Es stinkt bis zum Himmel

In der Lachsindustrie geht es um Profit. Nicht um gutes Futter, nicht um glückliche Fische, nicht um Nachhaltigkeit. Einfach nur um Geld. Und Geld stinkt in dem Fall genauso wie drei tage alter Lachs.
September 3, 2018 | Text: Kathrin Löffel | Fotos: Monika Reiter, Shutterstock

Alle lieben Lachs. Klar, dass sich der Fisch auf Platz eins der beliebtesten Speisefische mit wenig und auch noch sehr gutem Fett sowie vielen anderen guten Inhaltsstoffen befindet. Lachsläuse, Antibiotikum, Ethoxyquin – mhhh … lecker. Moment, was? Eine kleine Erklärung: Ja, es stimmt. Lachs ist ein gutes Lebensmittel. Er enthält viele Vitamine – von A bis E alles drin –, die guten Omega-3-Fettsäuren, Spurenelemente, essentielle Aminosäuren und Mineralstoffe.

Grundsätzlich also ein Superfood, das sich sehr gut auf den menschlichen Organismus – besonders das Herz-Kreislauf-System – auswirkt. Allerdings sind eben auch Dinge drin, die man jetzt irgendwie nicht so wirklich braucht. Und zwar dann, wenn die Aufzucht auf Profit aus ist und nicht auf nachhaltiger, gesunder Fischzucht.

Lachsfarm ohne Bauernhofidylle

So idyllisch, wie man sich den springenden, kräftigen Wildlachs am Wasserfall vor viel Grün und Sonnenuntergang vorstellt, ist das Leben eines Zuchtlachses leider nicht. Es gibt noch Lachs, der genau dieses Leben hinter sich hat, bevor er frisch oder geräuchert auf den europäischen Tellern landet. Aber der ist kaum bezahlbar. „Ein Kilogramm Wildlachs kostet rund 48 Euro“, erklärt Fischhändler Karl Niehusen aus Hamburg.
Lachs mit offenem Maul und Medikamenten darin
Zuchtlachs, wie beispielsweise der aus Norwegen oder Chile, dümpelt 100-Millionen-fach in den Käfigen der Fischfarmer vor der Küste. Die Netzgehege bestehen aus einem schwimmfähigen Trägersystem und einem Netz, in dem die Fische gehalten werden. Meistens in Größen bis etwa 30 Meter Durchmesser und 15 Meter Tiefe. Die Besatzdichte beträgt offiziell etwa 40 Kilogramm Fisch pro 1000 Liter Wasser. Nicht ganz so idyllisch bis hierhin wie das offene Meer beim Wildlachs.

Durch die Massentierhaltung haben die Farmer mit Problemen zu kämpfen. Dazu gehört besonders die Lachslaus. Der Name des kleinen Krebstieres klingt netter, als es ist. Laut Norwegian Seafood Council starben im Jahr 2016 rund 53 Millionen Tiere durch den Befall des Parasiten. Die Lachslaus beißt sich in der Kopfregion und am After ihrer Opfer fest und frisst sich ins Fleisch. Weil die Fische so dicht gezüchtet werden, explodiert die Anzahl der Lachsläuse.

Alle lieben Lachs. Klar, dass sich der Fisch auf Platz eins der beliebtesten Speisefische mit wenig und auch noch sehr gutem Fett sowie vielen anderen guten Inhaltsstoffen befindet. Lachsläuse, Antibiotikum, Ethoxyquin – mhhh … lecker. Moment, was? Eine kleine Erklärung: Ja, es stimmt. Lachs ist ein gutes Lebensmittel. Er enthält viele Vitamine – von A bis E alles drin –, die guten Omega-3-Fettsäuren, Spurenelemente, essentielle Aminosäuren und Mineralstoffe.

Grundsätzlich also ein Superfood, das sich sehr gut auf den menschlichen Organismus – besonders das Herz-Kreislauf-System – auswirkt. Allerdings sind eben auch Dinge drin, die man jetzt irgendwie nicht so wirklich braucht. Und zwar dann, wenn die Aufzucht auf Profit aus ist und nicht auf nachhaltiger, gesunder Fischzucht.

