Michael Käfer: Feuer statt Flamme

Vor 38 Jahren sperrte Michael Käfer die Disco P1 auf. Heute ist er Münchens ultimative Gastrogröße. Aber auch für ihn sind die Zeiten fordernd. Doch statt zu jammern, brennen Mister Oktoberfest konkrete Lösungen unter den Nägeln. Und über allen steht das Ziel, in anderen Feuer zu entfachen.
Juli 21, 2022 | Text: Johannes Stühlinger | Fotos: Julia Losbichler, Thorsten Jochim, Thomas Rosenthal

Bei Ihnen sind einst Legenden wie Mick Jagger an der Bar gesessen. Heute sind Sie selbst eine Legende – und geben rund 1500 Menschen Arbeit. Wie haben Sie die zwei Jahre Pandemie überlebt?
Eines gleich vorweg: Wenn man sich selbstständig macht, dann muss man aufhören zu jammern. Das ist ganz wichtig. Die Sache ist die: Es gibt gute Zeiten. Und es gibt schlechte Zeiten. Wir hatten in den vergangenen Jahren wirklich viele gute Zeiten, das vergisst man in der Krise ganz schnell. Aber natürlich waren die vergangenen zwei Jahre auch für uns schwierig.

Michael Käfer
Vegetarische Küche? Wird seit Neuestem im „Green Beetle“ von Michael Käfer großgeschrieben. Und das erfolgreich!

Bei Ihnen sind einst Legenden wie Mick Jagger an der Bar gesessen. Heute sind Sie selbst eine Legende – und geben rund 1500 Menschen Arbeit. Wie haben Sie die zwei Jahre Pandemie überlebt?
Eines gleich vorweg: Wenn man sich selbstständig macht, dann muss man aufhören zu jammern. Das ist ganz wichtig. Die Sache ist die: Es gibt gute Zeiten. Und es gibt schlechte Zeiten. Wir hatten in den vergangenen Jahren wirklich viele gute Zeiten, das vergisst man in der Krise ganz schnell. Aber natürlich waren die vergangenen zwei Jahre auch für uns schwierig.

Michael Käfer
Vegetarische Küche? Wird seit Neuestem im „Green Beetle“ von Michael Käfer großgeschrieben. Und das erfolgreich!

Nein, ich muss mich gleich wieder relativieren: Wir als etabliertes Unternehmen hatten es im Vergleich zu anderen viel leichter. Auch in der Krise. Das liegt an schweren Zeiten, die schon lang hinter mir liegen. In denen habe ich nämlich gelernt, dass das Wichtigste im Leben eines Unternehmers seine Liquidität ist!

Nur wenn ich für die Menschen im Unternehmen auch die richtige Rolle finde, kann ich in ihnen das notwendige Feuer entfachen.
Michael Käfer über die zukünftige Rolle der HR

Und diese war vor Ausbruch der Pandemie so gut?
Ja, deshalb rede ich heute leichter als andere. Weil wir eine hohe Liquidität hatten und haben, konnten wir diese zwei Jahre – oder auch länger – positiv überstehen. Dann hat natürlich der Staat, sowohl in Österreich als auch in Deutschland, sehr geholfen. Da muss man dem Staat auch wahnsinnig dankbar sein. Wichtig aber ist vor allem, dass man diese Zeit dazu genutzt hat und nutzt, um Gutes daraus zu machen. Wir haben diese Phase zum Anlass genommen, einige neue Themen aufzugreifen und konkret anzusehen. Ganz vorn stand da das Thema „Nachhaltigkeit“.

Das haben viele, aber was ist bei Ihnen herausgekommen?
Im Großraum München etwa haben wir einige kleinere und größere Delis aufgemacht. Läden mit sehr viel Frischware, mit tollem Käse, feiner Wurst, mit schöner Pâtisserie. Mit Produkten, die ich im Supermarkt nicht in der Qualität finde. Moderne Greißler, wenn man so will. Auch unser vegetarisch-veganes Gastro-Konzept des Green Beetle, der schon erfolgreich läuft, ist in dieser Zeit entstanden. Aber wir mussten auch negative Themen auf unsere Liste setzen …

Ich nehme an, Sie sprechen die Personalproblematik an, oder?
Genau. Dabei hatte ich noch Glück, weil in den Führungskreisen wirklich alles zusammengeblieben ist. Aber obwohl wir wirklich versucht haben, jeden, der gehen wollte, irgendwie zu halten, haben wir sehr viele Mitarbeiter verloren. Und heute merke ich vor allem bei Veranstaltungen, wenn du 500 oder 1000 Leute brauchen würdest, wie groß das Problem wirklich geworden ist. Du bekommst die Mitarbeiter nicht zusammen! Das ist bitte kein Jammern, sondern eine Herausforderung. Sie gibt uns den Grund, über alles nachzudenken: Ist der Job richtig ausgestaltet? Wie verkaufe ich die jeweilige Aufgabe? Wie bezahle ich diese? Vor allem: Wie bringe ich rüber, dass es sich hier um den schönsten Beruf der Welt handelt?

