Asylant ist kein Job

Können Asylwerber wertvolle Mitarbeiter sein? Ja. das legal unter Beweis zu stellen, wäre eine riesenchance für Flüchtlinge und ein weg aus der Personalmisere für die Gastronomie. Ein Ziel, das wir mit eurer Stimme erreichen können.
Oktober 6, 2015 | Text: Stephanie Fuchs | Fotos: Helge O. Sommer, beigestellt

Gastronomie als Chance für Flüchtlinge

Wer Stellung bezieht, muss in Kauf nehmen, unbequem zu sein. Die kommenden Seiten befassen sich mit gleich zwei unbequemen Realitäten. Nummer eins: In Österreich haben in den letzten Monaten 20.000 Kriegsflüchtlinge um Asyl angesucht, die meisten von ihnen im arbeitsfähigen Alter, mehr als die Hälfte mit mittlerem oder hohem Ausbildungsniveau. Nummer zwei: In der österreichischen Gastronomie waren im August 2015 29.000 Stellen unbesetzt. Wen Arbeitslosenquoten und fehlendes Personal ebenso wenig kümmern wie Menschen, die nicht mehr besitzen außer dem, was sie am Körper tragen, kann an dieser Stelle gerne aufhören, zu lesen. Alle anderen sind eingeladen, mit uns gemeinsam Stellung zu beziehen.

Ausbildung statt Angstmache

Fakt ist: Zigtausende Asylwerber, die über entsprechende Qualifikationen verfügen oder legal arbeiten möchten, sind in Österreich gesetzlich zum Nichtstun verdammt, bis ihr Asylverfahren abgeschlossen ist. Das kann Jahre dauern. Jahre, in denen Hotel- und Gastro-Betriebe händeringend nach Personal suchen. Wer dennoch Flüchtlinge ohne Asylstatus oder Arbeitsbewilligung beschäftigt, bricht das Gesetz. Was bleibt, sind Verlierer auf beiden Seiten.

In der spanischen Spitzengastronomie hat der Mut, diesen Umstand nicht einfach hinzunehmen, eine beispiellose Bewegung in Gang gesetzt. Vor knapp zwei Jahren stellte der spanische 2-Sterne-Koch Andoni Luis Aduriz einen Flüchtling, den Mugaritz-PR-Chefin Susana Nieto als Anhalter mitgenommen hatte, ein. Seine michelinbesternten Kollegen – von Albert Adrià bis zu Joan Roca – zogen nach. Und gingen damit an die Öffentlichkeit. Warum, ist einfach erklärt: Wenn so viele Spitzenköche de facto das Gesetz brechen, dann erzeugt das enormen politischen Druck. Kleiner, aber wesentlicher Nebeneffekt: Von Grund auf gut ausgebildete Mitarbeiter bleiben dem Betrieb oder der Branche erhalten.

Ein Flüchtling, der einst im Mugaritz als Tellerwäscher anfing, ist mittlerweile etwa Sous Chef in Albert Adriàs Restaurant Tickets in Barcelona. Erfolgsgeschichten wie diese wollen auch immer mehr österreichische und deutsche Hoteliers und Gastronomen geschrieben sehen. Dazu zählen der ehemalige und der aktuelle Präsident der ÖHV, Sepp Schellhorn und Gregor Hoch, ebenso wie die Kulinarik-Ikonen Roland Trettl oder Heinz Winkler. Letzterer bildet in seiner 2-Michelin-Sterne-Residenz in Aschau seit Kurzem zwei Flüchtlinge zu Köchen aus – obwohl ihre Asylanträge noch nicht genehmigt sind. Hotelier Schellhorn quartierte 40 Flüchtlinge in seinem Personalhaus in Bad Gastein ein, sorgt dafür, dass sie Deutschunterricht erhalten, und bietet ihnen die Möglichkeit zur Ausbildung.

Integration à la Schellhorn geht so: Gemeinsam mit Roland Trettl bringt er Freiwilligen das Kochen bei. Drei Monate dauert die Grundausbildung, danach erhalten die Azubis eine Art Zeugnis. Wer eine Arbeitsbewilligung erhält, hat auch gleichzeitig ein Referenzschreiben in der Hosentasche, das Türen zu den besten Betrieben des Landes öffnen kann. Eine Form des Widerstandes gegen die aktuelle Flüchtlingspolitik, die in einer von Personalmangel und Fluktuation gebeutelten Branche wie der Gastronomie aber auch tatsächlich Sinn macht. Die ÖHV tritt vehement für eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Aslywerber ein, die Vorkenntnisse besitzen oder Schlüsselpositionen besetzen können. „Wer arbeiten will, der soll auch arbeiten können“, sagt Gregor Hoch, Präsident der ÖHV.

Deine Stimme für „Chance Gastronomie“

Als eines der größten deutschsprachigen Gastro-Fachmagazine und Sprachrohr der Branche haben wir von ROLLING PIN die Initiative „Chance Gastronomie“ ins Leben gerufen. Wir fordern von der österreichischen Bundesregierung eine unbürokratische und rasche Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber, die arbeitswillig und -fähig sind, um Gastronomen und potenzielle Arbeitskräfte nicht weiter in die Illegalität zu drängen. Unterzeichne, egal woher du bist, die Petition „Chance Gastronomie“ und setze gemeinsam mit uns ein Zeichen für die Zukunft.

www.chancegastronomie.com

Deine Stimme für Chance Gastronomie

UNSERE FORDERUNGEN

Deutsch ab dem ersten Tag
Bereits ab dem ersten Tag des Asylverfahrens müssen verpflichtende Deutschkurse angeboten werden. Denn das ist der Schlüssel zur Integration!
legale Ausbildung und Anstellung
Asylwerbern soll bis zum Abschluss des Asylverfahrens der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert werden. Sie sollen in den Betrieben legal eine Ausbildung erhalten, ein Praktikum absolvieren oder beschäftigt werden können.
Voller Zugang zum Arbeitsmarkt
Asylwerber sollen vollen Zugang zum Arbeitsmarkt spätestens sechs Monate nach Asyl­antragsstellung erhalten und nicht mehr nur für Saison- und Erntearbeit beschäftigt werden dürfen.
Lehrstellen besetzen
Die Beschränkung der Möglichkeit für Asylwerber, eine Lehre zu absolvieren, darf nicht weiter auf Branchen beschränkt sein, in denen es einen Mangel an Lehrlingen gibt.
Legales Einkommen laut Tarifvertrag
Asylwerber müssen mit regulären Arbeitsverträgen legales Einkommen erwirtschaften können, um nicht von der staatlichen Grundversorgung abhängig zu sein oder schwarz-arbeiten zu müssen.
Zugang zu offenen AMS-Stellen
Asylwerber müssen Zugang zu Arbeitsmarktförderungen und Gastronomie- und Tourismus-Jobs, die vom AMS zur Vermittlung stehen, erhalten. Qualifizierung muss ebenso gefördert werden wie Sprachkenntnisse.
Wer sich bewährt, darf bleiben
Asylwerber, die arbeitsfähig und –willig sind und einen Job finden, dürfen nach überstandener Probezeit im Betrieb drei Jahre im Land bleiben, und zwar unabhängig davon, wie und wann über den Asylantrag entschieden wird. So würden den Arbeitgebern qualifizierte Mitarbeiter, die angelernt wurden, auch erhalten bleiben.

Unterstütze auch du die Chance Gastronomie: www.chancegastronomie.com und hilf der Gastronomie und allen, die Teil von ihr sein könnten, mit deiner Stimme auf die Beine.

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