Goodbye Knigge! Diese Benimmregeln sind für die Tonne

Wer Fettnäpfchen im Restaurant vermeiden will, sollte die wichtigsten Benimmregeln kennen. Doch manche davon kann man heute getrost ignorieren.
November 17, 2025 | Text: Redaktion | Fotos: Rolling Pin/Made with AI

Wer heute ein gehobenes Restaurant betritt, bewegt sich in einer Welt, in der Tradition und Moderne aufeinandertreffen. Manchmal ist es gar nicht so einfach, den Spagat zwischen althergebrachten Benimmregeln und der Realität moderner Umgangsformen zu schaffen. Denn die Gastronomie verändert sich ständig – und mit ihr auch die Etikette.

Was früher als unverrückbare Knigge-Weisheit galt, wirkt heute oft steif oder schlicht überholt. Welche Regeln definitiv veraltet sind, und warum Umgangsformen, die Rücksicht und Wertschätzung in den Mittelpunkt stellen, ihren Platz einnehmen, haben wir hier zusammengefasst.

KI-Image-knigge
Wie viele Knigge-Fehler kannst du in diesem Bild erkennen?

Wer heute ein gehobenes Restaurant betritt, bewegt sich in einer Welt, in der Tradition und Moderne aufeinandertreffen. Manchmal ist es gar nicht so einfach, den Spagat zwischen althergebrachten Benimmregeln und der Realität moderner Umgangsformen zu schaffen. Denn die Gastronomie verändert sich ständig – und mit ihr auch die Etikette.

Was früher als unverrückbare Knigge-Weisheit galt, wirkt heute oft steif oder schlicht überholt. Welche Regeln definitiv veraltet sind, und warum Umgangsformen, die Rücksicht und Wertschätzung in den Mittelpunkt stellen, ihren Platz einnehmen, haben wir hier zusammengefasst.

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Wie viele Knigge-Fehler kannst du in diesem Bild erkennen?

Kurz vorweg: Das ursprünglich vom deutschen Schriftsteller Adolph Freiherr Knigge 1788 unter dem Titel “Über den Umgang mit Menschen” veröffentlichte Buch war eigentlich weniger eine Sammlung von Benimmregeln, als eine Abhandlung über Moral und daraus resultierende allgemeine Umgangsformen. Mit der Zeit wurde der Name “Knigge” aber zum Synonym für Benimmratgeber, die sich unter anderem mit Etikette in verschiedenen Situationen beschäftigen.

Wer geht laut Knigge zuerst ins Restaurant?

Viele der Benimmregeln, die noch vor wenigen Jahrzehnten als unumstößlich gehandelt wurden, sind heute eher grobe Richtlinien, die nicht ganz so streng eingehalten werden müssen. Das beginnt beim Betreten des Restaurants: Grundsätzlich, so schreiben es Benimmbücher vor, betritt der Mann vor seiner weiblichen Begleitung das Lokal. Es ist heutzutage aber kein Skandal, wenn die Frau vorangeht – im Gegenteil, wenn sie eingeladen hat oder das Restaurant besser kennt, ist es ganz normal, ihr die “Führung” zu überlassen.

Selbst is(s)t die Frau

Geschlechterspezifische Benimmregeln dürfen generell infrage gestellt werden. So war es früher durchaus üblich, dass bei einem Dinner zu zweit der Mann für die Frau die Bestellung aufgibt und auch über die Weinbegleitung entscheidet. Männer, die beim ersten Date in der Gentlemanrolle aufleben und auf dieses Privileg pochen, werden aber wohl meist nicht auf die erhoffte erfreute Reaktion treffen.

Handy verboten?

Was natürlich in älteren Benimmratgebern nicht berücksichtigt wurde, sind technische Entwicklungen. Zum Beispiel, dass heute nahezu alle von uns ständig ein ganzes Büro in Hosentaschenformat mit dabei haben: Telefon, Mailpostfach und Kamera in einem – und natürlich das geliebte Fenster in die Welt der Sozialen Medien.

