Flaschen und Sommeliers

Reinhold Forobosko sagt, wie’s geht: Welche Sommelierausbildungen top sind, welche flop und wie viel Geld Sie investieren müssen, damit Sie keine Flasche sind.
November 13, 2015

Reinhold Forobosko mit einem Glas Wein auf gestapelten BüchernFisch am istrischen Strand. Der Wein blubbert aus einem riesigen Glasballon in Kunststoffbecher. „Ehrlich und hausgemacht“, wird versichert. Dieses Bild spiegelt – seiner Simplizität zum Trotz – die Basistätigkeit des ehrbaren Berufsstandes des Sommeliers wider: beraten, informieren, ein- und nachschenken. Gleich vorweg – Sommelier mit „Weinkellner“ zu übersetzen, käme in etwa der Degradierung von Köchen zu „Schnitzelproduzenten“ gleich. Meister ihres Faches könnten ein Menü auch mit den passenden Mineralwässern begleiten, mit Grüntees verschiedener Provenienz, mit Cognacs, Fruchtsäften, Bieren, unterschiedlichen Milchsorten. Alles über Kaffee, Zigarren, Käse sollte die Sommelière/der Sommelier auch noch wissen – echte Lexika auf zwei Beinen sind also für diesen Job gefragt. Wissen ist zwar Macht, aber trotzdem nur die halbe Miete. Weineinkauf, Vorratshaltung, Kalkulation, Kellermanagement, Mitarbeiterschulung etc. heißt in konkrete Berufe umgesetzt: floor sommelier, wine director, cellarmaster, restaurant manager

Reinhold Forobosko mit einem Glas Wein auf gestapelten BüchernFisch am istrischen Strand. Der Wein blubbert aus einem riesigen Glasballon in Kunststoffbecher. „Ehrlich und hausgemacht“, wird versichert. Dieses Bild spiegelt – seiner Simplizität zum Trotz – die Basistätigkeit des ehrbaren Berufsstandes des Sommeliers wider: beraten, informieren, ein- und nachschenken. Gleich vorweg – Sommelier mit „Weinkellner“ zu übersetzen, käme in etwa der Degradierung von Köchen zu „Schnitzelproduzenten“ gleich. Meister ihres Faches könnten ein Menü auch mit den passenden Mineralwässern begleiten, mit Grüntees verschiedener Provenienz, mit Cognacs, Fruchtsäften, Bieren, unterschiedlichen Milchsorten. Alles über Kaffee, Zigarren, Käse sollte die Sommelière/der Sommelier auch noch wissen – echte Lexika auf zwei Beinen sind also für diesen Job gefragt. Wissen ist zwar Macht, aber trotzdem nur die halbe Miete. Weineinkauf, Vorratshaltung, Kalkulation, Kellermanagement, Mitarbeiterschulung etc. heißt in konkrete Berufe umgesetzt: floor sommelier, wine director, cellarmaster, restaurant manager, f&b director, lounge manager, beverage manager, maitre d’s, winery manager, wine stewards – so heißen die offenen Stellen internationaler Natur, nachzulesen unter andern auf . Der Sommelier ist wieder dort angelangt, wo er historisch beheimatet war. Als „saumelier“ („Vorrat“ im Altfranzösischen) war er seinerzeit kulinarischer Rundumbetreuer feiner Herrschaften.
Im 21. Jahrhundert haust diese ehemalige Berufsbezeichnung im luftleeren Raum. Sommelier darf sich jeder nennen, der den Flascheninhalt zielsicher in ein Glas befördert. Beim „Diplomsommelier“ und ähnlichen Bezeichnungen schaut’s natürlich ganz anders aus. Bleiben wir zunächst in Österreich. Da darf der Mensch mit Drang zum Feintrinken schon als Schüler ans flüssige Material. Einschlägige Schulen bieten die Ausbildung zum „Sommelier an Schulen“ an. Was mehr der Allgemeinbildung, denn der Gastronomie dient. Denn die allermeisten Absolventen landen nun einmal nicht im Service. Da würden die Koch- und Kellnerlehrlinge schon ein entschieden größeres Human-Resource-Potenzial bieten. Sorry, zurzeit wird für den Nachwuchs keine formelle Zusatzausbildung angeboten. Was nun das WIFI (Wirtschaftsförderungsinstut) auf den Plan ruft. Selbiges vermittelt dem „Jungsommelier“ in 120 Stunden österreichzentriertes Wein-Basiswissen. Auch danach bleiben angehende Weinwisser dieser Instition treu. Der WIFI-Diplomsommelier kostet an die 3000 Euro und umfasst 2 dreiwöchige Kurse. Im ersten Part stehen Themen wie Kellertechnik, Getränkekunde, Weinwelt Österreich, Harmonielehre (Speisen und Wein – eh klar!), Kalkulation, Weingesetz, Weinservice unter anderen auf dem Stundenplan. Im 2. Teil werden die Basics zum Weinbau der Welt vermittelt.
Ganz ähnlich zeigt sich die Ausbildungssituation in Deutschland. Dort besuchen angehende Weinkellner die Kurse der IHK (Industrie- und Handelskammer) und schließen den Lehrgang als IKH-geprüfter Sommelier ab. Der Aufwand: 2 Schultage pro Woche für die Dauer eines halben Jahres (darunter auch 2 Tage auf einem Weingut) und 3500 Euro Investition. Als feine Anlaufstelle gilt die IHK in Koblenz („Wein im Schloß“), Hamburg hat die Kurse seit knapp 4 Jahren im Programm, Berlin seit einem Jahr.

