Zehn Tage durcharbeiten? Neue Regelung in der Türkei sorgt für Zündstoff
Die Türkei gilt als eines der beliebtesten Reiseziele der Welt. Millionen Tourist:innen strömen jedes Jahr an die Küsten, in die Städte und Kulturschätze des Landes. Doch hinter dem freundlichen Lächeln im Hotel, dem aufmerksamen Service im Restaurant und der gepflegten Anlage steckt viel harte Arbeit – und künftig womöglich noch mehr davon.

Die Türkei gilt als eines der beliebtesten Reiseziele der Welt. Millionen Tourist:innen strömen jedes Jahr an die Küsten, in die Städte und Kulturschätze des Landes. Doch hinter dem freundlichen Lächeln im Hotel, dem aufmerksamen Service im Restaurant und der gepflegten Anlage steckt viel harte Arbeit – und künftig womöglich noch mehr davon.

Denn mit Beginn der aktuellen Reisesaison trat eine Gesetzesänderung in Kraft, die die Regelung zum wöchentlichen Ruhetag für Beschäftigte im Tourismussektor aufweicht. Bislang war ein freier Tag nach spätestens sechs Arbeitstagen gesetzlich vorgeschrieben. Künftig kann dieser – laut dem neuen Gesetzesblatt – auf Antrag des Arbeitnehmers auch zu einem späteren Zeitpunkt genommen werden.
Zehn Tage am Stück – bald die Norm?
Was auf dem Papier nach Flexibilität klingt, bedeutet in der Praxis für viele Beschäftigte eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen. Gewerkschaften und Oppositionspolitiker:innen schlagen Alarm: Sie fürchten, dass eine zehntägige Arbeitswoche zur neuen Normalität wird – und das unter dem Deckmantel der Freiwilligkeit.
Die Verantwortung über die Wochenruhe dem Arbeitgeber zu überlassen, sei gefährlich, warnt Gülşah Deniz Atalar, Vizevorsitzende der größten Oppositionspartei CHP und zuständig für Kultur und Tourismus. Zwar ist theoretisch die Zustimmung der Arbeitnehmer Voraussetzung, doch der Druck, solchen „Anträgen“ zuzustimmen, sei in der Realität kaum auszublenden, wie verschiedene Medien berichten.
Ein Angriff auf grundlegende Rechte
Auch die Gewerkschaft Disk übt scharfe Kritik. Für Gökhan Aslan, Generalsekretär der Arbeitnehmervertretung, sei laut Medienberichten klar. Die Maßnahme sei ein „direkter Angriff auf eines der grundlegendsten Rechte der Beschäftigten“ – nämlich das Recht auf Erholung. Es dürfe nicht sein, dass dieses Recht saisonalen Gewinninteressen der Arbeitgeber geopfert werde.
Er warnt zudem vor weitreichenden Folgen: Was im Tourismussektor heute Realität werde, könne schon morgen auch auf andere Branchen übergreifen. Der Druck auf Arbeitnehmer nehme zu, während gesetzliche Schutzmechanismen zurückgefahren würden.
Ministerium schweigt – Befürworter beschwichtigen
Das türkische Tourismusministerium hat sich bisher noch nicht zu dem neuen Gesetz geäußert. Befürworter:innen der Regelung argumentieren hingegen, dass das Recht auf Erholung nicht geschwächt, sondern lediglich „flexibler“ gestaltet werde – ein Begriff, den Kritiker:innen als beschönigend ablehnen.
Die Realität, so sagen viele Beschäftigte, sehe anders aus: Wochenlange Arbeit ohne einen einzigen freien Tag sei bereits jetzt keine Seltenheit – und werde mit dem neuen Gesetz noch zunehmen.
Ein Appell an die Urlauber:innen
Gökhan Aslan richtet sich auch an die Reisenden selbst: Tourist:innen sollen sich bewusst machen, was hinter den diversen Dienstleistungen stecke – nämlich harte Arbeit unter teils schwierigen Bedingungen. Wer einen Blick hinter die Kulissen wage, sehe, dass nicht alles glänzt, was im Urlaubsparadies strahlt.