Perlentaucher

Kevin Fehling wäre Vegetarier, hätte er nicht Koch gelernt. Warum der jüngste Zugang unter Deutschlands 3-Sternern gerne Märchen erzählt und der Weltuntergang inspirierend ist.<br />
November 13, 2015

Kevin Fehling Fotos: Wolfgang Hummer

Kevin ist allein zu Hause. Und grübelt nach. Über den Weltuntergang. Den haben schließlich die Mayas prophezeit. Dass der allerdings genauso wenig eingetreten ist wie ihr Überleben, konnten sie ja nicht wissen. Jedenfalls der Weltuntergang. Ein markiges Thema, vor allem für jemanden, der einmal in einem Interview meinte, dass er nicht dazu auserkoren sei, die Welt zu retten. Zumindest nicht durch die Verwendung ausschließlich regionaler Produkte. Er koche High-End und da erwarten die Gäste ja auch ein bisschen was Schniekes und Schickes. Alleine schon der Klassiker aus dem Gourmetrestaurant La Belle Epoque lässt sich mit dem, was in einem Umkreis von 30 Kilometern um Lübeck-Travemünde herumkrebst, blökt und wächst, nicht unbedingt auf den Teller bringen. Es sei denn, „Langustino ‚La Belle Epoque‘ mit Erdbeere, Rhabarber, Waldmeister & Mandel“ verwandelt sich spontan in ein Marzipan-Gebilde von Niederegger.

Bereits seit sechs Jahren hat Fehling das Gericht auf der Karte, aber weil immer dasselbe auch immer wieder langweilig wird, in immer neuer Konstellation. Und heuer, als Premiere, sogar mit dem Namenszusatz „La Belle Epoque“. Weil es eben so etwas ist wie das Signature-Dish des Restaurants, in dem er seit 2005 Küchenchef ist. Aber unter gar keinen Umständen ein Kürzel wie „Edition Kevin Fehling“ erhalten wird, da hätte die von ihm gelebte und oft ausgesprochene Demut etwas dagegen. Nicht das zu niedrige Selbstbewusstsein…

Kevin Fehling Fotos: Wolfgang Hummer

Kevin ist allein zu Hause. Und grübelt nach. Über den Weltuntergang. Den haben schließlich die Mayas prophezeit. Dass der allerdings genauso wenig eingetreten ist wie ihr Überleben, konnten sie ja nicht wissen. Jedenfalls der Weltuntergang. Ein markiges Thema, vor allem für jemanden, der einmal in einem Interview meinte, dass er nicht dazu auserkoren sei, die Welt zu retten. Zumindest nicht durch die Verwendung ausschließlich regionaler Produkte. Er koche High-End und da erwarten die Gäste ja auch ein bisschen was Schniekes und Schickes. Alleine schon der Klassiker aus dem Gourmetrestaurant La Belle Epoque lässt sich mit dem, was in einem Umkreis von 30 Kilometern um Lübeck-Travemünde herumkrebst, blökt und wächst, nicht unbedingt auf den Teller bringen. Es sei denn, „Langustino ‚La Belle Epoque‘ mit Erdbeere, Rhabarber, Waldmeister & Mandel“ verwandelt sich spontan in ein Marzipan-Gebilde von Niederegger.

Bereits seit sechs Jahren hat Fehling das Gericht auf der Karte, aber weil immer dasselbe auch immer wieder langweilig wird, in immer neuer Konstellation. Und heuer, als Premiere, sogar mit dem Namenszusatz „La Belle Epoque“. Weil es eben so etwas ist wie das Signature-Dish des Restaurants, in dem er seit 2005 Küchenchef ist. Aber unter gar keinen Umständen ein Kürzel wie „Edition Kevin Fehling“ erhalten wird, da hätte die von ihm gelebte und oft ausgesprochene Demut etwas dagegen. Nicht das zu niedrige Selbstbewusstsein, dafür hat der 35-Jährige eindeutig zu viele Erfolge eingefahren. In nur fünf Jahren zu drei Michelin-Sterne, das können international nur wenige Kollegen von sich behaupten.