Weingläser, gefüllt mit unterschiedlichen Weinsorten Recht intensiv scheint die Ausbildung an der Hotelfachschule Heidelberg zu sein. Ganze 1200 Stunden – oder ein Schuljahr mit 34 Wochenstunden – lang werden alle Aspekte von Wein und Anverwandtem unterrichtet. Die Kosten dieses Intensivkurses sind durchaus human: ca. 2000 Euro plus Unterkunft, Verpflegung und Bücher.
Die Sommelier-Union Deutschland bietet zwar keine spezifische Ausbildung an, dürfte aber für Jobsuchende eine passende Andockstelle darstellen. Man verzeichnet an die 1000 Mitglieder, die aber nicht zwangsläufig den Beruf des Sommeliers ausüben.
Unzählige deutsche Weinkundige kochen ihr eigenes Süppchen. Das umfangreiche Angebot checkt man z. B. unter oder .
Die absolut umfangreichste (und auch schwierigste) Ausbildung offeriert zurzeit die Weinakademie Österreich. Wie auch nicht? Der positive Abschluss des Lehrgangs ist die Vorstufe zum Weinhimmel – zum begehrten Kürzel „emdablju“ MW, dem Master of Wine. Mehr geht nicht, zumindest hier auf Erden! Das in London angesiedelte Institut zeichnet für die härteste Weinprüfung der Welt verantwortlich. Ganze 264 Menschen aus 22 Nationen haben sich seit 1953 zum Nobelpreis auf dem Weinsektor durchgekämpft, darunter die Deutschen Jürgen von der Mark und Markus del Monego und Österreichs Dr. Josef Schuller, der GF der Weinakademie Österreich.
Seit 2002 besteht eine intensive Kooperation mit der FA/FH Geisenheim, die Schweiz wird betreut, Südtirol und Ungarn auch. Die Ausbildung umfasst 3 Stufen: Basisseminar (am Wochenende oder als Abendkurs/220 Euro), Aufbauseminar 1 und 2 (Abend- oder Blockveranstaltung/395 Euro bzw. 520Euro) und schließlich das Diplom in Wines and Spirits (7 Units, ca. 2 bis 3 Jahre, 3400 Euro). WIFI Sommeliers oder Absolventen einer äquivalenten internationalen Ausbildung können gleich im Diploma einsteigen.
Wenn wir schon international unterwegs sind, gleich noch ein wenig Aufklärung zu diversen Titeln wie „Sommelier of the Year“. So wie beim Boxen oder anderswo wollen auch in der Weinwelt gar viele mitcatchen (und mitcashen!). Seit 1969 existiert die L’Association de la Sommellèrie Internationale, in Kurzform l’ASI. 41 Länder zwischen Andorra und Venezuela gehören dieser Vereinigung an. Nach diversen Streitereien hat sich vom italienischen Zweig der ASI ausgehend eine neue internationale Gruppierung gebildet, die sich WSA (für World Sommelier Association) abkürzt. Scheint aber der Homepage () und den Mitgliedern nach ein italienisches Heimspiel zu sein.

