Cryoconcentration

Stickstoff 2.0: Wie kreative Köche eiskalt Ferran Adriàs Erbe revolutionieren.
November 13, 2015

Fotos: Moto/Homaro Cantu, Modernist Cuisine, Shutterstock
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Molekularpapst Ferran Adrià sorgte zu Beginn des Jahrhunderts in seiner Kreativschmiede für kalte Schauer auf den Gaumen der Gourmets. Denn im elBulli in Roses, in der Nähe von Barcelona gab es Brombeeren, in deren Einzelfruchtzellen zerteilt, und spektakuläre Dampfeinlagen – alles mithilfe von Flüssigstickstoff und Co. Heutzutage hat die next Generation der Kreativköche diese Techniken schon längst auf ein neues Level gehoben. Quique Dacosta, 2-Sterne-Koch im gleichnamigen Restaurant in Dénia in Spanien, wurde durch LN2, so die in Küchen gebräuchliche Abkürzung für flüssigen Stickstoff, sogar zum Food-Alchemisten. Denn er verwandelt Parmesanschaum durch ein kurzes Bad in flüssigem Stickstoff und dann gewälzt im Steinpilzpulver in schwarze Kulinarik-Edelsteine, nämlich in schwarze Trüffeln.

Flüssiger Stickstoff ist ein perfektes Experimentier-Tool. Nach der Induktion wird jetzt Ln2 die High-Cuisine erobern.

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Homaro Cantu, Sternekoch Restaurant Moto

Und Ben Roche, Chef-Pâtissier im Avantgarde-Restaurant Moto in Chicago lässt es sogar aus den Mündern und Ohren seiner Gäste rauchen, wenn sie auf das…

Fotos: Moto/Homaro Cantu, Modernist Cuisine, Shutterstock
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Molekularpapst Ferran Adrià sorgte zu Beginn des Jahrhunderts in seiner Kreativschmiede für kalte Schauer auf den Gaumen der Gourmets. Denn im elBulli in Roses, in der Nähe von Barcelona gab es Brombeeren, in deren Einzelfruchtzellen zerteilt, und spektakuläre Dampfeinlagen – alles mithilfe von Flüssigstickstoff und Co. Heutzutage hat die next Generation der Kreativköche diese Techniken schon längst auf ein neues Level gehoben. Quique Dacosta, 2-Sterne-Koch im gleichnamigen Restaurant in Dénia in Spanien, wurde durch LN2, so die in Küchen gebräuchliche Abkürzung für flüssigen Stickstoff, sogar zum Food-Alchemisten. Denn er verwandelt Parmesanschaum durch ein kurzes Bad in flüssigem Stickstoff und dann gewälzt im Steinpilzpulver in schwarze Kulinarik-Edelsteine, nämlich in schwarze Trüffeln.

Flüssiger Stickstoff ist ein perfektes Experimentier-Tool. Nach der Induktion wird jetzt Ln2 die High-Cuisine erobern.
Homaro Cantu, Sternekoch Restaurant Moto

Und Ben Roche, Chef-Pâtissier im Avantgarde-Restaurant Moto in Chicago lässt es sogar aus den Mündern und Ohren seiner Gäste rauchen, wenn sie auf das in LN2 getauchte Merengue beißen. Die Schaumstruktur isoliert die Speise, sodass nur eine hauchdünne Oberflächenschicht gefriert und für die Gäste somit keine Gefahr besteht, sich Erfrierungen zuzuziehen. Denn alle übrigen Komponenten müssen vor dem Servieren unbedingt im Kühlschrank aufgewärmt werden. Kommt das Baiser mit der Feuchtigkeit im Mund in Berührung, sind rauchende Köpfe garantiert. Das Beste an der Sache: Nathan Mhyrvold, seines Zeichens leidenschaftlicher Food-Scientist und ehemaliger CTO, Chief Technology Officer von Microsoft, hat für seine Küchenbibel The Modernist Cuisine die geheimen Kniffe und Tricks der Spitzengastronomie von Kryorösten bis zu Kryoblanchieren erforscht und für die Allgemeinheit zugänglich gemacht.

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1: Smash it, baby: Weichkäse in LN2 gefroren und dann zerschmettert. Eine Technik für eine etwas andere Anrichtungsart
2+3: Öl-Streifen: Mit flüssigem Stickstoff wird Olivenöl in Sekunden fest
4: Kräuterkunde: Gefrorene Kräuter lassen sich wunderbar mahlen, ohne dabei an Frische zu verlieren
5: Reiberei: Mit LN2 wird ein gutes Stück Fleisch schnell zum abschließenden Aromatisierer.

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Schnell wird klar: Flüssigstickstoff ist wenig anspruchsvoll und bringt enormen Effekt. Basisausstattung sind ein Dewar-Gefäß, denn nur darin kann Flüssigstickstoff aufbewahrt werden, und besagtes LN2. Der Rest obliegt einzig und allein der Kreativität des Kochs. So öffnen sich beim Chicagoer Avantgarde-Koch Homaro Cantu, Inhaber und Chefkoch des Restaurants Moto, Austern wie von selbst. Und das durch nur wenige Tropfen flüssigen Stickstoffs auf das Scharnier der Schale. Auch Cantus Tacos mit Käse sind nicht das, was sie vorgeben zu sein. Denn diese sind in Wirklichkeit ein getarntes Dessert aus Mangosorbet, Schokoladen-Hackfleisch und Cream-Cheese-Mousse.

