Kultige Krebse

Gernot Heigl, der Mann mit den Scherenhänden
November 13, 2015

Gernot Heigl
Fotos: Monika Reiter

Nur gut, dass der Lebensmittelinspektor im Bezirk Güssing offensichtlich ein sehr entspanntes Gemüt hat. Sonst würde er aufgrund der exotischen Produzenten in seinem Einzugskreis schon ganz schön mit den Knien schlackern. Und das im vermeintlich beschaulichen Südburgenland.

Denn nicht nur, dass im alten Bürgermeisterhaus von Deutsch-Tschantschendorf mit Gerhard Methlagl der ehemalige Masseur des österreichischen Skiteams aus Vorarlberg Hubbeltauben für die Top-Gastronomie züchtet (nachzulesen in ROLLING PIN 163) – nur ein paar Kilometer entfernt befindet sich in Stegersbach auch noch die einzige Flusskrebszucht Europas. Betrieben von Gernot Heigl aus Niederösterreich. „Jedes Mal, wenn der Inspektor wieder bei mir vorbeischaut, meint der Mann, dass er es immer noch nicht glauben kann, dass zwei solche Exoten wie Gerhard und ich in sein Aufgabengebiet fallen. Das ist auch oft Thema, wenn Gerhard und ich gemeinsam auf einen gemütlichen Kaffee gehen“, lacht Heigl. Denn bei all den Kuriositäten verwundert es auch nicht weiter, dass der Vorarlberger Taubenzüchter und der niederösterreichische Herr über Tausende Krebse auch noch gut befreundet sind. Wäre Heigl noch in seinem ursprünglichen Beruf tätig, wäre die Schlagzeile dazu wohl: „Fuchs und Hase waren gestern. Heute sagen sich Taube und Krebs auf dem Land Gute Nacht.“ Denn bevor der heutige Züchter beschloss, neben dem Heurigenbetrieb seiner Eltern eine Halle mit 24 Becken für Krebs, Saibling und Co. aufzustellen, war Heigl ein Medien-Mensch. „Ich habe eigentlich…

Gernot Heigl
Fotos: Monika Reiter

Nur gut, dass der Lebensmittelinspektor im Bezirk Güssing offensichtlich ein sehr entspanntes Gemüt hat. Sonst würde er aufgrund der exotischen Produzenten in seinem Einzugskreis schon ganz schön mit den Knien schlackern. Und das im vermeintlich beschaulichen Südburgenland.

Denn nicht nur, dass im alten Bürgermeisterhaus von Deutsch-Tschantschendorf mit Gerhard Methlagl der ehemalige Masseur des österreichischen Skiteams aus Vorarlberg Hubbeltauben für die Top-Gastronomie züchtet (nachzulesen in ROLLING PIN 163) – nur ein paar Kilometer entfernt befindet sich in Stegersbach auch noch die einzige Flusskrebszucht Europas. Betrieben von Gernot Heigl aus Niederösterreich. „Jedes Mal, wenn der Inspektor wieder bei mir vorbeischaut, meint der Mann, dass er es immer noch nicht glauben kann, dass zwei solche Exoten wie Gerhard und ich in sein Aufgabengebiet fallen. Das ist auch oft Thema, wenn Gerhard und ich gemeinsam auf einen gemütlichen Kaffee gehen“, lacht Heigl. Denn bei all den Kuriositäten verwundert es auch nicht weiter, dass der Vorarlberger Taubenzüchter und der niederösterreichische Herr über Tausende Krebse auch noch gut befreundet sind. Wäre Heigl noch in seinem ursprünglichen Beruf tätig, wäre die Schlagzeile dazu wohl:

„Fuchs und Hase waren gestern. Heute sagen sich Taube und Krebs auf dem Land Gute Nacht.“ Denn bevor der heutige Züchter beschloss, neben dem Heurigenbetrieb seiner Eltern eine Halle mit 24 Becken für Krebs, Saibling und Co. aufzustellen, war Heigl ein Medien-Mensch. „Ich habe eigentlich alles gemacht: Begonnen beim Fotografen und Redakteur bei der Kronen Zeitung bis zum Herausgeber meines eigenen Magazins. Irgendwann hatte ich aber genug von Überfall und Totschlag. Es war Zeit für eine neue Herausforderung“, so Heigl.

Ich bin kein Träumer, sondern ein Geschäftsmann.
Gernot Heigl über den Entschluss sein Pionierprojekt zu starten

 

Nur logisch – zumindest offensichtlich in diesem Teil Österreichs – dass der erste Gedanke Heigls dabei der Etablierung der ersten überdachten Flusskrebszucht Europas galt. Ebenso wie es für Gerhard Methlagl selbstverständlich war, als zweites Standbein neben dem Masseurdasein eine Taubenzucht zu starten. Wobei in Gernot Heigls Fall wahrscheinlich schon das mütterliche Bauchgefühl prägend gewirkt haben dürfte: „Meine Mutter hat noch, bis sie mit mir hochschwanger war, gefischt. Die Liebe zum Wasser wurde mir also in die Wiege gelegt“, schmunzelt Heigl.