Wie kann es gelingen, das Feuer überspringen zu lassen?
Damit das gelingt, muss in Zukunft der wichtigste Aspekt Human Ressources, also HR, sein. Deshalb machen wir intern gerade aus der HR-Position eine Geschäftsführungsposition. Es war noch nie so wichtig, für den jeweiligen Mitarbeiter die passende Rolle zu finden. Denn nur dann kann ich in dem jeweiligen Menschen das Feuer, das notwendig ist, entfachen. Und wenn es mir gelungen ist, den Boden für dieses Feuer zu schaffen, dann muss ich natürlich dieses noch in Gang bringen. Das wiederum gelingt nur, indem ich und jeder im Unternehmen das vorlebt, worum es geht. Die zweite Komponente ist dann die Wertschätzung, ohne diese verpufft jedes Feuer gleich wieder.

Michael Käfer
Im Auftrag von Clarissa und Michael Käfer konzipierten die Designer Thomas Mang (links) und Stefan Mauritz das neue grüne Gastrokonzept Green Beetle.

Doch das wird nicht reichen. Was muss noch passieren?
Nehmen wir einen Koch oder eine Köchin als Beispiel. Sie müssen heute ihr Handwerk perfekt verstehen, gleichzeitig aber auch Manager sein. Sie müssen vor allem – und da heißt es bei uns allen umzudenken – nicht nur fertige Köche anleiten, sondern auch Menschen, die mit wenig Fachwissen aus anderen Bereichen in die Branche kommen. Das sind bitte auch keine Kochhilfskräfte, das sind Assistenten, die wir hegen und pflegen werden. Das Szenario, in dem der Meister am Ende noch immer jeden Schliff überwacht, das wird es nur noch in der Sternegastronomie geben. In der normalen Gastro muss man da anders und effizienter denken.

Inwiefern werden auch Digitalisierung und Automatisierung eine Rolle spielen?
Eine große! In der Küche werden wir mit unterschiedlichen Maschinen richtig und effizient umgehen können müssen. Mit Maschinen, die immer komplexer und komplizierter werden. Das macht vieles einfacher und produktiver.

Es geht also auch um einen Wandel der spezifischen Berufsbilder. Wie kann dieser gelingen?
Ganz klar durch gezielte Aufwertung und Fortbildung. Aber du kannst das alles nur weiterbringen, wenn du das Verständnis des einzelnen hast. Und wirklich die Person, die dahintersteht und sagt, Mensch, ich will das und es ist sinnvoll. Es muss mir als Gastronom gelingen, die Menschen dahingehend zu motivieren, ihre Arbeitsabläufe genau zu überdenken. Sich konsequent zu fragen: Wie mach ich das produktiver? Wie mach ich das schneller? Um eben mit weniger Leuten die gleiche Leistung zustandezubringen, wie in der Vergangenheit.

Michael Käfer
Maß und Bierbreze – beides gehört genauso zum Oktoberfest wie Kellner und Kellnerinnen in Tracht. Allein, an diesen mangelt es derzeit!

Hinzu kommt wohl auch, dass man den Menschen mehr Gehalt zahlt. Wie wird sich das ausgehen?
Einen Teil davon kann man sicher an den Gast weitergeben. Aber gewiss nicht die 100 Prozent dieses Deltas. Der Rest muss durch Produktivität entstehen, durch Abläufe, die man verbessert. Aber vielleicht kann man auch in anderen Themen Dinge sparen. Wie etwa bei der Küchenausstattung. Die muss zwar perfekt sein, braucht aber vielleicht weniger Raum als gedacht? Man muss alles auf den Prüfstand stellen, um auf der einen Seite mit Recht jedem Einzelnen mehr Geld geben zu können und auf der anderen Seite dieses Geld zu sparen. Gerade da können wir – ich nehme das Wort nur ungern in den Mund – sehr viel von der Industrie lernen! Die war immer schon gezwungen, produktiver zu werden. Außerdem kann man auch zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Stichwort: Zero Waste.

Inwiefern zahlt das auf die Produktivität im Betrieb ein?
Eines gleich vorweg: Wir sind selbst gerade bei 25 bis 30 Prozent, was das Thema Nachhaltigkeit betrifft. Aber wir sind auf dem Weg, auf einem weiten Weg. Auf einem, der, abgesehen von der logischen Notwendigkeit, noch zusätzliche positive Aspekte und viele wirtschaftliche Facetten hat. Am einfachsten kann man das am Beispielthema Food Waste darstellen. Wenn es gelingt, zu erklären, dass wir nicht nur anständigere Menschen sind, wenn wir übriggebliebene Lebensmittel nicht wegwerfen, sondern damit sogar Geld sparen können, das wieder in Kollegen investiert wird, hat das einen viel stärkeren Impact als alle anderen Maßnahmen. Außerdem aber kann ich so wieder im HR-Bereich punkten. Denn genau nach diesen Dingen fragen die Menschen, die heute in die Branche kommen. An uns Unternehmern liegt es, solche Ketten, solche Win-Win-Situationen zu schaffen. Das führt langfristig dann auch wieder dazu, dass das Feuer bei den Kollegen auflodert. Und überspringt.

www.feinkost-kaefer.de

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MICHAEL ALEXANDER KÄFER
Als ältester Sohn des Münchner Gastronomen Gerd Käfer studierte Michael Käfer erst Betriebswirtschaften, ehe er mit 26 Jahren die Nobeldisco P1 eröffnete. Der Promimagnet machte Käfer schnell berühmt. Schließlich übernahm er 1995 die alleinige Geschäftsführung der Käfer-Betriebe und ist seither Chef über den Feinkosthandel, den Party-Service und die Gastronomie inklusive der Käfer Wiesn-Schänke auf dem Oktoberfest sowie vielen weiteren Gastrobetrieben. Der nachhaltige Green Beetle ist sein neuester Coup.

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