In der diesjährigen Variante wird der Gang auf drei Glastellern serviert. Die kommen aus einer japanischen Manufaktur und kosten mit 120 Euro pro Teller nicht wenig. Aber wer durch den dritten Stern die doppelte Auslastung als im Vorjahr in der Nebensaison einfährt, darf auch mal für die Augen ein wenig Entertainment in Lila bieten. Tellerchen eins macht durch Waldmeister-Macaron, Langustino-Tatar und Erdbeer-Gel von sich reden, Part zwei liefert ein Langustinen-Carpaccio, Mandelcreme und Rhabarberwürfel und Sahnehäubchen drei ist ein gegarter Langustino mit warmem Waldmeistersud, Erdbeergelee, Rhabarberkompott und Waldmeisterhollandaise. Es sind immer die gleichen Komponenten, die Fehling in unterschiedliche Geschmacksverbindungen verschachtelt und damit die Spannung aufrechterhält. Dieses Gericht ist ein Zugeständnis an die Restaurant-Gäste des Columbia Hotels Casino Travemünde, denn Fehlings Küchen-Devise ist eigentlich: kein alter Gang in der neuen Karte.

Kevin Fehling in der Küche

Kuckst du in die Ferne
Mit einem Wareneinsatz für Deutschlands zehntes 3-Sterne-Restaurant von 42 Prozent fühlt sich Fehling im legitimen Rahmen. Denn, wer in einem Luxushotel kocht, dessen Gäste erwarten auch Luxus auf der Gabel. Und eine 3-Sterne-Küche in Europa, so Fehling, braucht ein gewisses Plus. Nicht nur an Produkten. Hätte er kein finanzstarkes Unternehmen im Rücken, müsste er auf unter 30 Prozent kommen, das ist ihm klar. Aber im Moment kann er ja klotzen und muss nicht kleckern. „Langfristig kann man die Leute, seien es nun die Gäste oder die Tester, nur durch individuelle Kreationen überzeugen, die eigene Handschrift. Klar gibt es noch ein paar Traditionsadressen, aber Michelin verteilt die Sterne nicht an große Namen, sondern an große Teller. Und den dritten Stern muss ich mir heuer auch wieder neu erkochen. Das ist ähnlich einfach, wie wenn man zu Meryl Streep sagt: Jetzt gewinne sieben Jahre hintereinander die Auszeichnung zur besten Schauspielerin.“ Deswegen funktioniert seine Küche wie ein kleines Uhrwerk aus der Schweiz: präzise und immer im Takt, auch gerne einige Sekunden voraus im Denken. Wäre er selbstständig, wäre sein Anspruch, zu der Koch-Elite des Landes zu gehören, nicht kleiner, er würde dann eben die Jakobsmuschel nicht mit Kaviar servieren. Aber schwarze Zahlen sollte er schon schreiben. Ob als Vorgabe oder nicht – es ist das persönliche Ziel von Fehling.

Das mit der Weltrettung mittlerweile auch ein bisschen – ein Umdenken, das merklich in das Warenbudget hineinspielt. Fehling kauft beispielsweise nur mehr Schokolade aus Ländern und von Produzenten, von denen er weiß, dass die Bauern auch Geld für ihre Arbeit bekommen. Seine Gewürze haben ausschließlich Demeterqualität und den dreifachen Preis verglichen mit jenen in den C&C-Märkten, genauso wie das Mehl, das ist allerdings nur doppelt so teuer. Und wenn man es mit den Grenzen der Region nicht so eng nimmt, dann kommen seine Fjordshrimps, die Forelle und die getauchten Jakobsmuscheln ja auch aus der Nachbarschaft. Nämlich aus Norwegen und das liegt etwa 200 Kilometer Luftlinie von der meeresseitigen Terrasse des La Belle Epoque entfernt. „Wenn ich aber eine Yuzu verwenden möchte, dann verwende ich sie. Wer sich darüber aufregen möchte, soll es tun. Aber vorher nachdenken, wo sein T-Shirt produziert worden ist. Ich bin ein weltoffener Mensch und meine Küche sowie meine Produktwahl sind das auch.“

Michelin verteilt Sterne an große Teller – Nicht an große Namen.
Kevin Fehling über Objektivität der Führer.

