Johann Lafer Exklusiv-Interview

25 Jahre lang führte Johann Lafer das Sternerestaurant Le Val d’Or auf der Stromburg. Jetzt zieht Lafer den Schlussstrich und Startet mit einem brandneuen Konzept voll durch.
März 18, 2019 | Fotos: Monika Reiter, beigestellt, Werner Krug

Back to the roots

Nach vielen Jahren in der kulinarischen Champions League kehrt der Ausnahme-Koch und -Gastronom Johann Lafer der Sterneküche den Rücken und will mit dem Restaurant Johanns zurück zu seinen Wurzeln. Im Exklusivinterview spricht der TV-Star über die Beweggründe, warum er mit Sternegastronomie nie Geld verdiente, und darüber, was Gäste in Zukunft auf der Stromburg erwartet.

Warum der Sinneswandel, nach so vielen Jahren weg vom Fine-Dine in Richtung Casual zu gehen?
Johann Lafer: Das ist ein langer Prozess, der sich eintwickelt, und keine Entscheidung, die man über Nacht trifft. Ich habe die letzten Jahre immer mit großer Freude und auch Respekt beobachtet, wo die kulinarische Reise hingeht. Wir hatten Gäste bei uns, denen die Gerichte schlicht zu komplex waren. Nichts, was sie zwei oder drei Mal im Monat machen würden. Es waren unterm Strich einfach zu viele Komponenten und zu viel Aufwand, um etwas Kulinarisches zu repräsentieren. Und wenn dann ein Koch dasteht und der macht den ganzen Tag nichts anderes, als Dillspitzen zu zupfen, weil auf jeden Tupfen eine Dillspitze kommt, fragt man sich, ob das wirklich dafür steht. Hat das geschmacklich wirklich eine Bedeutung? Wird das alles interessanter, wenn alle mit der Pinzette anrichten? Dazu kommt dann natürlich auch noch der finanzielle Aufwand für solche Gerichte. Die Preise werden immer höher, die Gäste können oder wollen da nicht mehr mit und am Ende bleibt nichts über.
Ist die Sterneküche in den letzten Jahren generell zu komplex für viele Gäste geworden?
Lafer: Absolut. Welcher Mensch kann denn wirklich zwölf verschiedene Komponenten auf einem Teller wahrnehmen, in der Miniatur-Menge, die zum Teil angeboten wird. Wir wollen, dass bei den Gästen etwas ganz Besonderes hängen bleibt und sie sagen, das ist das Geilste, das ich je gegessen habe. Ich möchte auf keinen Fall etwas Negatives über Sternegastronomie sagen, ich habe es ja schließlich selbst über 20 Jahre lang gemacht und habe größten Respekt vor den Kollegen, die diesen Aufwand betreiben. Dennoch glaube ich, dass diese Art von Küche immer mehr etwas für ganz besondere Anlässe sein wird. Wir wollen uns einem breiteren Publikum widmen. Wir müssen ja auch eine neue Generation ansprechen. Es sind nicht mehr nur die oberen Zehntausend, die ins 3-Sterne-Restaurant gehen. Und diese Menschen müssen wir zu dieser Art von Gastronomie hinführen. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Es gibt heutzutage so viele Restaurants: ob peruanisch, indisch, japanisch, was auch immer. Und diese Konzepte funktionieren alle. Warum? Das Thema Genuss ist so breit geworden und wird durch die digitale Welt leichter zugänglich gemacht. Darum ist es um so wichtiger, für sich selbst zu definieren: Wer sind wir? Wofür stehen wir? Und was wollen wir erreichen? Wo Lafer draufsteht, muss Lafer drin sein.
Ich habe mein ganzes Leben  mit Sternegastronomie  keinen Cent verdient.
Johann Lafer über sein Le Val d’Or
War es auch zu einem gewissen Grad eine wirtschaftliche Entscheidung?
Lafer: Klar. Ich habe mit Sterne- gastronomie in meinem Leben keinen Cent verdient. Durch die daraus entstandene Marke und Fernsehauftritte schon, aber niemals mit dem Restaurant. Aber ich bin sehr, sehr dankbar, dass ich das so lange machen durfte.

