Der Superchef

Durch Haute-Cuisine-Happy-Meals zum König der Köche: Joël Robuchon macht die Sterne zum System und sich selbst zum kulinarischen Dagobert Duck.
November 13, 2015

Fotos: Mike Krueger

Im Vergleich zu Joël Robuchon ist Marco Pierre White ein Miezekätzchen.“ Sagt niemand Geringerer als Hell’s-Kitchen-Chef und Aggromaniac Gordon Ramsay. Und noch heute spürt man die Ehrfurcht in Ramsays Stimme, wenn er über das vulkanartige Temperament des französischen Ausnahmekochs spricht. Aber nicht nur das Temperament von Robuchon geht ab wie eine Rakete, auch seine Karriere scheint am leuchtenden Sternenhimmel keine Grenzen zu kennen. Er ist der Ronald McDonald der Sternegastronomie, der Einzige, der bislang 28 Sterne erobern konnte und aktuell 25 sein Eigen nennt. Neun davon verlieh man ihm alleine in einem Jahr. Der Nächste, der Robuchon in dieser Liga auch nur annähernd nahekommt, ist Alain Ducasse mit 21 Sternen. Sein einstiger Lehrbube Ramsay hält derzeit 14. Also wenn es so etwas wie den absoluten Superstarkoch auf dieser Welt gibt, dann…

Fotos: Mike Krueger

Im Vergleich zu Joël Robuchon ist Marco Pierre White ein Miezekätzchen.“ Sagt niemand Geringerer als Hell’s-Kitchen-Chef und Aggromaniac Gordon Ramsay. Und noch heute spürt man die Ehrfurcht in Ramsays Stimme, wenn er über das vulkanartige Temperament des französischen Ausnahmekochs spricht. Aber nicht nur das Temperament von Robuchon geht ab wie eine Rakete, auch seine Karriere scheint am leuchtenden Sternenhimmel keine Grenzen zu kennen. Er ist der Ronald McDonald der Sternegastronomie, der Einzige, der bislang 28 Sterne erobern konnte und aktuell 25 sein Eigen nennt. Neun davon verlieh man ihm alleine in einem Jahr. Der Nächste, der Robuchon in dieser Liga auch nur annähernd nahekommt, ist Alain Ducasse mit 21 Sternen. Sein einstiger Lehrbube Ramsay hält derzeit 14. Also wenn es so etwas wie den absoluten Superstarkoch auf dieser Welt gibt, dann ist das unbestritten Joël Robuchon. Die Basis für diesen beispiellosen Aufstieg ist sein manischer Hang zu Perfektionismus. Wie sich dieser auf seine Mitarbeiter auswirkt, schildert L’Atelier-de-Joël-Robuchon-at-MGM-Grand-Las-Vegas-Küchenchef Steve Benjamin: „2003 war ich im Opening-Team des L’Atelier in Paris.

Spaß gehört auch beim fine dining dazu: Man will ja schließlich ins Restaurant und nicht in die Kirche gehen!

Zum Wochenbeginn waren wir noch 22 Köche, am Ende der Woche gerade noch acht.“ Der Rest konnte laut Benjamin dem immensen Druck nicht standhalten. „Denn um sicherzustellen, dass alles korrekt zubereitet wird, starteten unsere Tage um sieben Uhr früh und endeten um drei Uhr morgens.“ Angefangen hat der Großmeister der feinen Küche ganz unten. „Als ich 13 Jahre alt war, besuchte ich ein Priesterseminar in der Hoffnung, Pfarrer zu werden. Aber an den meisten Tagen fand man mich irgendwo bei den Nonnen in der Küche, wo ich aushalf“, schildert Robuchon seine ersten kulinarischen Gehversuche. In einem Hotel seiner Geburtsstadt Poitiers machte der damals 15-jährige Joël dann eine Lehre, schälte Kartoffeln, spülte Geschirr und steckte Blumen in Tischvasen. Es folgten eine halbjährige Ausbildung in einer Konditorei, der Wechsel ins vornehme Brittany-Hotel und der Umzug nach Paris. Im Berkeley-Hotel lernte der 19-Jährige dann endgültig die Luxuswelt kennen. Die Gäste hießen ab sofort Salvador Dalí, Maria Callas oder Brigitte Bardot.

