Endlich weniger Bürokratie?

Als Gastronom wird einem das Leben und Arbeiten doch schwer gemacht. Aber das soll ich in Deutschland langsam ändern: Das zweite Bürokratieentlastungsgesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung.
August 5, 2016 | Fotos: Shutterstock

Kellner mit Tablette, auf dem nur Papiere liegen

Beschlossen wurde in Deutschland nun das zweite Bürokratieentlastungsgesetz. Damit sollen kleinere und mittlere Unternehmen weniger unter dem langen Arm der Bürokratie leiden müssen. Allerdings fehlt zur tatsächlichen Umsetzung des Gesetzes noch die Zustimmung des Bundesrates.

Es ist das zweite Gesetz der Art, das auf den Beschluss von 2015 folgen und die Kosten für Unternehmen insgesamt laut Sigmar Gabriel um mehr als 2 Millionen Euro pro Jahr senken soll. Die Unternehmer sollen sich künftig wieder mehr mit Geschäften, Innovationen, Arbeitsplätzen und Ausbildung beschäftigen können.

Ulrich N. Brandl, Dehoga-Bayern-Präsident: „Allein, dass es ein zweites Bürokratieentlastungsgesetz geben muss, belegt den Irrwitz der Situation. Wir wollen für unsere Gäste da sein, statt Formulare ausfüllen. Die immer größer werdende Verordnungslawine zieht immer mehr Betrieben den Boden unter den Füßen weg.“

Die Dehoga Bayern hat sich damit befasst, was ein einfacher Gastronom alles schriftlich dokumentieren muss. Hier ein Auszug der (Wahnsinns-)Liste:

  • Dokumentation der täglichen Arbeitszeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach dem Mindestlohngesetz, Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie Dauer aller Pausen
  • Dokumentation von Allergenen nach der vorläufigen deutschen Lebensmittelinformations-Ergänzungsverordnung; mit der neuen Eilverordnung sind es nicht nur 14 Allergene, wie zunächst angekündigt, sondern 26 allergene Stoffe die erfasst werden müssen – für jedes Gericht, jedes Häppchen und für alle Variationen
  • Dokumentation der Unterweisung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit nach dem Arbeitsschutzgesetz samt
  • Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsbedingungen und Unterlagen zur Ermittlung von körperlichen und psychischen Belastungen bei der Arbeit und Maßnahmen des Arbeitsschutzes
  • Dokumentation der ärztlichen Bescheinigungen über die ärztliche Untersuchung von Jugendlichen beim Eintritt ins Berufsleben nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz
  • Dokumentation der Mitführungs- und Vorlagepflicht von Ausweispapieren nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz
  • Dokumentation zur Feststellung und Festsetzung von Steuern nach dem Umsatzsteuergesetz
  • Dokumentation der Kasseneinnahmen und -ausgaben nach der Abgabenordnung
  • Dokumentation der Unterweisung zum Arbeitsschutz gemäß BGV A1 „Grundsätze der Prävention“
  • Benennung von Beschäftigten, die im Betrieb Aufgaben der Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung nach dem Arbeitsschutzgesetz übernehmen
  • Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen sowie regelmäßige Prüfaufzeichnungen, -bescheinigungen und -kennzeichnungen von Aufzugsanlagen nach der Betriebssicherheitsverordnung
  • Pflicht für Beherbergungsbetriebe nach dem Bundesmeldegesetz, jeden Gast einen Meldeschein ausfüllen zu lassen und Meldescheine ein Jahr lang aufzubewahren
  • Erstellung umfangreicher Statistiken auf monatlicher Basis nach dem Beherbergungsstatistikgesetz
  • Bescheinigung des Gesundheitsamtes samt Dokumentation einer betriebsinternen Belehrung der Mitarbeiter nach dem Infektionsschutzgesetz
  • Umfassende hygienerechtliche Dokumentation zum Nachweis der Einhaltung der HACCP-Grundsätze sowie zum Nachweise über aktuelle Fachkenntnisse im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 und der Lebensmittel-Hygieneverordnung
  • Dokumentation des Wareneingangs sowie der Temperaturkontrolle bei Lebensmitteln und technischen Einrichtung zur Lagerung und Kühlung von Lebensmitteln
  • Dokumentation der Reinigung von Getränkeschankanlagen
  • Dokumentation der Untersuchung, Reinigung und Desinfektion des Betriebes und seiner Anlagen und technischen Einrichtungen
  • Dokumentation der nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukte im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002
  • und noch vieles mehr …

„Es steht ja außer Frage, dass grundlegende Punkte dokumentiert gehören, der insgesamt geforderte Aufwand schießt allerdings weit über das Ziel hinaus. In einer Branche, die sich in hohem Maße durch kleine, familiengeführte Betriebe auszeichnet, stellt sich mittlerweile die Frage: Wann soll man nach all dieser Dokumentationsflut eigentlich noch kochen, Gäste bewirten und dabei lächeln?“, so Brandl.

Sein Fazit: „Die Gesetzesinitiative ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, dem aber schnell noch ganz viele weitere folgen müssen.“

www.dehoga-bayern.de

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