Wie Gastronom Fabio Haebel zu Deutschlands Mr. Bistronomy wurde

Fabio Haebel ist Deutschlands Mr. Bistronomy mit ethischem Anspruch. Warum in seinem Restaurant Fleischgerichte nur aus Wild bestehen – und die kleinste Weinbar Deutschlands aus allen Nähten platzt.
Mai 5, 2021 | Text: Lucas Palm | Fotos: Wim Jansen, beigestellt

Fine-Dine-Restaurant, Weinbar und Seafood

Begeben wir uns in die Zeit nach Corona: Wer durch den Hamburger Stadtteil St. Pauli flaniert, der dürfte in der Paul-Roosen-Straße seinen Augen nicht trauen. Aus einer kleinen Weinbar – die mit ihren knapp fünf Quadratmetern die kleinste Deutschlands ist – quellen Menschen jeglichen Alters heraus, stehen oder sitzen weinglasschwenkend auf dem baufälligen Gehsteig.

Nur ein paar Meter weiter herrscht in einem kleinen, bummvollen Restaurant mit lediglich 16 Sitzplätzen ein Treiben, das es mit seinem geschäftigen Geräuschpegel mit Großkantinen aufnehmen kann. Man sitzt an kleinen Tischen dicht an dicht, keine 30 Zentimeter voneinander entfernt, und schlemmt ein Überraschungsmenü von den Tellern, dessen Zutaten man sich kurz davor aus einem Warenkorb selbst ausgesucht hat. Dieses Restaurant heißt Haebel, die Mini-Weinbar La Cave. Und der Mann, der hinter all dem steht, Fabio.

Fine-Dine-Restaurant, Weinbar und Seafood

Begeben wir uns in die Zeit nach Corona: Wer durch den Hamburger Stadtteil St. Pauli flaniert, der dürfte in der Paul-Roosen-Straße seinen Augen nicht trauen. Aus einer kleinen Weinbar – die mit ihren knapp fünf Quadratmetern die kleinste Deutschlands ist – quellen Menschen jeglichen Alters heraus, stehen oder sitzen weinglasschwenkend auf dem baufälligen Gehsteig.

Nur ein paar Meter weiter herrscht in einem kleinen, bummvollen Restaurant mit lediglich 16 Sitzplätzen ein Treiben, das es mit seinem geschäftigen Geräuschpegel mit Großkantinen aufnehmen kann. Man sitzt an kleinen Tischen dicht an dicht, keine 30 Zentimeter voneinander entfernt, und schlemmt ein Überraschungsmenü von den Tellern, dessen Zutaten man sich kurz davor aus einem Warenkorb selbst ausgesucht hat. Dieses Restaurant heißt Haebel, die Mini-Weinbar La Cave.

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Sorgt in seiner Wahlheimat Hamburg für ordentlich frischen Wind: Fabio Haebel.

Ich hatte keine Ahnung. Ich hatte kein Geld. Ich hatte noch nie ein Restaurant eröffnet. Ich wusste nicht, was eine Konzession ist. 

Star-Gastronom Fabio Haebel ging ziemlich blau­äugig an das Ganze heran

Und der Mann, der hinter all dem steht, Fabio. Damit hat er etwas ganz und gar Undeutsches zustande gebracht: einen radikalen Bistronomy-Mikrokosmos, den man so nur aus den hippen Vierteln Paris’ kennt. Für das Haebel-Restaurant hat der gebürtige Badener einen grünen Michelin-Stern für Nachhaltigkeit erhalten, genauso übrigens wie für sein Seafood-Restaurant ein paar Häuser weiter.

Alle drei Läden sind beständig voll, ­Haebel ist in Gastro-Hamburg mittlerweile eine beständige Größe. Wie hat er das gemacht? Und wer ist er, dieser Fabio Haebel, der der deutschen Gastronomie ein neues, genauso vorwärtspreschendes wie zeitgemäßes Gesicht verleiht?

Ein alkoholfreies Bier als Ritterschlag

Genauso untypisch wie seine drei Betriebe sind auch die Wurzeln seiner gastronomischen Laufbahn. „Meine Mutter sagt immer: ‚Du hast Gastronomie im Blut, ich weiß nur nicht, woher!‘“ Bis auf einen Onkel in Schweden nämlich, der Barkeeper ist, hat und hatte niemand aus der Familie auch nur das Entfernteste mit Gastronomie am Hut. So oder so: Schon als Kind meldet sich der kleine Fabio freiwillig zum Tellerwaschen auf Familienfeiern. Durch einen Freund seines Vaters kommt er als 14-Jähriger zu einem Schulpraktikum ins Hotel Europäischer Hof in Baden-Baden.

Irgendwann einmal hatte es sich in der Stadt he­rumgesprochen, dass man beim Haebel bekommt, was man sich wünscht. 

Fabio Haebel über die Bedeutung des Überraschungsmenüs, das sich die Gäste aus einem Warenkorb bestellen dürfen

Drei Wochen lang erkundet der grüne Junge drei Abteilungen im luxuriösen Traditionshotel: jeweils sieben Tage im Bereich Housekeeping und Rezeption, dann im Restaurant und der Bar – und schließlich in der Küche.  „Die haben mich dort gleich richtig interessante Sachen machen lassen, nicht irgendsoeinen Quatsch. Und nach dem Service haben sie mir ein alkoholfreies Bier in die Hand gedrückt. Dieser Teamgedanke, der in einer Küche herrscht, der hat mich einfach nicht losgelassen“, erinnert sich Haebel heute.  

