Was Gourmets wissen sollten – Die feinen Unterschiede bei Luxusprodukten

Was unterscheidet den Kaisergranat von der Languste und warum nennen ihn selbst bewanderte Sterneköche fälschlicherweise Langostino? Und ist Foie gras jetzt eine Pastete oder nicht? Wir verkosten uns durch das terminologische Wirrwarr in der Welt der – oft gar nicht so luxuriösen – Luxusprodukte.
Juni 20, 2025 | Text: Lucas Palm

Plötzlich sprach die ganze Stadt über Belon-Austern, handgetauchte Jakobsmuscheln und den kroatischen Kaisergranat. Und das, obwohl Wien weder am Meer liegt noch für eine sonderlich maritime Esskultur bekannt ist.

Grund für diese seltsamen Tage, die im Februar dieses Jahres weit über Wien hinaus für Gastro-­Gesprächsstoff sorgten, war die „Causa Filippou“. Sternekoch Konstantin Filippou, so lautete der Vorwurf der Wiener Zeitung, solle nicht nur Mitarbeiter gedemütigt, sondern auch „Etikettenschwindel“ betrieben haben, indem er wissentlich minderwertigere Produkte auftischte als auf der Speisekarte angegeben.

Neben einem Gastro-Skandal war diese Causa damit auch ein Lebensmittelskandal. Statt den exklusiven Belon-Austern sollen die weniger exklusiven Gillardeau-Austern serviert worden sein. Statt handgetauchter Jakobsmuscheln aus Norwegen tiefgefrorene aus dem Pazifik, statt frischem Kaisergranat aus Kroatien tiefgefrorener aus Dänemark oder den Niederlanden – Gefrierbrand inklusive. Neben den Filippous bekamen auch die genießenden Gourmets ihr Fett ab: Wie könne man, so fragten sich viele in den Kommentarspalten unterschiedlichster Medien, diesen Betrug nicht klar und deutlich schmecken? Wo bleibe da der feine Gaumen der betuchten Klientel, von den Restauranttestern und Journalisten ganz zu schweigen?

Ein Teil der Antwort lautet: In einem Zwei­sterne-Restaurant wie dem von Konstantin Filippou bekommt man keine unberührte Belon-Auster serviert. Für Kenner ist eine Belon-Auster leicht von einer Gillardeau-Auster zu unterscheiden, ein tiefgekühlter von einem frischen Kaisergranat auch. Lebensmittel, das ist Sinn und Zweck eines Restaurants dieser Liga, werden verarbeitet.

Sie werden inszeniert, eingebettet – und ja, hier und da durch die Kreativität des Kochs auch soweit unkenntlich gemacht, dass nur schwer bis gar nicht mehr herauszuschmecken ist, ob sie davor nun frisch oder tiefgefroren waren. Diese etwas banale Antwort wirft aber auch eine andere, interessantere Frage auf: Wie sinnvoll sind sogenannte Luxusprodukte in der Sternegastronomie wirklich, wenn sie durch das immer virtuosere Handwerk der Köche auf dem Teller gar nicht mehr so einfach wiederzuerkennen sind? Und wie groß sind sie, diese ach so feinen Unterschiede, die offenbar ganze Karrieren gefährden können?

Plötzlich sprach die ganze Stadt über Belon-Austern, handgetauchte Jakobsmuscheln und den kroatischen Kaisergranat. Und das, obwohl Wien weder am Meer liegt noch für eine sonderlich maritime Esskultur bekannt ist.

Grund für diese seltsamen Tage, die im Februar dieses Jahres weit über Wien hinaus für Gastro-­Gesprächsstoff sorgten, war die „Causa Filippou“. Sternekoch Konstantin Filippou, so lautete der Vorwurf der Wiener Zeitung, solle nicht nur Mitarbeiter gedemütigt, sondern auch „Etikettenschwindel“ betrieben haben, indem er wissentlich minderwertigere Produkte auftischte als auf der Speisekarte angegeben.

Neben einem Gastro-Skandal war diese Causa damit auch ein Lebensmittelskandal. Statt den exklusiven Belon-Austern sollen die weniger exklusiven Gillardeau-Austern serviert worden sein. Statt handgetauchter Jakobsmuscheln aus Norwegen tiefgefrorene aus dem Pazifik, statt frischem Kaisergranat aus Kroatien tiefgefrorener aus Dänemark oder den Niederlanden – Gefrierbrand inklusive. Neben den Filippous bekamen auch die genießenden Gourmets ihr Fett ab: Wie könne man, so fragten sich viele in den Kommentarspalten unterschiedlichster Medien, diesen Betrug nicht klar und deutlich schmecken? Wo bleibe da der feine Gaumen der betuchten Klientel, von den Restauranttestern und Journalisten ganz zu schweigen?

Ein Teil der Antwort lautet: In einem Zwei­sterne-Restaurant wie dem von Konstantin Filippou bekommt man keine unberührte Belon-Auster serviert. Für Kenner ist eine Belon-Auster leicht von einer Gillardeau-Auster zu unterscheiden, ein tiefgekühlter von einem frischen Kaisergranat auch. Lebensmittel, das ist Sinn und Zweck eines Restaurants dieser Liga, werden verarbeitet.

