Ameisen-Joghurt in aller Munde: Sternekoch Rasmus Munk machts vor
Joghurt mit Hilfe von Ameisen herzustellen klingt zunächst nach einem gescheiterten Küchenexperiment – ist aber in manchen Ländern tatsächlich Tradition. In der Türkei und allgemein am Balkan ist die Fermentation durch Ameisen alles andere als außergewöhnlich. Die aus Bulgarien stammende Anthropologin Sevgi Mutlu Sirakova von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) kennt das sogar aus der eigenen Familie. Wie genau diese Art der Fermentation funktioniert, wollte sie wissenschaftlich wissen – und ging dem alten Familienrezept auf den Grund.

Joghurt mit Hilfe von Ameisen herzustellen klingt zunächst nach einem gescheiterten Küchenexperiment – ist aber in manchen Ländern tatsächlich Tradition. In der Türkei und allgemein am Balkan ist die Fermentation durch Ameisen alles andere als außergewöhnlich. Die aus Bulgarien stammende Anthropologin Sevgi Mutlu Sirakova von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) kennt das sogar aus der eigenen Familie. Wie genau diese Art der Fermentation funktioniert, wollte sie wissenschaftlich wissen – und ging dem alten Familienrezept auf den Grund.

Ein (Familien-)Forschungsprojekt
Gemeinsam mit Kollegen aus Dänemark und den USA startete Sirakova das Projekt. Erster Stopp: bei ihrem Onkel in Bulgarien. Nach Anweisungen ihres Onkel gaben sie vier lebende Rote Waldameisen in warme Kuhmilch und stellten das Glas in einen Ameisenhaufen. Wärme und Feuchtigkeit schaffen perfekte Fermentationsbedingungen. Über Nacht wurde aus Milch Joghurt – mit Hilfe der kleinen Krabbler. Das Ergebnis: dick, cremig und säuerlich. Das Familienrezept funktioniert also wirklich.
Wie wird Joghurt hergestellt?
Normalerweise entsteht Joghurt durch Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus – also durch Bakterienkulturen, die den Milchzucker in Milchsäure verwandeln. Dadurch dickt die Milch ein, bekommt den typischen Joghurt-Geschmack und wird cremig wie wir es kennen.
Aber wie schaffen das Ameisen? Ganz einfach: Auch sie tragen Milchsäure- und Essigsäurebakterien in sich – natürliche Fermentationshelfer. Ihre Enzyme und Mikroorganismen sorgen dafür, dass Milchproteine zerlegt und die Masse schön cremig wird. Eine Methode, die mittlerweile auch die Sternegastronomie für sich entdeckt hat.
View this post on Instagram
Ameisen auf Sterne-Niveau
Im zwei-Sterne-Restaurant Alchemist in Kopenhagen denkt Küchenchef Rasmus Munk gern über den Tellerrand hinaus. Mit seinem Forschungs- und Entwicklungsteam wurden gleich drei Gerichte mit Ameisen kreiert – natürlich auf höchstem kulinarischem Niveau. Das passt perfekt zum Konzept des Hauses, das zu den 50 besten Restaurants der Welt zählt und für seine experimentelle und wissenschaftsorientierte Küche bekannt ist.
Eines der Highlights: das sogenannte „Ant-Wich“. Eine Eiscreme aus Schafsmilchjoghurt, fermentiert mit lebenden Ameisen als Starterkultur, liegt hier zwischen einem mit Ameisen angereicherten Gel und knusprigen Hippen-Keksen. Das Ganze wird mithilfe einer Laserschablone in Ameisenform gebracht. Geschmacklich sorgt die „Starterkultur“ für eine überraschend frische, scharfe Säure.

Die zweite Kreation erinnert an Mascarpone – hergestellt aus Ziegenmilch, mit dehydrierten Ameisen als Katalysator. Heraus kommt eine Textur wie cremiger Käse und ein Geschmack, der an reifen Pecorino erinnert.
Komplettiert wird das Trio durch einen Cocktail auf Milch-Ameisen-Basis, dessen Rezept bis in die 1700er Jahre zurückreicht. Statt Zitrusfrüchten übernehmen hier die getrockneten Ameisen die Aufgabe der Säuerung. Das Ergebnis: fruchtige Aprikosennoten, ein Hauch von Brandy und eine seidig-weiche Textur. Die Ameisen verleihen dem Drink eine dezente, aber komplexe Säure.
Achtung, nicht nachmachen!
So spannend die Idee klingt – vom Eigenversuch raten die Forscher dringend ab. Ameisen können Parasiten übertragen, die beim Menschen gefährlich werden können. Zwar lässt sich das Risiko durch Einfrieren oder Trocknen mindern, doch dadurch steigt wiederum die Gefahr schädlicher Bakterienbildung. Im Alchemist wird daher mit mikrobiologisch gefilterter Ameisenmilch gearbeitet.
Hier geht’s zur Studie.