Es versteht sich von selbst, dass es nicht nur auf das Gegenüber, sondern auch auf das Personal unhöflich wirkt, seinen Blick nicht vom Smartphone-Bildschirm lösen zu können, anstatt den Moment und die Mahlzeit mit voller Aufmerksamkeit zu genießen. Noch schlimmer ist es, im Speiseraum lautstark zu telefonieren und damit auch noch Tischnachbarn zu stören – sollte ein Telefonat so dringend sein, dass es sich nicht verschieben lässt, geht man damit am besten vor die Tür.

Daher galt lange die eiserne Regel, das Handy ausgeschaltet (oder zumindest auf ‘stumm’) zu verstauen – und ja nicht sichtbar am Tisch zu lassen. Ganz so streng muss man es aber nicht nehmen: Wer zwischendurch sein iPhone zückt, um einen besonders schön angerichteten Teller zu fotografieren, tut damit niemandem weh – und viele Küchenchefs nehmen es als Kompliment, wenn ihre Speisen fotografiert werden, und vielleicht sogar mit Markierung des Restaurants im Netz landen.

Was man hingegen vermeiden sollte, ist das Fotografieren mit Blitz, übermäßig lange Videodrehs – außer mit Erlaubnis des Restaurants – und generell Verhalten, mit dem andere Gäste gestört werden könnten. Außerdem ist zu beachten, dass niemand, der nicht sein Einverständnis abgegeben hat, sein Gesicht später in veröffentlichten Aufnahmen wiederfindet. Zusätzlicher Tipp: Nicht in jedem Restaurant wird Fotografieren gerne gesehen, manchmal ist es sogar ausdrücklich verboten. Natürlich gilt hier, sich an die Hausregeln zu halten.

Komplizierte Besteckregeln waren gestern

Der Held oder die Heldin speist zum ersten Mal in feiner Gesellschaft und ist von der unübersichtlichen Anzahl der Messer und Gabeln, die am Tisch bereitliegen, überfordert – diese Szene ist ja ein bekanntes Filmklischee. Dabei ist es gar nicht so schwierig, die richtige Reihenfolge einzuhalten: Man verwendet einfach für den Gang, der gerade serviert wird, das am weitesten außen liegende Besteckpaar.

Aber sogar darüber muss man sich heute in den meisten Fine-Dining-Restaurants keine Gedanken mehr machen. Die Amuse-bouche ist oft Fingerfood, und selten liegt mehr als ein Besteckset pro Person am Tisch. Wird ein Gericht auf unkonventionelle Art gegessen, wird ohnehin alles vom Personal erklärt.

Und ja, es gibt eine geheime “Bestecksprache”. Durch die Anordnung des Bestecks am Teller kann man Kellner:innen geheime Botschaften übermitteln, etwa über die Zufriedenheit mit dem Essen, oder wenn man sich vor dem nächsten Gang eine Pause wünscht. Da aber nicht davon ausgegangen werden kann, dass jeder diese Sprache spricht, werden solche Botschaften grundsätzlich ignoriert. Am besten, man spricht seine Wünsche einfach aus!

Zero-waste statt Anstandsrest

Früher wurde gelehrt, aus Höflichkeit einen sogenannten “Anstandsrest” übrigzulassen, also nicht die gesamte Mahlzeit zu verputzen. Das erinnert an eine ähnliche Benimmregel, die heute noch in China gilt – bei uns ist sie jedenfalls veraltet. Ob man aufisst oder nicht, entscheidet alleine der Appetit. Wichtig ist nur, nicht ständig große Mengen an Essen zurückzuschicken – um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, sollte man Reste lieber mitnehmen. Restaurants sind in der Regel – spätestens aber seit Corona – mit Mitnehmbehältern für diesen Fall ausgerüstet.

Anstoß vermeiden?