Sie werden inszeniert, eingebettet – und ja, hier und da durch die Kreativität des Kochs auch soweit unkenntlich gemacht, dass nur schwer bis gar nicht mehr herauszuschmecken ist, ob sie davor nun frisch oder tiefgefroren waren. Diese etwas banale Antwort wirft aber auch eine andere, interessantere Frage auf: Wie sinnvoll sind sogenannte Luxusprodukte in der Sternegastronomie wirklich, wenn sie durch das immer virtuosere Handwerk der Köche auf dem Teller gar nicht mehr so einfach wiederzuerkennen sind? Und wie groß sind sie, diese ach so feinen Unterschiede, die offenbar ganze Karrieren gefährden können?

Von Langusten und Langostinos

Beginnen wir mit jenem Produkt, das – zumindest im deutschsprachigen Raum – für die meisten Missverständnisse sorgt: dem Kaisergranat. Der wohl bewandertste Esser im deutschsprachigen Raum, Julien Walther – der in jedem Dreisterne-Restaurant der Welt mindestens einmal zu Gast war –, echauffiert sich in seinen Restaurantkritiken regelmäßig über die terminologischen Fehler, die rund um den Kaisergranat auftauchen – und zwar selbst auf den prestigeträchtigsten aller Sterne-Speisekarten im deutschsprachigen Raum.

Der Grund: In Frankreich heißt der Kaisergranat Langoustine, was frankophile Restaurants im deutschsprachigen Raum wohl dazu verführt, Begriffe wie Langustino, Langostino oder Langustine zu verwenden – die jedoch alle entweder alles andere außer einen Kaisergranat bezeichnen oder schlichtweg in keinem Wörterbuch dieser Welt stehen. Besonders kompliziert ist das alles deswegen, weil es neben dem Kaisergranat auch die Languste gibt, im Französischen: Langouste. Im Gegensatz zur Langoustine, also dem Kaisergranat, besitzt sie keine langen Scheren, hat einen robusteren Körper – und schmeckt auch anders: Ihr Fleisch ist fester, faseriger, weniger süß als das des Kaisergranats, intensiver und auch meeresbetonter und jodiger.

Kobe vs. Wagyu

Ähnlich missverständlich verhält es sich mit dem in der Sternegastronomie ebenso omnipräsenten Begriff „Wagyu“. Das liegt daran, dass ­Wagyu nichts anderes bedeutet als „japanisches Rind“ und der Begriff in vielen Ländern nicht geschützt ist. In seiner wohl höchsten Ausprägung ist Wagyu-Fleisch als Kobe Beef bekannt. Es stammt ausschließlich von reinrassigen Tajima-Rindern aus der Region Kobe in Japan.

Sicht- und schmeckbar ist vor allem die außergewöhnlich feine Marmorierung, also das weiße, intramuskuläre Fett inmitten der Fleischfasern – ein Ergebnis streng definierter Kriterien, etwa hinsichtlich Herkunft, Zucht, Haltung, Fütterung und Schlachtung. Kobe-Beef schmeckt buttrig, ölig, leicht nussig – und zergeht sofort auf der Zunge. Außerjapanische Kreuzungen, die in Ländern wie Amerika, Argentinien oder Deutschland üblich sind und oft aus den Rassen Japanese Black und Black Angus bestehen, sind weniger zartschmelzend, fleischlastiger, bissfester und kerniger im Geschmack – auch wenn ihre Marmorierung zu den weltweit beeindruckendsten zählt.

Bloc de Foie Gras vs. Foie Gras Entier

Sommertrüffel vs. Péridord-Trüffel

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Die prestigeträchtige Périgord-Trüffel schmeckt erdig, schokoladig-nussig und entfaltet seine Intensität bei leichter Erhitzung. Die Sommertrüffel hingegen schmeckt mild, pilzig, heuartig und verliert mit Wärme an Ausdruck.

Yamaroku Shoyu vs. Soja-Sauce für die Massen

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Sojasaucen-Massenware hat zwar dieselbe Basis wie High-End-Sojasaucen: mit Koji fermentierte Sojabohnen. Doch sie schmecken salziger und eindimensionaler – was auch an chemisch beschleunigten Verfahren des Fermentationsprozesses liegt. Hochwertige Soja-­Saucen verbringen mehrere Monate – manchmal gar Jahre! – in Holzfässern. Dadurch schmecken sie dunkel, intensiv, umami und samtig. Außerdem durchlaufen sie einen natürlichen Fermentationsprozess, was wiederum Zeit braucht – und Zeit kostet Geld, wie wir wissen und in diesem Fall auch schmecken.

Handgetauchte vs. tiefgekühlte Jakobsmuscheln

Gillardeau-Auster vs. Belon-Auster

Wie sinnvoll sind teure Luxusprodukte wirklich, wenn sie durch die immer virtuosere Kreativität der Köche gar nicht mehr als solche zu erkennen sind?

Allein anhand des Kaisergranats und des ­Wagyus wird klar: Die ach so feinen Unterschiede gehen weit über das Geschmackliche hinaus. Um hochwertige Lebensmittel ausreichend zu verstehen, braucht es mehr als einen feinen Gaumen. Es braucht auch Wissen. Eines, das Köche mehr denn je zu transportieren berufen sind. Mit Speisekarten zum Beispiel, auf denen mehr als nur „Wagyu“, „Jakobsmuschel“ und am besten auch nicht „Langustino“ steht. Sondern die – in welcher Form auch immer – über Herkunft und Eigenart der Lebensmittel aufklären.

Denn sinnvoll sind die sogenannten Luxusprodukte nur dann, wenn sie auch verstanden – und damit erst in ihrer ganzen Komplexität wertgeschätzt – werden. Da ist es letztlich ganz egal, wie stark verarbeitet eine Belon-Auster, ein Kaisergranat oder eine Jakobsmuschel auf den Teller kommt.

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