Lachsfarm ohne Bauernhofidylle

So idyllisch, wie man sich den springenden, kräftigen Wildlachs am Wasserfall vor viel Grün und Sonnenuntergang vorstellt, ist das Leben eines Zuchtlachses leider nicht. Es gibt noch Lachs, der genau dieses Leben hinter sich hat, bevor er frisch oder geräuchert auf den europäischen Tellern landet. Aber der ist kaum bezahlbar. „Ein Kilogramm Wildlachs kostet rund 48 Euro“, erklärt Fischhändler Karl Niehusen aus Hamburg.
Lachs mit offenem Maul und Medikamenten darin
Zuchtlachs, wie beispielsweise der aus Norwegen oder Chile, dümpelt 100-Millionen-fach in den Käfigen der Fischfarmer vor der Küste. Die Netzgehege bestehen aus einem schwimmfähigen Trägersystem und einem Netz, in dem die Fische gehalten werden. Meistens in Größen bis etwa 30 Meter Durchmesser und 15 Meter Tiefe. Die Besatzdichte beträgt offiziell etwa 40 Kilogramm Fisch pro 1000 Liter Wasser. Nicht ganz so idyllisch bis hierhin wie das offene Meer beim Wildlachs.

Durch die Massentierhaltung haben die Farmer mit Problemen zu kämpfen. Dazu gehört besonders die Lachslaus. Der Name des kleinen Krebstieres klingt netter, als es ist. Laut Norwegian Seafood Council starben im Jahr 2016 rund 53 Millionen Tiere durch den Befall des Parasiten. Die Lachslaus beißt sich in der Kopfregion und am After ihrer Opfer fest und frisst sich ins Fleisch. Weil die Fische so dicht gezüchtet werden, explodiert die Anzahl der Lachsläuse.

Dagegen sollen Pestizide helfen. Leider wird die Laus dagegen immun. Deshalb halten viele Züchter zusammen mit den Lachsen nun auch Putzerfische. Die sollen die Parasiten abfressen. Doch diese Fische haben andere Bedürfnisse an ihre Lebensumgebung als Lachse, wodurch ihre Sterblichkeit hoch ist. Die Chemiekeule, die immer noch gerne gewählt wird, landet aber nicht nur in den Netzen, sondern durch die Strömung im Meer.
Ganzer Lachs, der Körper ist gefüllt mit Soja.
Dazu kommen Medizincocktails wie Antibiotika gegen Krankheiten und andere Chemikalien, die ebenfalls ins Meer gepumpt werden. Welche Auswirkungen das auf die Ökologie hat, interessiert wenige Menschen. Und schon gar nicht die Fischer, denn die wollen der Nachfrage gerecht werden. Deshalb ist die Anzahl der Fischfarmen in Norwegen auch jährlich um zehn Prozent gestiegen. Ohne Rücksicht auf Risiken. Und dann ist da noch die Sache mit dem Ethoxyquin.

Es wird in großem Umfang zur Konservierung von Fischmehl als Futtermittel für Fischfarmen verwendet. Fischmehl neigt zur Selbstentzündung während des Transports. Um das zu verhindern, wird dem Fischmehl bereits im Herkunftsland Ethoxyquin zugesetzt. Vor seinem Verbot als Pflanzenschutzmittel 2011 wurde Ethoxyquin auch als Nacherntebehandlung gegen Schalenbräune bei Äpfeln eingesetzt. Moment! Es ist verboten als Pflanzenschutzmittel, aber im Fischmehl darf es immer noch verwendet werden?
Ja, genau. Die EFSA, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, will hier aber einen Riegel vorschieben: Wenn die Industrie nicht beweisen kann, dass Ethoxyquin für den Menschen unbedenklich ist, darf sie es ab 2020 nicht mehr verwenden. Aber nur weil es im Fischmehl ist, heißt es ja nicht, dass es auch im Fisch sein muss, der dieses Fischmehl isst – oder? Leider doch.

Bei einer Studie wurde in allen 38 getesteten Speisefischen – darunter Lachs, Forelle, Wolfsbarsch und Dorade aus konventioneller Aquakultur – Ethoxyquin nachgewiesen. In 32 Proben der konventionellen Zuchtfische lag die Ethoxyquin-Belastung bei über 50 Mikrogramm pro Kilogramm, was dem Ethoxyquin-Grenzwert für Fleisch entspricht. Den höchsten Messwert wies ein Lachsprodukt aus norwegischer Aquakultur auf. Darin war die Belastung mehr als 17-mal so hoch wie der Grenzwert für Fleisch.

Das 17-Fache. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen – oder lieber auch nicht, denn wie gesagt, noch ist nicht bekannt, ob Ethoxyquin gefährlich ist oder nicht. Es gibt Forscher, die behaupten, es sei krebserregend und erbgutschädigend. Aber wenn es im Fisch ist, muss es ja nicht auch vom menschlichen Körper aufgenommen werden – oder? Leider doch. Es wurde bereits in Muttermilch und Fettgewebe nachgewiesen.

