Gerald und Judith Schwarz und die große Aiola-Familie

Zwei Visionäre, elf Betriebe – und elf „Kinder“, denen die Grazer Gastro- Entrepreneure Gerald und Judith Schwarz den Einstieg ins Unternehmertum ermöglichten. Das Businessmodell der Aiola-Familie lautet nämlich: Wachstum durch Mitarbeiterbeteiligung.
September 14, 2021 | Text: Stephanie Fuchs | Fotos: Monika Reiter, moma studio,, Joel Kernasenko, beigestellt

Die wahrscheinlich populärste Wachstumsstrategie in Familienunternehmen lautet: Expansion durch Postenbesetzung mit Angehörigen. Das ist in der Gastronomie und Hotellerie nicht anders und auch nicht ungewöhnlich. Schließlich liegt es nahe, Kindern und Kindeskindern irgendwann den Schlüssel zu ihrem eigenen Spielplatz in die Hand zu drücken. Jedem seine Sandkiste, und allen gemeinsam ein größeres Stück vom Kuchen. Ein großes Stück vom Grazer Gastronomie-Kuchen gehört auch Gerald und Judith Schwarz.

Aiola
Die Multientrepreneure Judith und Gerald Schwarz mit ihren elf „Familienmitgliedern“.

Die wahrscheinlich populärste Wachstumsstrategie in Familienunternehmen lautet: Expansion durch Postenbesetzung mit Angehörigen. Das ist in der Gastronomie und Hotellerie nicht anders und auch nicht ungewöhnlich. Schließlich liegt es nahe, Kindern und Kindeskindern irgendwann den Schlüssel zu ihrem eigenen Spielplatz in die Hand zu drücken. Jedem seine Sandkiste, und allen gemeinsam ein größeres Stück vom Kuchen. Ein großes Stück vom Grazer Gastronomie-Kuchen gehört auch Gerald und Judith Schwarz.

Aiola
Die Multientrepreneure Judith und Gerald Schwarz mit ihren elf „Familienmitgliedern“.

32 Jahre nachdem der damalige BWL-Student erst nebenbei mit einem Würstelstand in der Innenstadt, später gemeinsam mit Ehefrau Judith im Grazer Szenelokal Aiola City voll ins Gastro-Business einstieg, drückt das Power-Couple heute knapp einem Dutzend Betriebe in Graz seinen Stempel auf. Zum Portfolio zählen acht Restaurants mit individuellen Konzepten, der Klub Katze Katze, der Oh-My-Dog-Foodtruck sowie das Aiola Living Boutique-Hotel & Store. „Für uns ist die Aiola-Gruppe auch ein Familienunternehmen“, sagt Gerald Schwarz.

„Der entscheidende Unterschied ist, dass unsere Kinder langjährige Mitarbeiter sind, denen wir über ein Beteiligungsmodell den Einstieg in die Selbstständigkeit ermöglicht haben. So können junge Menschen, die Unternehmer sein wollen, ihr eigenes Business unter dem Dach der Marke Aiola aufbauen und Judith und ich können uns auf die Konzeptentwicklung, das Strategische und Gestalterische konzentrieren.“

Jedem das Seine

Der Startschuss für dieses ungewöhnliche Businessmodell fiel 2013. Damals führte das Ehepaar Schwarz das Restaurant Aiola Upstairs am Grazer Schloßberg sowie das Aiola im Schloss im Norden von Graz. Als sich die
Möglichkeit zur Neuübernahme des Cafés Promenade bot, zögerten beide. „Wir haben uns damals gesagt: Wir können nicht mehr als zwei Betriebe an zwei Standorten in der Qualität, die wir uns vorstellen, betreiben“, erzählt Gerald Schwarz. Dann sei Simon Possegger auf sie zugekommen, „der wollte unbedingt mit uns gemeinsam etwas machen und hat den Vorschlag gebracht, das Promenade gemeinsam zu übernehmen“.

Wir schaffen die betriebswirtschaftlichen Strukturen, um jungen Leuten den Weg in die Selbstständigkeit zu ermöglichen. Welche Bank gibt einem 30-jährigen heute einen Kredit, um sich etwas aufzubauen?
Gerald Schwarz

Posseggers Vorstoß motivierte im Laufe der Zeit weitere Mitarbeiter, die mit dem Support und Know-how von Gerald und Judith Schwarz im Hintergrund den Schritt ins Unternehmertum wagen wollten. Anfangs, sagt Gerald Schwarz, habe er das alles noch als Mitarbeiterbindungsprogramm betrachtet, um fähige Mitarbeiter im Unternehmen zu halten. Heute sei es ein erfolgreiches Partnerbindungsprogramm. Das beruht im Grunde auf der Idee, für die jungen Gesellschafter betriebswirtschaftliche Strukturen zu schaffen, in denen sie sich auf ihre jeweiligen Kompetenzen konzentrieren können. „Es gibt viele tolle Köche und Gastgeber da draußen, die mit dem ganzen verwalterischen Kram halt einfach nichts am Hut haben“, sagt Gerald Schwarz.

Aiola
Alex Knoll (Landhauskeller und Pink Elephant), Simon Possegger (Café Promenade und Pink Elephant) und Daniel Marg, Küchenchef und Gesellschafter des MOIN (v. l. n. r.).