Team und Lokal

Mut zur Selbstständigkeit

Robuchon zog weiter, wurde Chefkoch auf einem vor dem Eiffelturm ankernden Restaurantschiff, wechselte danach ins Hotel Harmony-Lafayette, wo er ein Team von stattlichen 90 Köchen zu dirigieren hatte. Mit 36 Jahren riskierte er den Schritt in die Selbstständigkeit. Robuchon eröffnete in Paris das Restaurant Jamin, mit dem er nur drei Jahre später die höchste Auszeichnung im Guide Michelin erlangte. 1989 war dann mit der Gründung des Château Restaurant Taillevent-Robuchon in Tokio der Auftakt zum Aufbau einer weltweiten Kette von Restaurants der Spitzengastronomie. Es folgten in den Jahren 1994 bis 1996 das Restaurant Joël Robuchon in Paris und 2001 das Restaurant Robuchon à Galera im Hôtel Lisboa in Macao.

Seit 1996 wird er übrigens immer wieder als Che Guevara der Küche tituliert, da er sein 3-Sterne-Restaurant in Paris schloss und den Schlüssel kurzerhand in die Seine warf. Als unmissverständliches Zeichen gegen den Druck auf die Sternegastronomie. In Paris betrieb er dann kurzzeitig zwei unbesternte, bodenständige Bistros – doch die Sterne scheinen Robuchon seit jeher zu verfolgen: Mittlerweile betreibt er mit dem L’Atelier Etoile und dem L’Atelier Saint Germain ausschließlich besternte Lokale in der französischen Hauptstadt. Neben dem Druck, den er ironischerweise ja auch selbst stets forciert, bemängelt Robuchon seit jeher die fehlende Geselligkeit in der Spitzengastronomie. „Man will ja schließlich ins Restaurant und nicht in die Kirche gehen“, sagt er. Die meisten 3-Sterne-Restaurants seien mittags leer, und das, obwohl die Küche dort sehr gut sei, sagt der 69-Jährige. „Das heißt, dass irgendetwas nicht mehr passt. Wenn Sie einen Salat essen und sich sagen: Ich habe in meinem Leben noch niemals einen so guten Salat gegessen‘, dann ist das für mich echte Küche.“

In Der Einfachheit liegt die Wahrheit: Exzellente Zutaten sehr simpel zu verarbeiten, ist für mich die Königsklasse.

Weltumspannender Siegeszug

Die Antwort zum verstaubten Image der Fine-Dining-Oberliga gab er durch seine rund um den Erdball verteilten L’Atelier-Restaurants: Die Lokale sind betont leger eingerichtet mit offener Küche und Tresen, an dem wie bei einer Sushibar gespeist werden kann. 2003 eröffneten die ersten beiden dieser Ateliers in Paris und Tokio. 2004 starteten das Château Restaurant de Joël Robuchon in Tokio, das Restaurant Joël Robuchon im Hôtel Métropole in Monaco, das La Table de Joël Robuchon jeweils in Paris und Tokio und das Café de Joël Robuchon in Tokio. 2005 und 2006 folgten weitere sechs Restaurants: das Restaurant Joël Robuchon und das L’Atelier de Joël Robuchon, beide im Hotel MGM Grand in Las Vegas, das L’Atelier de Joël Robuchon im Hotel Four Seasons in New York City, das L’Atelier de Joël Robuchon sowie das La Cuisine de Joël Robuchon in London und das L’Atelier de Joël Robuchon in Hongkong. Aktuell betreibt er auch Niederlassungen in Singapur und Taipeh. Das Konzept ist einfach erklärt: Die Ateliers sind eine Reihe von Restaurants, die weitestgehend einheitlich eingerichtet sind und in denen eine zugängliche und verhältnismäßig reduzierte Küche serviert wird. Dem Prinzip von Ketten folgend, sind Ambiente und Atmosphäre in den Ateliers tatsächlich rund um den Globus sehr ähnlich.

komisches gericht

Das Interieur ist immer in glänzendem Rot und geheimnisvollem Schwarz gehalten, besteht aus einer zentralen Bar mit Theke, wenig Licht und vereinzelten Vitrinen, zu denen ein paar zusätzliche Tische gehören. Das Flaggschiff der vielfach besternten Kette befindet sich in Paris St.-Germain, wo der 30-jährige Axel Manes die Küche leitet. Hier werden viele der Gerichte entwickelt, die dann später auf den Menüs aller Filialen landen. Manes fasst Robuchons Kochphilosophie wahrscheinlich am besten zusammen: „Er kocht einfach total anders. Bei seinen Niederlassungen ist einfach alles anders als in jedem anderen Restaurant der Welt. Ob Saucen, Jus oder auch die Arbeitsweise: Die Detailverliebtheit meines Chefs verblüfft mich jedes Mal aufs Neue.“ Der Ansatz Robuchons ist dabei stets ein japanischer: „Je einfacher das Essen, desto schwieriger gestaltet es sich, dieses zuzubereiten. Exzellente Zutaten sehr simpel zu verarbeiten, ist für mich die Königsklasse. Vor allem wenn es darum geht, den Fokus nicht vom ursprünglichen Geschmack abzulenken“, sagt Joël Robuchon über seinen Produktfetischismus.