Für Ausgefallenes hat Fehling dann die Dienste von Dietmar Spriwald im Köcher. Der ist nämlich sein designierter Foodhunter, genauso ein kulinarischer Perlensucher wie dieser selbst, und versorgt ihn mit allerlei Neuem. Wie mit Lorbeerblättern, die auch wirklich Aroma haben. Oder eben der Fairtrade-Schokolade für die 3-Sterner-Schwarzwälder-Kirschtorte, die dann mit Cru Virunga, Organic Esmeralda, Beni Wild Harvest und Organic Piura Criollo Peru gebacken wurde.

Columbia Hotels

Peru – das Stichwort für die untergegangenen Mayas. Und Inspirationsquelle. War ja in aller Munde und im Belle Epoque auf spezielle Art. „Alle meine Gerichte haben eine Geschichte und ich war schon einige Male in Südamerika. Da kam die Idee, diesen Faden für das Produkt Gänseleber aufzunehmen.“ Und wer kurz vor dem Weltuntergang steht, muss schauen, dass er alle seine Schäfchen im Trockenen hat.

Deswegen probierte sich Fehling durch die Vegetation Mexikos, bis er die Tomatillos als würdigen Geschmackspartner ausmachte und seine geschmackliche Version von Tortillachips und Salsa verde im Kopf hatte. „Diese Kombination gab es noch nie. Die hat jedem gefallen – nur Peta wahrscheinlich nicht.“ Die Zeichnung auf der nicht getopfen Gänseleber stammt im Übrigen von einer lange im Internet gesuchten Gürtelschnalle, von der Fehling einen Silikonabdruck anfertigte. Die Optik muss ja zur Geschichte passen. „Nur eine Geschichte zu haben, reicht aber nicht. Auch wenn es inzwischen schon albern klingt, das Ziel ist es, bei jedem Gang das beste Produkt bestmöglich herzustellen.“ Deswegen dauerte der Schaffensprozess zu „Sonne, Mond & Sterne“ auch fünf Monate. Die Idee war binnen Minuten geboren, ein Gericht aus der Sicht eines Kindes, aber an der Umsetzung feilte Fehling akribisch. „Wenn das Gericht ein tolles Thema hat, bleibt oft der Geschmack auf der Strecke. Deswegen habe ich so lange gewartet, bis ich eine Aromenkombination im Kopf hatte, die zum Thema passt.“ Herausgekommen sind dabei eine Sonne aus gelbem Zucker und mit Aprikosenschaum gefüllt, der Große Wagen als Vanille-Crème-fraîche-Stickstoffperlen und noch weiteres Astronomisches aus Anisgelee, Mandarinensorbet und warmer, weißer Schokolade. Fairer versteht sich. Das sein Storytelling-Tastefinding-Prinzip aufgeht, zeigt der Zuspruch von Michelin-Chefredakteur, Ralf Flinkenflügel: „Seine absolut harmonischen Kompositionen zeugen von Intelligenz und Reife bei der Kombination der Aromen, verbunden mit einer ausgeprägten persönlichen Note.“

Was Fehling allerdings in der Küche noch nicht entwickelt hat, ist Killerinstinkt. Wörtlich. Er tötet keine Tiere, nicht mal eine Ameise. „Ja, das klingt ein bisschen luschenhaft als Koch. Hätte ich einen anderen Beruf, wäre ich vermutlich Vegetarier.“ Und dann könnte man beginnen ernsthaft über den Weltuntergang nachzudenken …

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Wordrap Kevin Fehling
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www.columbia-hotels.de/casino-travemuende

Hier geht’s zu den großartigen Rezepten von Kevin Fehling und anderen Starköchen!

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