sein ganzer Ehrgeiz dem Ziel, aus dem elBulli etwas ganz Besonderes zu machen. Und das sollte eindrucksvoller gelingen, als man annehmen konnte…

Der Aufstieg

eine Besprechung unter KöchenDann kam das Jahr 1984 und mit ihm der Aufstieg Ferran Adriàs zum Küchenchef im elBulli – zunächst noch gemeinsam mit Christian Lutaud. Damals gebaren die beiden Herren der Küche gemeinsam mit Juli Soler die Idee, aus dem elBulli ein Restaurant zu machen, das alles Bisherige in den Schatten stellen sollte – ein Restaurant mit einem einzigen Ziel: Genuss und Leidenschaft sollten die oberste Maxime sein und alle althergebrachten gastronomischen Werte verblassen lassen! 1986 wurde Ferran Adrià alleiniger Küchenchef, und die Ambition, Gastronomie in Reinkultur zu bieten, wurde noch zielstrebiger verfolgt. Die katalanische und die spanische Küche sollten als Ausgangsbasis für eine moderne, einzigartige Kochkunst werden. Es folgten umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur des Lokals und vor allem der Küche, was sich alsbald bezahlt machte – der zweite Michelin-Stern ließ nicht lange auf sich warten. 1993 publizierte Ferran Adrià sein erstes Buch mit dem Titel „El sabor del Mediterráneo“, das seine Interpretation der mediterranen Küche in den Jahren 1986 bis 1993 widerspiegelte.

Das Jahr 1994 brachte dann den entscheidenden Wendepunkt: Man intensivierte die Experimentalphase und verwendete neue Techniken, um eine „Cocina Evolutiva“, eine evolutionäre Küche zu kreieren. 1995 wurde eine Zweigstelle in Barcelona mit einem Catering-Schwerpunkt eröffnet („elBullicatering“), die unter der Direktion von Eduard Roigé das Niveau im Bankettbereich nach und nach in ungeahnte Höhen trieb. 1997 folgte am Firmensitz in Barcelona das Projekt „elBullitaller“. Diese Denkfabrik hatte die konkrete Aufgabe, über das Küchengeschehen hinaus Ideen und Techniken zu entwickeln, welche einerseits die kulinarischen Möglichkeiten erweitern und andererseits den Nachwuchs auf die Kochkunst des nächsten Jahrtausends vorbereiten sollten. Noch im selben Jahr veröffentlichte Ferran Adrià das Buch „Los secretos de El Bulli“. Das Jahr 1998 war eines der wichtigsten in der gesamten Unternehmensgeschichte: Zum einen brachte es elBulli den dritten Michelin-Stern, zum anderen markierte es den Anfang einer ganzen Reihe von Kooperationen mit namhaften Firmen. So kreierte Adrià eine eigene Küchenlinie für das Restaurant La Terraza im „Casino Gran Círculo de Madrid“, die ganz auf das mondäne Lokal zugeschnitten war. Das Casino Gran Círculo de Madrid war es dann auch, das er zwei Jahre später als Sitz für die Filiale von elBullicatering in der Hauptstadt wählen sollte – seither zeichnet elBullicatering so ganz nebenbei auch für die Bankette dort verantwortlich. Es folgte eine monatliche Rubrik im Magazin „Woman“ und die Veröffentlichung der Bücher „Las 50 nuevas tapas“, „70 nuevos platos ligeros para el verano“, „Los postres de El Bulli“ und „Cocinar en 10 minutos“.

Der Superstar

süße Kreationen auf Löffeln serviert Der mittlerweile erworbene Starstatus brachte für Ferran Adrià in den folgenden Jahren immer mehr lukrative Kooperationen, darunter etwa mit dem Ölhersteller „Aceites Borges“, dem Radiosender „Catalunya Ràdio“, der spanischen Hotelgruppe „NH Hoteles“, der Supermarktkette „Caprabo“, dem Kaffeehersteller Lavazza sowie den Geschirrherstellern „Gemma Bernal“ und „Cerámicas Mongatina“. Etwa zur selben Zeit übersiedelte elBullitaller nach Portaferrissa.

