Beschwerde als Chance

Kritik von unzufriedenen Kunden einstecken müssen, ist unangenehm, zugleich aber die Chance, sein Service zu verbessern und Werbung für sein Unternehmen zu machen. Wie Sie mit Kundenreklamationen umgehen ...
November 13, 2015

Illustrationen von Kellnern Und Sie glauben allen Ernstes, Sie haben es geschafft? Ach so, gut, das Geschäft brummt, der Umsatz steigt, die Gäste sind zufrieden … Halt! Sind sie das wirklich? Wie, Sie bekommen keine Beschwerden? Und Sie glauben wirklich, Sie sind so gut? Sehr bedenklich!
Wer sich so in Sicherheit wiegt, lebt gefährlich. Wenn sich Kunden nie beschweren, muss das nämlich nicht bedeuten, dass alles glatt läuft. Vielleicht haben sie ja schon resigniert? Oder beim letzten Mal, als sie ihre Unzufriedenheit kundgetan haben, schlechte Erfahrungen mit Ihren Mitarbeitern gemacht?
In Wahrheit gibt es keinen Betrieb, der nicht irgendwo Kritikpunkte aufweist. Laut einer Fokus-Studie ist eine hundertprozentige Kundenzufriedenheit praktisch kaum zu erreichen. Wobei das nicht so schlimm ist, weil das für Unternehmen ineffizient wäre. Ist die Kundenzufriedenheit schon hoch, kostet irgendwann jeder Prozentpunkt mehr, als er bringt.

Was aber nicht bedeutet, dass man Beschwerden nicht ernst nehmen muss. Ganz im Gegenteil. Erhebungen zufolge bringen nämlich nur vier bis fünf Prozent aller unzufriedenen Kunden eine Beschwerde klar zum Ausdruck – dem Betrieb gegenüber. Im privaten Bereich reden sie hingegen umso lieber darüber, was eine Kettenreaktion auslöst, die kaum mehr zu stoppen ist. Auf jeden deklarierten unzufriedenen Gast kommen also etwa 20 unerkannte. Diese 20 erzählen das laut Umfragen elf weiteren Personen, und schon haben Sie bei 220 potenziellen Gästen Imageverluste.

Dieses Schneeballprinzip zeigt, dass der Umgang mit Beschwerden überlebenswichtig ist. Und nicht nur das. So abgedroschen es klingt, aber Reklamationen sind Chancen, den Betrieb in Schwung zu bringen. Auch dafür gibt es eine Modellrechnung: Wenn ein Kunde sich beschwert, verdoppelt sich die Wahrscheinlichkeit, dass er wieder kommt. Wenn Sie ihm nach der Beschwerde helfen, steigt die Wahrscheinlichkeit um das Sechsfache. Immerhin ist die effektive Behandlung von Beschwerden für ein Unternehmen die beste Gelegenheit zu zeigen, was Sie den Gästen wirklich bieten kann – und damit die beste Werbung. Wie also umgehen mit Beschwerden?
Ruhig bleiben: Hören Sie dem unzufriedenen Gast zu, auch wenn er seinem Ärger lautstark Luft macht. Gehen Sie sogar noch einen Schritt weiter und ermuntern Sie ihn dazu, gleich alles offen zu sagen und seine Beschwerde im Detail zu erklären.

Nehmen Sie das Problem wahr: Natürlich sind Beschwerden etwas Unangenehmes – sie sollten aber nicht als Belästigung, als Angriff oder persönlich genommen werden. Geben Sie jeder Beschwerde die Chance, zur konstruktiven Kritik zu werden.
Bleiben Sie ehrlich: Sich herausreden oder gar schwindeln nützt gar nichts. Erklären Sie lieber genau, warum etwas wie gelaufen ist. Wenn der Gast bestimmte Widrigkeiten und Umstände kennen lernt, wird er mehr Verständnis aufbringen. In vielen Fällen ist dann in Verbindung mit einer Entschuldigung – der Konflikt schon bereinigt, weil sich der Betroffene gar nicht mehr erwartet.

eine Illustration in schwarz weiß einer Frau und eines Kellners Bitten Sie um Kritik: Fordern Sie Gäste dazu auf, Anregungen zu äußern. Legen Sie Fragebogen auf oder richten Sie eine Beschwerdestelle ein, die Missstände bewertet und Lösungen entwickeln kann, um diese abzustellen. Darum kann sich ja auch ein Mitarbeiter kümmern. Und sorgen Sie dafür, dass der Kunde auch davon erfährt, wenn seine Beschwerde zu Veränderungen in Abläufen geführt hat.
Schulen Sie die Mitarbeiter: Üben Sie mit ihnen immer wieder, wie sie auf Beschwerden reagieren sollen. Und wenn sie nur in aller Ruhe ankündigen, den für Beschwerden zuständigen Mitarbeiter oder den Chef sofort zu holen.