>> Hier wird gelehrt und geleert

www.wifi.at
Hier werden die Österreicher zum Diplomsommelier, sofern sie über 6 Wochen Zeit und 3000 Euro verfügen.

www.ihk.de
In Berlin, München, Koblenz und Hamburg. Ausbildung zum IHK-geprüften Sommelier. Dauer: 2 Schultage, ein halbes Jahr lang. Kosten: 3500 Euro.

www.hotelfachschule-heidelberg.de
Vollzeitausbildung mit ca. 1200 Stunden Unterricht. Dauer: 1 Jahr. Um ca. 2000 Euro plus Unterkunft etc.

www.weinschule.de
Hunderte Anbieter von Kurzseminaren, Verkostungstrainings, Workshops. Auch im letzten Kaff findet offenbar Wein statt. Viele Schnäppchen: zum Beispiel „Wein und Glas“ in Böblingen (30 Euro) oder eine Weinprobe an der Mosel/Weingut Friedrich Storck um gerade einmal 6 Euro.

www.weinschule.com
Alle Daten zur IHK-Weinschulung.

www.viniversitaet.de
Dahinter steckt der Weingigant HAWESKO. Basiswissen und mehr. 3 Stunden ab 78 Euro.

www.weinakademie.at
Der größte deutschsprachige Anbieter mit den vermutlich höchsten Ansprüchen. Die 3-stufige Ausbildung dauert – je nach Engagement – mindestens 3 Jahre und endet mit der Prüfung zum Weinakademiker/Qualifikation für den „Master of Wine“-Lehrgang. Kosten: ca. 5000 Euro.

www.sommelier-union-deutschland.de
Dachorganisation der deutschen Sommeliers. Hier lassen sich feine Kontakte knüpfen. Freiwillige Mitgliedschaft.

www.sommelier.at
Das österreichische Pendant zur deutschen Sommelier-Union.

www.mastersommeliers.org
Die vermutlich anspruchsvollste Sommelier-Ausbildung in den USA.

www.sommelierjobs.com
Auf dieser Website finden sich tolle Weinjobs weltweit.

>> Interview

Gunnar Tietz,
Chefsommelier im Berliner „First Floor“, zählt zur Elite unter den deutschen Sommeliers. Die von ihm kreierte Weinkarte heimste so ziemlich alle wichtigen Auszeichnungen ein.

ROLLING PIN: Welche Eigenschaften braucht ein Sommelier?
Gunnar Tietz: Ich war Leistungssportler und den Willen zum Siegen, der Erste zu sein, habe ich in den Beruf mitgebracht. Leidenschaft und Hobby sind bei mir seit 1990 Beruf und vice versa. Was angehende Sommeliers noch brauchen: einen ganz langen Atem. Denn man soll sich ja nicht nur in der Weinwelt auskennen, sondern seinen Beruf als den eines generellen Genussmanagers verstehen. Wichtig sind also Kontakte zu Genusserzeugern, wie z. B. Winzern, Händlern etc.

ROLLING PIN: Was noch?
Tietz: Das ganze Fachwissen nützt nichts, wenn eine natürliche Ausstrahlung fehlt, ein offenes Wesen. Und zum Erfolg gehört auch ein (finanz-)starker Partner, der Freiräume einräumt. Es schadet nicht, ein bisschen verrückt zu sein, eigene Ideen zu entwickeln.

RP: Die Sternstunden im Job?
Tietz: Weinerlebnisse à la 1945 Mouton-Rothschild – auf diesem Gut war ich auch zur Weinlese eingeladen – oder auch eine 1990er Pinot Reserve von Friedrich Becker/Pfalz. Die Weinreisen quer durch Europa, nach Argentinien, Neuseeland, Chile. Jede Anerkennung der harten Arbeit, sei es durch die Bezahlung oder durch Auszeichnungen. Aber meine Nummer 1 ist der absolut zufriedene Gast.

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