„Und für einen jungen Menschen, der sich mit einem Lokal selbstständig machen will, ist das finanzielle Investment ja kaum zu stemmen, denn so einfach gibt dir heute keine Bank auf der Welt mehr einen Kredit. Deshalb bildet das Aiola den Rahmen für das unternehmerische Projekt, wir ziehen die kaufmännischen Agenden zusammen, kümmern uns um die Verwaltungsagenden und den Zahlungsablauf und vor allem Judith bringt sich auch im Bereich Marketing, Konzept und Innenarchitektur ein. Wir bleiben an allen Unternehmungen zu einem kleinen Prozentsatz beteiligt, das Tagesgeschäft liegt aber voll in den Händen der Gesellschafter und Geschäftsführer, die uns eigentlich nur die Kosten für die vom Aiola Head Office übernommenen Verwaltungsarbeiten abgelten.“

Keine Bindungsängste

Das klingt alles nicht ganz risikolos, und der eine oder andere Rechtsanwalt würde sich bei einem Blick auf die Verträge zwischen Schwarz und seinen Gesellschaftern wahrscheinlich vor Entsetzen die Fingernägel in die Wangen rammen. Zwei Seiten seien das, maximal, betont Schwarz, relativ lose formuliert. Die Partner müssten sich weder an spezielle Lieferanten halten noch sich in einem fixen Produktrahmen bewegen, niemand werde in ein Korsett gezwungen. „Drin steht, neben ein paar allgemeinen Punkten, eigentlich nur, dass es zu keinen Handlungen kommen darf, die der Marke Aiola schaden“, betont Schwarz, der davon überzeugt ist, dass dieser entspannte Zugang zum Thema Geschäftspartnerschaft ein wesentlicher Puzzlestein des Erfolgs der Aiola-Familie ist.

Aiola
Von Backfisch bis Burrata: Daniel Margs MOIN steht für Cross-over mit norddeutschem Einschlag.

Aber was, wenn dieser Erfolg in einem der Betriebe doch mal ausbleiben sollte? Auch dafür würde es Modelle und Lösungen geben, um der Gruppe nicht zu schaden, sagt Schwarz. Es sei wie in einer normalen, funktionierenden Familie auch: Man lässt einander einfach nicht hängen. „Und natürlich fühlen Judith und ich uns mitverantwortlich.“ Vor allem der Umgang mit Kritik von Gästen, die leider fast nur noch anonym und online kommuniziert werde, sei ein heikler. „Da kümmert sich Judith selbst drum, das ist Chefsache.“

Stolz und Vorurteil

Stichwort Kritik: Seit vor Kurzem publik wurde, dass das Ehepaar Schwarz die Geschäftsflächen des Grazer Innenstadt-Luxuskaufhauses Brühl übernehmen und als Interior-Store mit angeschlossenem Café neu eröffnen
wird, schlägt dem Unternehmerpaar in der Lokalpresse und deren Online-Foren eine beispiellose Welle an Negativkritik entgegen. „Ich kann es halt nicht lassen, mir die Kommentare der User durchzulesen, und was da so über uns und unsere Projekte gesagt wird, welche Urteile da gefällt werden, das erschüttert uns schon in Mark und Bein“, sagt Schwarz.

„Da wird uns konzeptioneller Einheitsbrei, Freunderlwirtschaft, Ausbeutung unserer Mitarbeiter und weiß der Henker was alles unterstellt. Das trifft nicht nur Judith und mich, die wir extrem viel Herzblut in alle Projekte reinstecken und jetzt mit dem Schritt in den stationären Handel in der Innenstadt ja auch ein hohes Risiko eingehen, sondern auch alle unsere Jungunternehmer, die unter dieser leichtfertig geäußerten Kritik mindestens so sehr leiden.“

Wenn Menschen im Netz so leichtfertig Kritik über unsere aktuellen oder neue Projekte wie das im Brühlhaus äußern, schmerzt und frustriert das schon sehr.
Gerald Schwarz

Mit den verschiedenen Gastronomiebetrieben, dem Hotel und dem Store verstehe er sich als Stadtgestalter und Stadtmitentwickler, als jemand, der mit seinen Projekten in erster Linie dem Grazer Publikum mehr Vielfalt und Abwechslung bieten möchte. Dass man ihm dennoch das Mäntelchen des profitgierigen Gastro-Oligarchen umhängt, sei „schmerzhaft, frustrierend und schwer nachzuvollziehen“. Seine Projekte zukünftig woanders zu verwirklichen, um sich derlei Anfeindungen nicht mehr aussetzen zu müssen, sei aber keine Option. „Ich glaube auch nicht, dass wir in Graz noch mit einem weiteren Lokal an den Start gehen werden. Jetzt konzentrieren wir uns jedenfalls einmal voll und ganz auf das Brühl-Projekt.“

www.aiola.at

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GERALD UND JUDITH SCHWARZ. Angefangen hat es vor mehr als 30 Jahren mit Gerald Schwarz’ Würstelstand am Eisernen Tor, es folgten die gemeinsame Übernahme des Lukullus und der Umbau zum Aiola City, das 2013 verkauft wurde. Seit der Übernahme des Cafés Promenade 2014 wächst die aktuell elf Betriebe zählende Aiola-Family organisch via Mitarbeiterbeteiligung. Im Februar 2022 starten die beiden ihr nächstes Großprojekt und ziehen mit ihrem Interior-Store ins Brühl-Haus in der Grazer Innenstadt.

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