Zwar keine Regel aus dem ursprünglichen Knigge, aber doch eine, die im deutschsprachigen Raum weit verbreitet ist: Anstoßen solle man nur mit Alkohol. Wer alkoholfrei trinkt, hebt zögerlich sein Glas und murmelt ein entschuldigendes “Zwar kein Wein, aber trotzdem Prost …” – das muss heute nicht mehr sein. Immer mehr Menschen trinken keinen Alkohol und sollten dafür nicht ausgeschlossen werden, daher ist diese Regel absolut aus der Zeit gefallen.

Wenn aus filigranen Weingläsern getrunken wird, ist ohnehin empfehlenswert, das Anstoßen zu lassen und sich stattdessen dezent zuzuprosten. Aber wenn schon mit den Gläsern geklirrt wird, wird heute nicht mehr darauf geachtet, womit sie gefüllt sind.

Wein: Geschmack ist farbenblind

Lange galt in der klassischen Etikette der eiserne Grundsatz: Weißwein gehört zum Fisch, Rotwein zum Fleisch. Wer dagegen verstieß, outete sich als kulinarischer Laie. Doch die moderne Gastronomie hat diese dogmatische Trennung längst über Bord geworfen. Sommeliers arbeiten heute aromenorientiert – und das bedeutet: erlaubt ist, was harmoniert.

Ein leichter, elegant gekühlter Rotwein kann hervorragend zu gegrilltem Fisch passen, während ein kraftvoller, im Holz ausgebauter Weißwein ein Steak überraschend gut begleiten kann. Die neue Regel lautet: Geschmack schlägt Tradition. Die Serviceprofis beraten individuell, nicht nach Lehrbuch – und genau das macht den Reiz aus.

Eierteilen ist erlaubt

Auch die berühmte Knigge-Regel, Eier keinesfalls mit dem Messer zu schneiden, stammt aus einer Zeit, in der Besteck noch aus empfindlichen, nicht rostfreien Legierungen bestand. Eiweiß führte zu unschönen Verfärbungen, und das Messer konnte stumpf oder fleckig werden. Heute jedoch bestehen Messer aus hochwertigen, widerstandsfähigen Materialien, die keinerlei Reaktion mit Ei zeigen. Die Regel ist daher schlicht überflüssig geworden. Ob beim Frühstücksei oder beim klassischen Ei Benedict: Wer das Ei mit dem Messer teilt, begeht keinerlei Fauxpas.

Bezahlen: Höflichkeit ohne Geschlechterrollen

Traditionell galt es als selbstverständlich, dass Männer die Rechnung übernehmen – sei es beim Date, beim Geschäftsessen oder beim feinen Abendessen zu zweit. Moderne Etikette orientiert sich jedoch nicht an Geschlechterrollen, sondern an Fairness und Absprache.

Wer einlädt, zahlt. Punkt. In allen anderen Fällen ist es vollkommen normal, die Rechnung zu teilen oder unkompliziert digital zu begleichen. Auch das ritualisierte „über die Rechnung kämpfen“ gehört der Vergangenheit an. Eleganter ist es, vorab kurz zu klären, wie bezahlt wird – oder dem Service diskret mitzuteilen, wer übernimmt.

Benimmregeln heute: Respekt statt Knigge

Heute steht nicht mehr die starre Anwendung althergebrachter Tischsitten im Vordergrund, sondern ein respektvolles, bewusstes Miteinander. Das gilt auch und vor allem für den Umgang mit dem Servicepersonal: freundlich kommunizieren, das Personal ausreden lassen, gerne mal Geduld walten lassen.

Zu diesem respektvollen Umgang gehört auch, dass man auf jeden Fall pünktlich auftaucht (oder zumindest früh genug storniert), wenn man einen Tisch reserviert hat. Sonderwünsche und Allergien sollten im Voraus bekanntgegeben werden, um die Arbeit für Service und Küche einfacher zu machen.

Moderne Etikette bedeutet also nicht, mehr Regeln zu befolgen – sondern die richtigen. Statt steifer Vorgaben zählen heute Aufmerksamkeit, Respekt und ein Gespür für die Atmosphäre. Damit wird der Restaurantbesuch für alle am Tisch, aber auch für das Team dahinter, zu einem echten Genuss.

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