Das Futter – eine Geschichte für sich

Okay, Ethoxyquin ist schon einmal im Fischmehl enthalten. Aber was steckt noch drin im Lachsfutter? Ein Teil besteht aus marinen Rohstoffen wie Fischöl, Fischmehl und Krillmehl. Der restliche Teil sind Pflanzenstoffe. Bis zu 75 Prozent sind pflanzlicher Natur, obwohl der Lachs in freier Wildbahn wohl kaum Sojaproteine und Rapssaatöl verzehren würde. Trotzdem frisst er es. Die Sojapflanzen werden meist in Brasilien gezüchtet und nach Norwegen transportiert.
Aquakultur in Norwegen: Zwei bis drei Jahre braucht der norwegische Lachs, bis er vier bis fünf Kilo Körpergewicht hat.
Um die 90 Lachsfilets pro Jahr der deutschen vierköpfigen Durchschnittsfamilie zu züchten, braucht es also sehr viel Soja. Das Futter für die Lachse wird in Pellets gepresst. Für ein Kilogramm Lachs werden rund 1,2 Kilogramm Futter benötigt. Im Vergleich zur Kuh, die acht Kilogramm Futter benötigt, wirklich gar nicht so schlecht. Allerdings ist der Anbau von Soja in Brasilien eine Monokultur, die die Biodiversität der Pflanzenwelt erheblich einschränkt – genauso wie das Leben der kleinen Farmer, die von Großbauern verdrängt werden.
Hinzu kommt, dass Soja immer schneller angebaut und großgezogen werden muss, um den Bedarf zu decken. Dafür braucht es mehr Chemikalien, die sich gegen Insekten und Krankheiten durchsetzen. Ein Kreislauf, der nicht viel mit nachhaltigem Umgang zu tun hat.

Aufatmen und reinbeißen

Aber es ist nicht alles schlecht, was nach Lachs aussieht und schmeckt. Im europäischen Raum gibt es durchaus auch Zuchtlachs, der sich sehen lassen kann. Für Ralf Bos, Delikatessenhändler aus Düsseldorf, kommt das beste Rohprodukt für seinen Bos-Food-Räucherlachs aus Schottland. „Für uns ist der ökologische Fußabdruck wichtig. Deshalb haben wir uns gegen kanadischen Lachs und für schottischen entschieden. Ich habe mich viel mit dem Thema Zuchtlachs auseinandergesetzt.

So fiel die Wahl auf Schottland. Hier lebt der Lachs in fließendem Gewässer. Dem Lachs tut das gut, er hat eine muskulöse Struktur. Er ist so zart wie Marzipan mit einer ausgezeichneten Textur.“ Für Bos ist klar, bevor schlechter Lachs am Frühstücksbuffet verkauft wird, besser keinen anbieten: „Das Zeug aus Norwegen hat mit Kulinarik nichts zu tun!“ Ähnlich sieht es auch Karl Niehusen, der vor drei Jahren von seiner Meinung nach unzumutbarem norwegischem Lachs auf den aus der Region um die Färöer-Inseln umgestiegen ist.
Ein Lachs, gefangen in einem Fischernetz.
„Meine Kunden haben kurz geschluckt, weil die Preise um 20 Prozent gestiegen sind. Aber ihnen ist schnell klar geworden, dass die Qualität um einiges besser ist“, erzählt Niehusen. In Schottland und auf den Färöer-Inseln ist die Besatzdichte niedriger, das Futtermittel besser und es wird möglichst nicht auf Wachstumsbeschleuniger zurückgegriffen. „Es gibt auch Lachs aus der Ostsee, aber die ist sehr belastet. Ich kaufe keinen Lachs aus der Ostsee“, so Niehusen.

Seine Kunden interessierten sich kaum dafür, woher Lachs kommt, was nachhaltiger Fischfang oder Aquakultur für Fisch und Umwelt bedeuten. Erst als der Geschmacksunterschied deutlich machte, dass es da andere Zuchtmöglichkeiten gibt, wurden sie hellhörig. Auch bei Hummer Pedersen, dem Geschäft von Niehusen, steht Lachs als beliebtester Fisch an vorderster Front: „Wir verkaufen 1600 bis 1800 Kilogramm pro Woche.“ Es lieben eben alle Lachs. Aber am besten nicht mehr jeden Tag, sondern so wie früher ein bisschen seltener und dafür aus vernünftiger Herkunft. Schön wär’s.

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