Cantu: „Wir verwenden flüssigen Stickstoff in gut und gerne 40 Prozent unserer Gerichte. Es ist das ideale Experimentier-Tool und ermöglicht noch nie Dagewesenes.“ So wie zum Beispiel einen zartrosa gebratenen Thunfisch, der sich bei näherer Betrachtung als Wassermelone entpuppt. Denn einen solchen Melonen-Fisch präsentierten Chef Cantu und sein Chef-Pâtissier Ben Roche bei Ted-Talks, einer Plattform, die sich dem branchenübergreifenden Austausch von Ideen widmet. Dazu eine Wassermelone sous-vide-garen, danach ein kurzes Bad in LN2, um die leicht angebratene Außenschicht zu simulieren, und zum Schluss in Sesamkörnern wälzen. Fertig. „Richtig gewürzt schmeckt die Melone auch wie Thunfisch“, ist Cantu sicher.

Gäste wollen unterhalten werden. Mit LN2 kann man Texturen verändern und damit für staunende Gesichter bei den Gästen sorgen.
Quique Dacosta, 2-Sterne-Koch, Restaurant Quique Dacosta

Alle Regeln außer Kraft
Das könnte das Motto von LN2 sein, denn er lässt Aggregatzustände schlicht und einfach nicht gelten. Flüssigstickstoff hat einen Siedepunkt von minus 196 Grad und entzieht allem, was mit ihm in Berührung kommt, Wärme in Rekordzeit. Extrem cremiges Eis ist in Sekunden hergestellt – denn die Wasserkristalle sind kleiner als bei konventionellem Gefrieren, keine Schweinsbratenkruste wird knuspriger bei unversehrterem Fleisch als beim Kryorösten nach dem Garen im Sous-vide-Bad und ein gefrorener Bananenblock wird zum finalisierenden Gewürz. Mit Flüssigstickstoff ist nichts, wie es scheint: Denn die Version 2.0 der Stickstoff-Revolte ist alles andere als Schall und Rauch.

Pressure-Papst
Eigentlich ist Bruno Goussault bekannt als einer der Gründerväter der Sous-Vide-Technik. Auf der Madrid Fusión 2012 hielt er allerdings einen Vortrag über den Einsatz von Flüssigstickstoff in der High-Cuisine. Denn auch dieser zählt inzwischen zur Basisausstattung der modernen Kochkunst.

Was ist das Besondere am Kochen mit flüssigem Stickstoff?
Bruno Goussault: Mit keiner anderen Methode kann man derart mit Konsistenzen spielen wie mit der Kryotechnik und so beispielsweise supercremige Sorbets in wenigen Sekunden herstellen. Viele sind der Meinung, dass man mit Kälte sogar noch besser kochen kann als mit Hitze. Sowohl gute als auch böse Aromen potenzieren sich noch mehr. Die Aromenausbeute bei Top-Produkten und richtiger Anwendung von flüssigem Stickstoff ist schlichtweg grandios. Die Küche wurde durch Methoden wie Sous Vide und Kryotechnik revolutioniert und ermöglicht uns heute ein Kochen auf einem völlig anderen Niveau.

Meinen Sie denn, dass flüssiger Stickstoff in Zukunft fixer Bestandteil einer jeden Küche sein wird?
Goussault: Definitiv. Flüssiger Stickstoff wird immer Fixstarter in jeder modernen Küche sein. In vielen ist er es ohenhin schon, um Produkte sekundenschnell zu gefrieren und Spezialeffekte in Konsistenzen und Präsentationen zu schaffen. Wie klassischerweise Rauch auf dem Teller durch den Einsatz von flüssigem Stickstoff oder Trockeneis.

Worauf muss man bei der Verwendung von LN2 besonders achten?
Goussault: Man darf niemals vergessen, damit vorsichtig und gewissenhaft umzugehen – sei der Stress im Restaurant auch noch so groß. Denn gelangt man in direkten Kontakt mit flüssigem Stickstoff, ist das genauso verheerend, wie wenn man seine Hand in heißes Öl taucht. Daher gelten auch für LN2 genau dieselben Sicherheitsbestimmungen wie für Öl, nur eben in Minusgraden gedacht.

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>> Zutaten

Rezept für 4 Personen

Vanilla Meringue
350 g Wasser
2 Vanilleschoten
50 g Honig
30 g Zucker
4 g Salz
35 g Eiweißpulver

Nitro Root Beer Float
von Benjamin Roche, Chef-Pâtissier Moto in Chicago

Nitro Root beer Float
Traditionellerweise ist Root Beer in den USA und Kanada ein beliebtes alkoholfreies Erfrischungsgetränk, das schon während der Kolonialzeit aus der Wurzelrinde des Sassafrasbaumes gewonnen und mit weiteren Zutaten wie Moosbeere, Sarsaparille, Vanille und Ingwer aromatisiert wurde. Ein beliebter Nachtisch daraus ist der Root Beer Float, bei dem typischerweise Vanilleeis in Root Beer schwimmt. In diesem Rezept wird das Vanilleeis durch in Flüssigstickstoff getauchtes Vanille-Meringue ersetzt.

Vanilla Meringue
Das Wasser zum Kochen bringen. Danach die geschnittene und ausgehöhlte Vanilleschote hinzugeben. Abdecken und für
30 Minuten quellen lassen. Das Vanillewasser durch ein Spitzsieb abgießen und danach mit sämtlichen übrigen Zutaten im Blender für eine Minute durchmixen. Die Mischung in einen Standmixer umfüllen und mit einem Schneebesen-Aufsatz mixen, bis die Konsistenz von Meringue erreicht ist. Die Masse in gewünschter Form auf einer Silpat-Matte platzieren und für mindestens vier Stunden bei 60 Grad Celsius dehydrieren. Sobald die Meringue-Bällchen trocken sind, diese auf einem Holzspieß befestigen und für zehn Sekunden in flüssigen Stickstoff tauchen.
Gemeinsam mit Root Beer servieren und sofort verzehren.

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