Führen Sie Buch: Verschaffen Sie sich einen Überblick über die anfallenden Beschwerden. Erläutern Sie die häufigsten Klagen in Mitarbeiterbesprechungen und suchen Sie gemeinsam mit den Kollegen nach Lösungen, wie solche Beanstandungen in Zukunft vermieden werden können. Stellen Sie auch fest, ob der Kunde mit der angebotenen Wiedergutmachung zufrieden war oder nicht.
Nachbetreuung: Erkundigen Sie sich persönlich bei einem unzufriedenen Gast danach, ob er mit der Lösung des Problems zufrieden war. Rufen Sie ihn an, laden Sie ihn ein, wiederzukommen und einen Aperitif auf Kosten des Hauses zu genießen, um sich davon zu überzeugen, dass seine Anregungen umgesetzt wurden.

>> kritiker oder schnorrer

Mittlerweile ist die Schnäppchenjagd ja bereits Volkssport. Was im Handel unter „Geiz ist geil“, „Eins plus eins gratis“ oder „Ich bin doch nicht blöd, Mann“ für Umsätze sorgt, macht Gastronomen und Hoteliers zunehmend Probleme. Weil sogar schon weit verbreitete Zeitungen und Magazine Anleitungen geben, wie man sich „effektiv beschwert“, um da und dort etwas gratis herauszuschlagen, wird es immer schwieriger, Schnäppchenjäger, Schnorrer und Nörgler von jenen Kunden zu unterscheiden, die eine ernste Beschwerde anbringen wollen.

Doch es gibt ein recht sicheres Mittel: Die meisten wirklich unzufriedenen Kunden geben sich – im Gegensatz zu den Abstaubern – mit einer Erklärung und einer Entschuldigung zufrieden. Fruchtet das gar nichts, dann sollten Sie den Forderungen des Kunden etwas selbstbewusster entgegentreten. Eine kostenlose Übernachtung im Hotel, weil angeblich das Bett geknarrt habe, ist wohl zu viel der Kulanz. In so einem Fall kann man versuchen zu verdeutlichen, dass das Hotel ein Wirtschaftsunternehmen ist, das knapp kalkulieren muss. Ebensowenig kann es im Restaurant wegen eines kleinen Fehlers im Service ein Gratis-Essen geben.

Eine Gratwanderung also für jeden Hotelier und Gastronomen zwischen Kundenbindung und Sich-ausnützen-Lassen, die viel Feingefühl erfordert. Zumal allzu schnelles Einlenken den dann ohnehin eher ungeliebten Kunden zu zwei Dingen motiviert: wieder zu kommen und die Masche erneut zu versuchen und sie außerdem auch noch in anderen Betrieben zu probieren.

>> mal ehrlich

· Wissen Sie, worüber sich Ihre Gäste am häufigsten beschweren?
· Führen Sie eine Statistik über Klagen?
· Welcher Mitarbeiter ist denn für die Bearbeitung von Beschwerden zuständig?
· Wissen das auch die Gäste?
· Werten Sie Reklamationen so aus, dass sie auch in die Verbesserung des Service einfließen?
· Wie lange dauert es, bis auf einen unzufriedenen Kunden nachhaltig reagiert wird?
· Bitten Sie Ihre Gäste eigentlich um Kritik?
· Wie werden verärgerte Gäste behandelt?
· Reden Sie die kritisierten Punkte klein oder zeigen Sie Verständnis und nehmen Sie Anregungen ernst?
· Haben Sie einen festgelegten Ablauf für die Bearbeitung von Beschwerden?

Der Umgang mit einer Beschwerde ist die Gelegenheit, sich als guter Betrieb zu präsentieren.
Reklamationen sind Chancen, den Betrieb in Schwung zu bringen.
Die meisten unzufriedenen Gäste wollen bloß eine Erklärung und eine Entschuldigung.
Nur vier bis fünf Prozent aller unzufriedenen Kunden beschweren sich auch.

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