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Ändert sich jetzt auch das Zusammenspiel zwischen Hotel und neuem Restaurant?
Lafer: Wir haben natürlich noch keine Erfahrungswerte, haben aber im Vertrauen mit Freunden und Stammgästen darüber gesprochen. Und die Resonanz war großartig. Wir hatten ja auch viele Gäste, die gesagt haben: „Mensch, Johann, wir würden gerne öfter kommen, aber 500 oder 600 Euro für zwei Personen pro Abend ist mir einfach zu viel.“ Da wir auch keine Alternative hatten, kamen auch viele Freunde nur ein bis zwei Mal im Jahr. Da braucht man sich auch nichts vorzumachen. Wir leben schließlich von unseren Stammgästen. Wir sind ja nicht mitten in der Stadt.
Wie sieht dein neues Restaurant-Konzept aus? 
Lafer: Wir haben für die Räumlichkeiten unser ehemaliges Bistro umgebaut und das neue Restaurant läuft künftig unter dem Namen Johanns. Alles in allem ist das neue Konzept farbenfroh, modern, elegant und nicht mehr so konservativ wie früher. Für das Interieur haben wir auch neue Tische, die mit Eisen bespachtelt sind, bunte Teller, neue Gläser und, und, und. Damit wollen wir natürlich einerseits unsere bekannte Zielgruppe und Stammgäste ansprechen, aber eben auch neue Leute, die sagen: „Mensch, da geh ich hin. Dort ist es entspannt, casual und trotzdem bekomme ich dort ein exzellentes Essen.“ Mit diesem Konzept willst du auch wieder ein Stück weit zurück zu deinen Wurzeln.
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Mit dem Restaurant Johanns will der Sternekoch und TV-Star Johann Lafer zurück zu seinen Wurzeln und seine Stromburg in Stromberg bei Bingen für ein breiteres Publikum zugänglich machen.
Wie spiegelt sich das in der Speisekarte wider? 
Lafer: Wir haben beispielsweise im Restaurant einen Schrank, in dem es fünf bis zehn verschiedene Schinken und Käse aus der ganzen Welt geben wird. Der Gast soll schon beim Hineingehen von diesen Produkten animiert werden. Wir haben eine große Berkel-Maschine, mit der direkt im Restaurant aufgeschnitten wird. Das wird auf Holztellern mit frischem Bauernbrot und Verhackertem serviert. Die Speisekarte selbst ist mit bekannten Produkten aufgebaut, die aber allesamt mit modernem Twist zubereitet werden. Zum Beispiel gibt es als Vorspeise eine Terrine aus Räucherforelle mit Spinat und einer Meerrettichcreme. Dazu servieren wir eine wunderschöne Sauce mit Limetten und frisch gebackenes Brot. Es sind also Gerichte, die man kennt, aber immer etwas „aufgelafert“. Ein anderes Beispiel dafür ist unser Tatar vom steirischen Almochsen, das mit gebackenem süßen Brot und Trüffelmayonnaise zum Gast kommt. Wir wollen uns einfach modern und nicht mehr so konservativ, wie wir das in der Vergangenheit getan haben, präsentieren. Klassiker neu zu interpretieren, aber dabei niemals zu komplex zu werden und den Geschmack in den Mittelpunkt zu stellen.
Wie geht es mit den Mitarbeitern des Le Val d’Or weiter?
Lafer: Wir haben natürlich einen Teil der Mannschaft behalten. Unser Küchenchef Marcus Noak wird aber in Zukunft kein Teil der Brigade mehr sein. Er hat einen unglaublichen Job gemacht, brennt aber mit Leib und Seele für die High-End-Gastronomie. Wir werden darum mit einem neuen Küchenchef aus meiner Heimat, der Steiermark, dieses neue Konzept umsetzen.
Was passiert mit den Räumlichkeiten des Le Val d’Or?
Lafer: Einerseits nutzen wir die Räume für unser Frühstücksbuffet inklusive großer Terrasse, andererseits hatten wir in der Vergangenheit auch ein kleines Platzproblem für diverse Veranstaltungen. Das haben wir damit gelöst.Darüber hinaus werden wir dort auch eigene Events veranstalten.
www.lafer.de

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