Doch auch hinsichtlich seiner Publikationen war Ferran Adrià weiterhin äußerst emsig, indem er die Bücher „Celebrar el milenio con Arzak y Adrià“ und bald darauf die Trilogie „El Bulli 1983-1993“, „El Bulli 1994-1997“ und „El Bulli 1998-2001“ veröffentlichte, welche fast 20 Jahre seines Schaffens dokumentierte. Zu dieser Zeit realisierte er auch ein besonderes Projekt: In Sevilla öffnete das erste „elBullihotel“ seine Pforten – die Hacienda Benazuza in der Nähe von Sevilla. Und wer in Spanien Ferran Adrià bis dahin noch nicht kannte, dem wurde er spätestens durch seine Kochsendung „Cocinar en 10 minutos“ endgültig zum Begriff.

Neben den vielen einträglichen Kooperationen findet die Arbeit Ferran Adriàs aber natürlich auch ideelle Anerkennung. Der französische Starkoch Joël Robouchon nannte ihn „den besten Koch des Planeten“, und Paul Bocuse sagt über ihn: „Er macht die aufregendsten Dinge unseres Berufes.“ Die Zahl an Auszeichnungen und Ehrungen ist Legion und würde den Rahmen dieses Artikels bei weitem sprengen. Die höchste Auszeichnung für ihn war es aber – abgesehen vom dritten Michelin-Stern –, als das international renommierte britische Magazin „Restaurant“ elBulli im Jahr 2002 zum „Besten Restaurant der Welt“ kürte. Im Jahr 2003 wiederholte sich das Schauspiel. Und im Jahr 2004 ebenfalls. Allein in der letztjährigen Wertung rangiert elBulli an zweiter Stelle und musste sich Heston Blumenthals „The Fat Duck“ in Großbritannien geschlagen geben…

Die Projekte

Schaumcocktail wird in ein Glas gefüllt Wie bereits erwähnt, öffnete im Jahre 1995 „elBullicatering“ in Barcelona seine Pforten. Die Philosophie, die hinter diesem Projekt steht, liegt auf der Hand: Mit der Catering-Schiene möchte man Ferran Adriàs Auffassung von moderner Küche einer möglichst breiten Gästeschicht präsentieren – konkret sind dies an die 3.000 betuchte Partygänger pro Jahr. Damit öffnet elBullicatering auch den Weg dafür, die Konzeption von elBulli in die gesamte Welt zu exportieren und dort den jeweiligen Konditionen anzupassen. Wichtigster Grundsatz dabei: Die Qualität muss an erster Stelle stehen und darf niemals zugunsten der Quantität verloren gehen. Neben Barcelona ist mittlerweile auch die Hauptstadt Madrid Standort von elBullicatering – dort hat man sich, wie ebenfalls schon angeführt, im noblen Casino Gran Círculo de Madrid einquartiert.

Ein weiteres Projekt von Ferran Adrià ist „elBullitaller“. Das Wort „taller“ bedeutet auf Deutsch eigentlich nichts anderes als Werkstatt. Da dies viel zu profan für die hier kreierten Kunstwerke ist, scheint das Wort „Atelier“ eher angebracht. Zu verstehen ist darunter ein Think-Tank, eine Ideenwerkstatt, eine Versuchsküche, in der unter sterilen Bedingen und zwischen chromblitzenden Instrumenten unerhörte Einfälle realisiert werden – ein Kreißsaal quasi, in dem neue kulinarische „Geschöpfe“ geboren werden. Nachdem man zu dem Schluss gekommen war, dass die Küche des Restaurants keine idealen Bedingungen für Experimente verschiedenster Art bot, richtete man dieses „Labor“ 1997 am Standort von elBullicatering im „Aquarium Barcelona“ ein. Albert Adrià and Oriol Castro arbeiteten als erste dort mit Ferran Adrià zusammen. Im Jahre 2000, drei Jahre nach seiner Eröffnung, zog elBullitaller nach Carrer Portaferrissa, wo nun auf einer Fläche von 350 Quadratmetern geforscht und experimentiert wird.