Doch natürlich ist der Weg vom geliebten Hobby und der netten Idee bis hin zum Flusskrebslieferanten für Top-Betriebe wie das Steirereck in Wien oder Richard Rauchs Steira Wirt in Trautmannsdorf nicht zu unterschätzen. Heigl: „Ich bin kein Träumer, sondern ein Geschäftsmann. Ich wusste, dass ich die ersten vier Jahre kein Geld verdienen werde.“ Denn vom Ei bis zum Verkauf vergehen in der Krebszucht vier Jahre. Nur gut, dass diese Zeit seit Beginn der Zucht im Jahr 2010 nun erfolgreich durchtaucht ist und die Krebse heute im Endverbraucherpreis für 39 Euro den Besitzer wechseln.

Doch insbesondere die Top-Gastronomie, darunter Spitzenköche wie Heinz Reitbauer, Markus Mraz im Restaurant Mraz und Sohn in Wien oder Harald Irka in der Saziani Stub’n in Straden, freuen sich heute über Heigls Besuch. In den Händen der Küchenmeister entstehen dann Gerichte wie „Flusskrebse mit Pastinaken-Milchrahmstrudel und Limetten“ im Steirereck oder „Stegersbacher Flusskrebse mit Himbeeren, Rosenblüten, Saiblingsroggen und Roten Rüben“ hinter Richard Rauchs Herd im steirischen Trautmannsdorf. Heigl: „Es ist schön, wenn das, wofür das Herz brennt, auch so gut ankommt und funktioniert. Die Top-Köche beziehen meine Produkte ja nicht, weil ich so nett bin, sondern weil die Qualität stimmt“, so der Krebs-Experte.

Schließlich schreibt Heigl diese auch in großen Lettern. Vom Krebsei bis zur Auslieferung. Chemie, Wachstumshormone und temperaturgesteuerte Becken, um das Wachstum der Tiere zu beschleunigen, kommen für den Niederösterreicher dabei nicht infrage. Heigl: „Ich greife nicht in den Kreislauf ein. Bei mir haben die Tiere nur keine Feinde. Das Wasser hat Trinkwasserqualität und künstliche Befruchtung schließe ich sowieso aus. Die Krebse sollen sich bei mir einfach nur wohlfühlen.“

Wobei der erfinderische Züchter nichts unversucht lässt, um seine Halle noch mehr in die ultimative Wohlfühlzone für Flusskrebse zu verwandeln. „Ich habe einmal versucht, meinen Krebsen Fischfutter zu geben. Das hat sich sofort im Fleischgeschmack bemerkbar gemacht.“ Und daher gibt es in Heigls Hallen nun Fischfilets, Kartoffeln, Karotten sowie Erlenblätter zu fressen. „Die Erlenblätter haben eine desinfizierende Wirkung auf das Wasser. Das habe ich irgendwo einmal gelesen“, so Heigl, der sich das nötige Know-how als Pionier der Krebszucht durchwegs selbst angeeignet hat. Die Motivation dahinter: „Zum einen bin ich wie gesagt mit Wasser und Fischen aufgewachsen. Zum anderen wollte ich der Erste sein, dem es gelingt, Flusskrebse in einer Indoor-Kreislaufanlage zu züchten und zu vermehren.“

Gernot Heigl
Selbst ist der Mann

Eine Mission, die geglückt ist. Denn ginge es nach der Nachfrage, so müsste der Niederösterreicher seine Halle um so
einige Becken erweitern. „Mir ist momentan wichtiger, die Zucht in einer Größe zu belassen, die ich auch alleine bewerkstelligen kann“, so Heigl. Zudem gebe es noch ein paar Prozesse, an denen er noch etwas tüfteln wolle, so der fleißige Bastler weiter.

Dabei könnte der Züchter, was angewandte Techniken betrifft, nicht interdisziplinärer unterwegs sein. Ein Beispiel: Krebse brauchen Verstecke, um sich wohlzufühlen. Alles Mögliche habe er ausprobiert, so der Züchter, bis er schließlich in Gittern, die im Normalfall in der Abfallwirtschaft zum Einsatz kommen, die perfekten Krebsverstecke gefunden hatte.

Antibiotika kommen nicht in Frage. Meine Krebse bekommen Fisch, Karotten und Erlenbätter.
Gernot Heigl über das Gourmet-Programm seiner gepanzerten Schützlinge

 

Die Filteranlage stammt dafür aus der Medizin: „Durch den Filter aus der Medizintechnik wird das Wasser regelmäßig gereinigt und in meinen Garten gepumpt, wo dieses die Bäume mit Wasser versorgt. Wassernachschub kommt direkt aus dem Grundwasser“, so Heigl über sein von der EU genehmigtes und wissenschafltich begleitetes Pilotprojekt. „Ich arbeite laufend daran, die Prozesse der Zucht zu verbessern und damit eine veritable und heimische Alternative zu fragwürdiger Importware anzubieten“, spricht der MacGyver der Krebszucht, während er seinen Wagen mit Krebsen und Tauben belädt.

„Ach so, ja, Gerhard und ich wechseln uns in den Lieferungen ab“, lacht Heigl. Nachbarschaftshilfe der kulinarisch-ausgefallenen und offensichtlich Güssinger Art eben.

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