Cook, Travel and Rock ’n’ Roll

Die anschließende Kochlehre macht er im Hotel Dorint Konzerthaus in Freiburg und hängt zwei Jahre Ausbildung zum Hotelfachmann daran. Accor übernahm damals gerade Dorint, damit konnte Haebel ein gesamtes Rebranding mitmachen. Zwei Jahre, die wie im Flug vergingen – und nach denen Haebel sich in die Ferne sehnte.

Also ging er zwar nicht ans andere Ende der Welt, aber immerhin ans andere Ende Deutschlands, nach Hamburg. Weil „es mir der Norden irgendwie immer schon angetan hatte“. Für eine Cateringfirma rackerte sich Haebel burnoutreif ab – und zog die Reißleine, als die versprochene Gehaltserhöhung nicht auf dem Konto eintraf. Er schreibt einem Freund, der Tourneekoch bei Rocket Events ist – und führt plötzlich ein Leben, nun ja, in Saus und Braus.  

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Fabio Haebel eröffnete 2011 eine einfache Tarterie in St. Pauli – und ist mittlerweile Herr über drei zukunftsträchtige Konzepte, darunter sein Fine-Dine-Restaurant Haebel.

„Das waren die besten Jahre meines Lebens“, erinnert sich Haebel. In dieser Zeit kochte und reiste er für die Megastars, für deren kulinarisches Wohlergehen er backstage sorgte. Christina Aguilera, Alanis Morissette, Britney Spears, Bruce Springsteen, die Beatsteaks. 

Es ist seiner damaliger Freundin zu verdanken, dass aus dem Promi-Tournee-Koch ein Gastronom wurde. Ein „beständigeres Leben“ will sie, und sieht vom Zimmerfenster zu Hause, dass das Lokal gegenüber abzugeben ist. Noch am selben Tag ruft Haebel den Besitzer an, trifft ihn und erzählt ihm irgendetwas von einem Bistro mit Flammkuchen mit Quiches und Tartes, das ihm da vorschwebt.

Am nächsten Tag unterschreibt er den Vertrag. „Ich hatte keine Ahnung. Ich hatte kein Geld. Ich hatte noch nie ein Restaurant eröffnet. Ich hatte nicht den leisesten Schimmer, was ‚Konzession‘ bedeutet. Ich wusste einfach nichts.“ Nachdem die Bank ihm beim Wort „Gastronomie“ die Tür vor der Nase zuschlägt, sammelt Haebel von Freunden 25.000 Euro und baut den Laden einfach selbst. Das war 2011. Doch aus der anfänglichen Tarterie St. Pauli wird allmählich ein echtes Restaurant. 

Mach mal Austern!

Einer seiner Gäste ist von Haebels Tartes und Quiches so begeistert, dass er sich für das kommende Wochenende ankündigt, um den Hochzeitstag mit seiner Frau zu feiern. „Er sagte auch gleich dazu: ‚Mach bitte Austern und Hummer!‘ Und ich: ‚Klar, mach ich!‘“

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Der charmante Selfmade-Charakter verströmt den persönlichen Flair von Haebels Restaurants, die in St. Pauli und weit darüber hinaus für gastronomisches Aufsehen sorgen.

So erwirbt sich die Tarterie ihren Ruf, maßgeschneiderte Menüs zu servieren. Haebel stellt zusätzliche Mitarbeiter ein und serviert bis zu sechs verschiedene Menüs an einem Abend. „Weil es sich in der Stadt herumgesprochen hatte, dass man beim Haebel kriegt, was man sich wünscht.“ Und das alles in einem Ambiente, das mit seinen 16 Plätzen mitten in St. Pauli so gar nicht mit Fine-Dine-Allüren und Chichi aufwartet. 

2017 wird aus der Tarterie das Hae­bel. Einfach, weil es nicht anders geht. Aus einem Warenkorb suchen Gäste sich ihre Produkte aus, die dann in Form eines Überraschungsmenüs um 85 Euro in der offenen Küche zubereitet werden. Das Flora-Menü ist vegetarisch, das Fauna-Menü mit Wild. Gemüse kommt zum Großteil aus Eigenanbau, an Fleisch gibt es nur Wild, das bereits geschossen worden ist.

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Für sein Fine-Dine-Res­taurant Haebel in Hamburg erhielt Fabio Haebel einen grünen Michelin-Stern.

Das kommt gut an, um das Mindeste zu sagen: Über 6000 Gäste empfängt Haebel dort in einem normalen Jahr. Denselben ungezwungenen Charakter mit Nachhaltigkeitsanspruch verfolgt auch seine 2020 eröffnete XO Seafoodbar. 90 Prozent der Fische und Meeresfrüchte kommen direkt aus der Ost- oder Nordsee und werden ohne Schleppnetze, also mit Stellnetzen oder handgeangelt, gefischt. 

Haebel ist mit seinen drei Betrieben zu Deutschlands Mr. Bistronomy mit ethischem Anspruch geworden. Expansionspläne gibt es zwar, die bleiben aber vorerst noch geheim. Es gibt jedenfalls allen Grund, Haebels Tun im Auge zu behalten – und sich so bald wie möglich mit einem Glas Naturwein auf den St. Paulischen Gehsteig zu setzen, um dann ins Haebel und die Seafoodbar weiterzuziehen. 

www.haebel.hamburg

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