Um die kulinarische Kreativität von der geschäftlichen Kreativität zu trennen, wurde im Jahre 2002 „elBullicarmen“ ins Leben gerufen. Im Gegensatz zu elBullitaller geht es hier vor allem um die Zusammenstellung und Gestaltung der Speisekarten, die Vorarbeiten zu Kochbüchern, die Erstellung von Presseaussendungen und die Vorbereitungen von Kursen oder Kochdemonstrationen. Ebenfalls etwas ganz Besonderes stellt „elBullihotel“ dar. 1998 übernahm Ferran Adrià eine Beraterfunktion für die „Hacienda Benazuza“ in der Nähe von Sevilla, im Zuge derer er den gesamten Speisenbereich dort neu organisierte. Dies brachte ihn auf die Idee, die Hotelgesellschaft elBullihotel zu gründen, die in den kommenden Jahren acht bis zehn Hotels umfassen soll. Gemeinsam mit den Hotellerieprofis Guillermo Portella, Toni Segarra und Luís Cuesta wurde dieser Plan in die Tat umgesetzt – und die Hacienda Benazuza in das erste elBullihotel der Welt verwandelt. Ein elBullirestaurant wird man dort vergeblich suchen, wohl aber ist die gesamte Philosophie von elBulli in dem im maurischen Stil gestalteten Fünf-Sterne-Haus verpackt.

Das wichtigste Projekt ist und bleibt für Ferran Adrià das elBullirestaurant an der Costa Brava. Dort zelebriert er – unterstützt von 60 Mitarbeitern, darunter 30 Köche – für jeweils 50 Gäste pro Abend jene Küche, die ihn und elBulli berühmt gemacht hat. Wer nun ob dieses Artikels neugierig geworden ist und die außergewöhnliche Küche im elBulli einmal kennen lernen möchte, hat doppeltes Pech: Die ohnehin stolze Wartezeit wird dadurch verlängert, dass elBulli nur von April bis Oktober geöffnet hat. Für das Jahr 2006 ist die Reservierungsliste so lange, dass es fast unmöglich ist, im Laufe der Saison noch ein Plätzchen zu ergattern! Ferran Adrià stand Rolling Pin Rede und Antwort:

Kulinarische Kreation mit Erdbeeren RP: Ihre Küche ist beispielgebend für Köche in ganz Europa. Wie viel Einfluss hatte die spanische oder katalanische Küche auf Ihre Kreationen?
FA:Ich bin in Barcelona geboren und so hat mich die Küche meiner Heimat natürlich in erheblichem Maße beeinflusst – bewusst oder unbewusst.

RP:Hatten oder haben Sie Vorbilder in Ihrem Beruf – in Spanien oder im Ausland?
FA:Vorbilder habe ich überall – sowohl geografisch als auch stilistisch. Es ist nur natürlich, dass sich jeder, der einen Beruf ergreift, an den Größen in dieser Sparte orientiert. Natürlich beeinflussen manche Menschen einen mehr und andere weniger. Meine Vorbilder sind naturgemäß hauptsächlich große Köche aus Spanien, aber auch berühmte Cuisiniers aus Frankreich.

RP:Was macht den Zauber der Küche von Ferran Adrià aus?
FA:Das kann ich eigentlich nicht wirklich beantworten. Ich bin der Meinung, dass das nicht ich, sondern eher andere definieren sollten, die objektiver an das Thema herangehen können.

RP:Laut „New York Times“ haben Sie „die in Selbstgefälligkeit erstarrte französische Küche“ von ihrem Podest gestoßen. Wie sehen Sie das?
FA:Die französische Küche ist sicher nicht schlechter geworden. Andere Küchen holen halt auf – und das ist sicherlich gut für die Kochkunst. Es ist auch gut für Europa, und ich fühle mich in erster Linie als Europäer.

RP:Man sagt, die höchste Kochkunst tauge nichts ohne erstklassige Zutaten?
FA:Das ist richtig! Die Zutaten spielen eine immense Rolle. Wir verwenden natürlich nur Zutaten von allerbester Qualität – egal, ob es sich um vergleichsweise kostengünstige Produkte wie Karotten und Sardinen oder um sündteure Zutaten wie Trüffeln und Kaviar handelt.

RP:Sie sind für die verwegene Kombination von Zutaten bekannt. Wo sind Ihre Grenzen?
FA:Es gibt nur vier Grundgeschmäcker – bitter, salzig, süß und sauer – und was die Kombinationen der vier betrifft, so ist alles möglich. Es kommt immer auf die Menge an! Natürlich würde ich gewisse Tiere – Haustiere wie Hunde oder Katzen zum Beispiel – nicht zubereiten oder essen wollen.

