Legenden: der kompromisslose Küchenmeister François Vatel

La cuisine de l’etat, c’est François Vatel: Schon im 17. Jahrhundert verstand der Küchenmeister des Prinzen von Condé ein Festmahl als Gesamterlebnis. Bei dem Versuch, dem Sonnenkönig zu imponieren, lässt er sogar sein Leben.
Oktober 28, 2021 | Text: Alexandra Polič | Fotos: Beigestellt

Es sei Vatel, „der große Vatel, Maître d’Hôtel unseres Prinzen, dieser Mann, fähiger als alle anderen, dessen gesunder Menschenverstand in der Lage war, Sorge für das Wohlergehen eines ganzen Staates zu tragen, er hat sich selbst erstochen“, schreibt die Marquise de Sévigné am 24. April 1671 entsetzt auf ein Blatt Papier. Der Brief, den die französische Adelige an ihre Schwiegertochter adressiert, hält das Ende eines großen Kapitels der Kulinarikgeschichte fest: das Leben des François Vatel.

Francois Vatel

Es sei Vatel, „der große Vatel, Maître d’Hôtel unseres Prinzen, dieser Mann, fähiger als alle anderen, dessen gesunder Menschenverstand in der Lage war, Sorge für das Wohlergehen eines ganzen Staates zu tragen, er hat sich selbst erstochen“, schreibt die Marquise de Sévigné am 24. April 1671 entsetzt auf ein Blatt Papier. Der Brief, den die französische Adelige an ihre Schwiegertochter adressiert, hält das Ende eines großen Kapitels der Kulinarikgeschichte fest: das Leben des François Vatel.

Francois Vatel

Es begann im Jahr 1631 in Paris. Dem Sohn Schweizer Eltern sollte trotz bürgerlicher Abstammung eine ruhmreiche Karriere in den Prunkhäusern der Noblesse bevorstehen. Schon früh diente er dem Prinzen von Condé auf Schloss Chantilly. Für den einflussreichen Feldherren aus dem Königshaus Bourbon wusste er Festmahle zu veranstalten, deren Ausmaße sogar Einzug in die zeitgenössische Literatur fanden. Das überrascht allerdings wenig: Denn Vatel war einer der ersten, der die Cuisine als Gesamterlebnis verstand.

Er überwachte die Entwicklung neuer Speisen, kümmerte sich um die Anordnung der Tische und die Platzwahl, er wählte Tischdekoration mit Bedacht und lehrte seine Angestellten, wie sie sich den Gästen
gegenüber zu verhalten hatten. F&B Management, Experimentalküche, Veranstaltungsplanung, ja sogar Corporate Design – das alles vereinte der Küchenmeister bereits im 17. Jahrhundert auf den glorreichsten Banketten seiner Zeit: la cuisine de l’état, c’est François Vatel.

Kulinarischer Heldentod?

Als sich der Sonnenkönig höchstpersönlich für einen Besuch im Schloss Chantilly ankündigt, setzt Vatel alles daran, ein Fest zu veranstalten, von dem man auch Jahrhunderte später noch sprechen würde. Drei Tage und drei Nächte sollte es dauern, mehrere Tausend Gäste waren geladen, und für die Bestellungen wurden Unsummen veranschlagt. Nur: Für ein Unterfangen, das selbst heute noch den renommiertesten Gastronomen die Schweißperlen auf die Stirn treiben würde, hat der Hotelmanager lediglich 15 Tage Vorbereitungszeit.

Alles für die Kulinarik: ein Bankett für den Sonnenkönig kostete ihn das Leben.
François Vatel galt bis zu seinem Tod als kompromissloser Perfektionist – seine detailreichen Pläne für die Feste des französischen Hochadels markieren den Beginn des F&B Managements

Rund um die Uhr arbeitet Vatel daran, die größte Veranstaltung seines Lebens auf die Beine zu stellen – sogar ein Feuerwerk lässt er eigens inszenieren. In Erzählungen heißt es, er habe zwölf Tage nicht geschlafen. Letzten Endes scheint sich die Mühe gelohnt zu haben. „Es gab alles, was man sich wünschen konnte“, berichtet Madame de Sévigné, ein Dinner bei Mondlicht, umgeben von Narzissen, eine Jagdveranstaltung, meisterhaften Braten.

Aber sein Perfektionismus kostet Vatel letztendlich das Leben: Überzeugt davon, dass der Fisch für das nächste Abendmahl nicht rechtzeitig im Schloss sein würde, stürzt er sich noch im Morgengrauen in seinen Degen. „Und stellen Sie sich vor“, berichtet Madame de Sévigné von jenem verhängnisvollen Abend, „die Fischlieferung kam kurz danach an, möglicherweise sogar während er gerade im Sterben lag.“

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FRANÇOIS VATEL. Das Ausnahmetalent des 1631 geborenen Vatel fiel dem französischen Adel schon früh auf: Seine Karriere begann in der Küche von Nicolas Fouquet, dem damals reichsten Mann Frankreichs. Später dirigierte er sämtliche kulinarischen Belange des Prinzen von Condé auf Schloss Chantilly. Denn Vatel war ein Meister seines Fachs: Als einer der ersten verstand er es, die Cuisine als Gesamterlebnis zu inszenieren. Seine akribische Planung gilt als Vorbild für das heutige F&B Management. Sein Opus magnum aber bleibt ein dreitägiges Fest zu Ehren des Sonnenkönigs Ludwig XIV. – bei dem er sich letzten Endes wegen einer misslungenen Fischlieferung das Leben nimmt.

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