Und das scheint auch der Schlüssel zum seinem globalen Erfolgs zu sein. Geht es nämlich nach dem 25-Sterner, hat die traditionelle Sternegastronomie keine Zukunft: „Der Level an Leidenschaft, den man für ein 3-Sterne-Restaurant benötigt, macht es unmöglich, damit auch Geld zu scheffeln. Mit meinen Ateliers habe ich es jedoch geschafft, immer noch diesen Level an Expertise zu garantieren, ihn aber in einem klar strukturierten Umfeld umzusetzen.“ Und genau diese Genialität hat ihm bereits 1990 den Titel „Koch des Jahrhunderts“ von Gault Millau beschert. Neben unzähligen weiteren Auszeichnungen wurden ihm auch fünf Mal der „Five-Star-Award“ und der „The Laurent Perrier 2009 Lifetime Achievement Award at The S.Pellegrino World‘s 50 Best Restaurants 2009“ verliehen. Im vergangenen Dezember wurde er zudem von der Witzigmann Academy mit dem „ECKART 2013 für Große Kochkunst“ geehrt. Dieser internationale Award ist seit der Einführung 2004 eine der bedeutendsten Ehrungen für herausragende Verdienste um Kochkunst und Esskultur und war somit der endgültige Ritterschlag für Robuchon.

Fanatisch nach höchster Qualität

Der französische Spitzenkoch ist grundsätzlich offen für alle Länder und Städte, um dort neue Etablissements zu eröffnen. „Die einzige Voraussetzung, die dafür gegeben sein muss, ist eine außergewöhnlich hohe Qualität der Produkte, die man vor Ort bekommt“, schildert Robuchon sein Hauptkriterium in Bezug auf Neueröffnungen. „Niemals würde ich etwa in Shanghai eröffnen, denn die Ware, die man dort bekommt, ist einfach nicht gut genug. Auch in Moskau wird niemals mein Name das Stadtbild zieren.“ Robuchon steht aber nicht ausschließlich in der Küche und erfindet bahnbrechende neue Trends und Kreationen: Bei 23 Restaurants sowie Bars, Teesalons und Boutiquen in Asien, den USA und in Europa muss er auch Manager, Lehrer und Organisator sein. Zudem hatte er lange Jahre eine eigene Kochshow im französischen TV, schreibt Kochbücher und sahnt auch durch Beratertätigkeiten wie für eine Supermarkt-Produktserie namens „Reflets de France“ ordentlich ab. Auf die Frage, welche Qualitäten denn ein junger Koch mitbringen sollte, um eine ähnliche Karriere wie die seine hinzulegen, antwortet Robuchon: „In erster Linie muss man die Menschen mögen. Wenn Jungköche in meinen Restaurants Fehler machen, dann sage ich immer zu ihnen: ,Würdest du auch so für deine Freundin oder deine Mutter kochen?‘ Und genau so sehe ich nun mal jeden Gast, der unsere Etablissements betritt.“

www.joel-robuchon.com

Hier kommen Sie zur Karte des Imperiums von Joël Robuchon!

L’Atelier de Joël Robuchon
8 Restaurants
Ähnlich wie in japanischen Sushibars werden die regional angepassten Kreationen an einer langen Theke serviert.

Joël Robuchon Restaurant
5 Restaurants
Französische Küche mit internationalen Variationen auf Weltklasse-Niveau.

Salon Bar de Joël Robuchon
3 Bars
Stylishes Barkonzept, das an drei seiner Restaurants angeschlossen ist und ebenfalls Speisen anbietet.

La Cuisine de Joël Robuchon
1 Restaurant
Im ersten Stock des L’Atelier de Joël Robuchon London gelegen. Offene Showküche mit entspannter Atmosphäre.

Yoshi
1 Restaurant
Repräsentiert Robuchons Vision einer zeitgenössischen und poetischen japanischen Kultur.

Odyssey
1 Restaurant
Designt von Karl Lagerfeld, bietet dieses Restaurant im Hôtel Métropole in Monte Carlo Frühstück und Lunch.

Le Jardin de Joël Robuchon
1 Restaurant
Klassische französische Fine-Dining-Küche.

La Table de Joël Robuchon
1 Restaurant
Französisches Château im Herzen Tokios mit moderner französischer Küche.

Le Café de Joël Robuchon
1 Restaurant
Dieses Café bietet entspannte Atmosphäre mit Sandwiches, Desserts und Backwaren.

Perlmuttsphäre
mit Rahmkäsecreme und einem Multivitamin-Coulis

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