RP:Sie haben gerade sündteure Zutaten angesprochen. Ist die Drei-Sterne-Gastronomie eigentlich rentabel?
FA:Mit dem elBulli machen wir keinen Profit. Für den Gewinn sorgen das elBullihotel, diverse Consulting-Verträge und nicht zuletzt eine neue Schnellimbiss-Filiale namens „Fast Good“.

RP:Mit elBullitaller befreiten Sie erstmals die Kochkunst aus der Küche und machten sie zu einem Gesamtkunstwerk. Was brachte Sie auf diese Idee?
FA:Das ist richtig! Die Idee entstand eigentlich dadurch, dass wir einen Ort brauchten und suchten, an dem man ungestört experimentieren konnte. Das Experimentieren ist einfach notwendig, um neue Techniken und Konzepte zu entwickeln. Das geht in der traditionellen Küche einfach nicht.

RP:Sie zählen zu den wenigen Auserwählten, die sich mit drei Michelin-Sternen zieren dürfen. Wie wichtig sind Gourmetführer und Gourmetkritiker für Sie?
FA:Gourmetführer haben schon einen großen Vorteil. Sobald man in einem Führer aufscheint, nehmen die Leute Notiz von einem und man wird einem breiteren Publikum bekannt. Gleichzeitig wird man aber auch schärfer beobachtet – es wird einem genauer auf die Finger geschaut. Man steht damit unter einem höheren Druck, die erwarteten Leistungen zu erbringen – gelingt das nicht, so wird man herabgestuft. Sobald sich die Kritiker mit einem beschäftigen, ist man auf Gedeih und Verderb dem Urteil anderer ausgesetzt.

RP:Was würden Sie Köchen raten, die so erfolgreich sein möchten wie Sie?
FA:Sie sollten auf keinen Fall ungeduldig sein! Sie sollten eine gute Ausbildung machen und danach trachten, mindestens sechs bis sieben Jahre bei verschiedenen wirklich guten Köchen ihre Fähigkeiten zu vervollkommnen.

RP:Sie geben auf Ihrer Website Interessenten die Chance, sich für einen Job bei elBulli zu bewerben. Welche Kriterien muss man erfüllen, um wirklich aufgenommen zu werden?
FA:Da gibt es verschiedene Kriterien. Dazu gehört etwa das Alter, aber natürlich auch die Berufsausbildung. Eine profunde Ausbildung ist von großer Bedeutung. Das Allerwichtigste ist aber der Idealismus und die Freude am Beruf, den die Interessenten mitbringen müssen, wenn sie bei uns erfolgreich arbeiten wollen.

RP:Sie haben das Restaurantkonzept elBulli zu einem Gesamtkonzept ausgeweitet. Könnten Sie sich eine Gourmetrestaurantkette elBulli vorstellen oder widersprechen die Wörter „Gourmetrestaurant“ und „Kette“ einander?
FA:Ich glaube nicht, dass die Wörter „Gourmetrestaurant“ und „Kette“ einander widersprechen. Ich bin aber der Meinung, dass elBulli etwas ganz Besonderes ist, und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass das Konzept von elBulli für eine ganze Restaurantkette verwirklichbar ist.

RP:Was sind die nächsten Pläne für das Projekt elBulli? Was plant Ferran Adrià privat für die Zukunft?
FA:Für elBulli gibt es eigentlich nur einen Plan: Wachsen und weiterhin den Menschen Freude bereiten. Was meine persönlichen Pläne betrifft, so werde ich in Zukunft etwas leiser treten. Ich werde mich schrittweise aus meinen vielen Geschäften zurückziehen und mich mehr der Forschung und dem Reisen widmen – natürlich gilt das nicht für das elBullirestaurant! Mit diesem möchte ich gerne alt werden!

kontakt:
El Bulli
Cala Montjoi, ap. 30
E-17480 Roses (Girona)
Tel.: +34 972 150 457
Fax: +34 972 150 717
E-Mail: bulli@elbulli.com
Internet: www.elbulli.com
Internet (Jobs): www.elbulli.com

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