Sternekoch gegen Mafia

Pietro Parisi liebt seine Heimat Kampanien – wäre da nicht die italienische Camorra, die ihm regelmäßig das Leben zur Hölle macht. Doch Parisi sagt ihnen den Kampf an …
Feber 21, 2018 | Fotos: Pietro Parisi

Gekrönte und (mit Sicherheit) teuer geföhnte Häupter wurden bereits von Sternekoch und Ausnahmetalent Pietro Parisi bekocht, darunter Berühmtheiten wie Nicolas Sarkozy und Michelle Obama. Der gebürtige Italiener verließ bereits als jugendlicher 16-jähriger den heimischen Boden und machte sich in der Schweiz, in Dubai und in Frankreich einen Namen als Koch. Als Schüler von Spitzenköchen wie Gualtiere Marchesi und Alain Ducasse sowie als Küchenchef in Dubais Sieben-Sterner Burj Al Arab hatte Parisi sich bewiesen. Schlussendlich zog es den Italiener jedoch wieder zurück in die Heimat Italien.

In Palma Campania, einer Kleinstadt in einer der wohl übelsten Gegenden Süditaliens, baute sich der damals 25-jährige eine Existenz auf – die italienische Camorra dabei stets im Nacken. Drohungen gegen ihn, seine Familie und sein Restaurant sowie Besuche von der Mafia höchstpersönlich sind für Parisi keine Seltenheit, hatte er sich doch mehr oder weniger freiwillig – durch seine Rückkehr in die Heimat – mit der Camorra angelegt.

Doch nicht nur die Mafia gestaltete Parisis (Neu-)Anfang im Süden Italiens schwierig: mit einem Gourmetrestaurant hatte in dieser Gegend niemand gerechnet und der Sternekoch sah sich gezwungen, seinen Kochstil an die Wünsche seiner Gäste anzupassen. Für jemanden, der bereits in der Welt der Stars und Sternchen gekocht hat und eigentlich ein Sternerestaurant in Neuseeland eröffnen wollte, sicherlich keine leichte Aufgabe. Doch sein Biss und die Fähigkeit, den eingeschlagenen Weg auch einmal zu ändern, machten den Italiener zu dem, was er heute ist: Italiens Vorzeige-Slow-Food-Koch schlechthin.

Von Fisch, Flammen und Fairness

Heute besitzt der rebellische und mittlerweile 36-jährige Italiener neben dem Era Ora (übersetzt „Es war an der Zeit“) noch ein zweites Restaurant und ein Fischlokal im „Land der Feuer“. Und nein, diese Bezeichnung stammt weder von den dort herrschenden heißen Temperaturen im Sommer, noch von einem bedrohlichen Vulkan in der Nähe: Damit sind die illegal brennenden Abfallhalden der Camorra gemeint, die für den hohen Anteil an Dioxin in der Luft und die dadurch erhöhte Rate an Kindersterblichkeit verantwortlich sind, so der Standart.

Vielleicht ist es seine Herkunft aus einer einfachen Bauernfamilie, vielleicht aber auch der Hang zu qualitativ hochwertigen Produkten aus fairem Anbau, denn für seine Gerichte verwendet Parisi ausschließlich Produkte aus der Region, die saisonal von Kleinbauern angeboten werden. Der Italiener kämpft für Hirten und Züchter in seiner Heimat, welche nach und nach von den Großkonzernen geschluckt werden – auch hier hat die Camorra ihre Finger im Spiel. Denn die mafiösen Konzerne schaffen es lediglich durch illegal angestellte und unterbezahlte Migranten sowie Erntesklaven Ware zu Billigstpreisen anzubieten. Jeden Morgen kauft Parisi die Zutaten für seine Gerichte deshalb auf dem Bauernmark von Sarno und setzt damit ein Zeichen für die Ethik in Landwirtschaft und Gastronomie.
www.pietroparisi.it

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