Griechenland reformiert Arbeitszeiten: Neue Regeln für Gastro und Tourismus
Griechenland will seine Arbeitswelt neu aufstellen – und das mit einem Gesetzesentwurf, der schon vor der offiziellen Vorlage im September für zahlreiche Diskussionen sorgt. Arbeits- und Sozialministerin Niki Kerameos setzt auf mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten, um einer der größten Herausforderungen im Land zu begegnen: dem akuten Fachkräftemangel, vor allem im Tourismus und in der Gastronomie.

Griechenland will seine Arbeitswelt neu aufstellen – und das mit einem Gesetzesentwurf, der schon vor der offiziellen Vorlage im September für zahlreiche Diskussionen sorgt. Arbeits- und Sozialministerin Niki Kerameos setzt auf mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten, um einer der größten Herausforderungen im Land zu begegnen: dem akuten Fachkräftemangel, vor allem im Tourismus und in der Gastronomie.

Mehr Spielraum für Branchen mit Engpässen
Kern des Reformvorhabens bleibt die klassische 40-Stunden-Woche. Neu ist jedoch: Acht zusätzliche Überstunden pro Woche sollen möglich werden – flexibel einsetzbar über das Quartal hinweg. Die Idee: In arbeitsintensiven Zeiten, etwa während der Hochsaison im Gastgewerbe, dürfen bis zu 13 Stunden täglich gearbeitet werden – in ruhigeren Phasen entsprechend weniger. Im Jahr dürfen maximal 150 Überstunden anfallen – das entspricht rund 37 voll ausgelasteten Tagen.
Gerade für Betriebe mit saisonalen Spitzen – Restaurants, Bars, Hotels – soll das Modell Planbarkeit schaffen, ohne zusätzliche Vollzeitstellen besetzen zu müssen, was aktuell ohnehin schwierig ist: Rund 80.000 Stellen im Gastgewerbe sind in diesem Sommer unbesetzt.
Lohnzuschlag statt Burn-out?
Damit sich längere Arbeitstage auch für Beschäftigte lohnen, sieht das Gesetz einen 40-Prozent-Zuschlag ab der neunten Stunde pro Tag vor. Laut Regierung bedeutet das bei typischer Gastrovergütung bis zu 119 Euro extra pro Tag. Gleichzeitig bleiben Schutzvorgaben bestehen: mindestens elf Stunden Ruhezeit täglich und eine zusammenhängende 24-Stunden-Pause pro Woche sind vorgeschrieben.
Weniger Tage, gleich viele Stunden
Ein weiteres Element des Gesetzes ist die Einführung einer Vier-Tage-Woche – jedoch nicht im Sinne von weniger Arbeitszeit bei vollem Lohn. Stattdessen soll die 40-Stunden-Woche auf vier Tage à zehn Stunden verteilt werden. Der Ansatz: mehr Flexibilität für berufstätige Eltern, weniger organisatorischer Aufwand für Betriebe. Gerade in Hotels und Restaurants, wo Personalplanung auf Kante genäht ist, könnte dieses Modell Vorteile bringen.
Zwischen Hoffnung und Kritik
Die Regierung bezeichnet den Entwurf als modernen und praxisnahen Schritt, der Bürokratie abbaut. Doch die Kritik ist deutlich: Gewerkschaften werfen ihm vor, Arbeitnehmerrechte abzubauen und den Acht-Stunden-Tag zu gefährden – manche sprechen von einer „Rückkehr ins Mittelalter“. Die Sorge: 13-Stunden-Tage bei ein und demselben Arbeitgeber seien weder nachhaltig noch gesundheitsverträglich.
Arbeitsministerin Kerameos kontert mit der Begründung, die Idee biete mehr Flexibilität für Beschäftigte und Unternehmen – mit klaren Regeln. Das Gesetz gebe nur mehr Möglichkeiten, man solle nicht regulär 13 Stunden pro Tag arbeiten, hätte damit aber immerhin die Option in stressigen Zeiten.
Gastro-Aushilfen per App
Besonders praxisnah soll auch die geplante Digitalisierung wirken: Künftig sollen Betriebe über eine App kurzfristig Arbeitskräfte einstellen können – etwa für zwei Tage, als Aushilfe oder Urlaubsvertretung. Ein Feature, das gerade die Gastronomie aufatmen lassen könnte, denn spontane Personalengpässe sind dort eher die Regel als die Ausnahme.
Die App soll auch die Schwarzarbeit eindämmen, indem sie schnelle, rechtssichere Arbeitsverhältnisse schafft und gleichzeitig Kontrollmöglichkeiten für Behörden bietet. Für viele Gastronomen könnte das ein Durchbruch in der Personalorganisation sein.
Ob die Arbeitszeitreform den gewünschten Effekt bringt – etwa eine Entlastung der stark unter Druck stehenden Gastronomie und Hotellerie – bleibt abzuwarten. Fest steht: Griechenlands Arbeitswelt steht vor einem Umbruch, der weit über die Landesgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit sorgt.