Café Engländer: Abgebrühte Legende

Mit Wiener Schmäh, Charme und kauzigen Originalen: Wie das Café Engländer im zweiten Anlauf zur Institution mit Kult-Charakter avancierte.
April 6, 2017 | Text: Daniela Almer | Fotos: Claudio Martinuzzi

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Doppelconférence mit Stil im Café Engländer

„Mich interessiert nicht, wer Sie sind, ich möchte nur wissen, was Sie wollen.“ – So begann nicht der Anfang einer wunderbaren Freundschaft, sondern ein Telefonat mit Herrn Walter, um einen Interviewtermin mit einem seiner beiden Vorgesetzten auszumachen.

Kurz glaubt man, sich verhört zu haben, aber nur kurz. Gleichzeitig fühlt man sich in alte Schulzeiten zurückversetzt. Hier ist eine Respektsperson in der Leitung, keine Frage. Offiziell ist Herr Walter Oberkellner im Café Engländer, inoffiziell ist er aber die Galionsfigur des kultigen Etablissements im ersten Wiener Bezirk, wie es einer der beiden Besitzer – Christian Wukonigg – schmunzelnd beschreibt und mit einem Augenzwinkern hinzufügt: „Ich bin der Chef, aber die Autorität für die Gäste ist der Herr Walter.“

In diesem Café, das nicht nur unter Eingeweihten als Institution gehandelt wird, regiert offensichtlich der viel gerühmte Wiener Schmäh. Seit beinahe 26 Jahren bildet Herr Walter mit Christian Wukonigg ein kongeniales Duo und ist für den geregelten Ablauf im Café Engländer zuständig.
Beinahe deshalb, weil das Kaffeehaus zwischen 1998 und 2002 seine Pforten wegen Konkurs schließen musste. Gemeinsam mit seinem Jugendfreund Wolfgang Jelinek hat Wukonigg jedoch im Jahr 2002 das Café Engländer wiedereröffnet und einen zweiten Versuch gestartet.

Phönix aus der Asche

Warum ein Comeback? „Ich wollte beweisen, dass man die Fehler, die man einmal gemacht hat, wiedergutmachen kann“, erklärt Wukonigg offen.
Beim ersten Anlauf zu Beginn der 1990er-Jahre scheiterten er und sein damaliger Geschäftspartner Attila Corbaci an drei wesentlichen Dingen: „Wir haben damals zu teuer gekauft, zu teuer umgebaut und überhaupt zu teuer finanziert. Irgendwann haben wir die aberwitzig hohen Rückzahlungen nicht mehr geschafft “, bringt Wukonigg die Problematik auf den Punkt.

Heute steht das Café auf wesentlich solideren finanziellen Beinen. Und das liegt nicht zuletzt am Konzept, auf dem bereits das ursprüngliche Café Engländer basierte: Es ist eine Hommage an die berühmte Kaffeehauskultur der Wiener Jahrhundertwende. Und das zeigt sich schon bei der Wahl des Namens, der auf die Kaffeehaus-Literaten-Ikone Peter Altenberg zurückgeht: Altenberg hieß eigentlich Richard Engländer.

Ein sehr versteckter Hinweis zugegeben, aber Wukonigg ist auch niemand, der mit plakativen oder plumpen Statements auf sich aufmerksam machen muss.

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Doppelconférence mit Stil im Café Engländer

„Mich interessiert nicht, wer Sie sind, ich möchte nur wissen, was Sie wollen.“ – So begann nicht der Anfang einer wunderbaren Freundschaft, sondern ein Telefonat mit Herrn Walter, um einen Interviewtermin mit einem seiner beiden Vorgesetzten auszumachen.

Kurz glaubt man, sich verhört zu haben, aber nur kurz. Gleichzeitig fühlt man sich in alte Schulzeiten zurückversetzt. Hier ist eine Respektsperson in der Leitung, keine Frage. Offiziell ist Herr Walter Oberkellner im Café Engländer, inoffiziell ist er aber die Galionsfigur des kultigen Etablissements im ersten Wiener Bezirk, wie es einer der beiden Besitzer – Christian Wukonigg – schmunzelnd beschreibt und mit einem Augenzwinkern hinzufügt: „Ich bin der Chef, aber die Autorität für die Gäste ist der Herr Walter.“

In diesem Café, das nicht nur unter Eingeweihten als Institution gehandelt wird, regiert offensichtlich der viel gerühmte Wiener Schmäh. Seit beinahe 26 Jahren bildet Herr Walter mit Christian Wukonigg ein kongeniales Duo und ist für den geregelten Ablauf im Café Engländer zuständig.
Beinahe deshalb, weil das Kaffeehaus zwischen 1998 und 2002 seine Pforten wegen Konkurs schließen musste. Gemeinsam mit seinem Jugendfreund Wolfgang Jelinek hat Wukonigg jedoch im Jahr 2002 das Café Engländer wiedereröffnet und einen zweiten Versuch gestartet.

Phönix aus der Asche

Warum ein Comeback? „Ich wollte beweisen, dass man die Fehler, die man einmal gemacht hat, wiedergutmachen kann“, erklärt Wukonigg offen.
Beim ersten Anlauf zu Beginn der 1990er-Jahre scheiterten er und sein damaliger Geschäftspartner Attila Corbaci an drei wesentlichen Dingen: „Wir haben damals zu teuer gekauft, zu teuer umgebaut und überhaupt zu teuer finanziert. Irgendwann haben wir die aberwitzig hohen Rückzahlungen nicht mehr geschafft “, bringt Wukonigg die Problematik auf den Punkt.

Heute steht das Café auf wesentlich solideren finanziellen Beinen. Und das liegt nicht zuletzt am Konzept, auf dem bereits das ursprüngliche Café Engländer basierte: Es ist eine Hommage an die berühmte Kaffeehauskultur der Wiener Jahrhundertwende. Und das zeigt sich schon bei der Wahl des Namens, der auf die Kaffeehaus-Literaten-Ikone Peter Altenberg zurückgeht: Altenberg hieß eigentlich Richard Engländer.

Ein sehr versteckter Hinweis zugegeben, aber Wukonigg ist auch niemand, der mit plakativen oder plumpen Statements auf sich aufmerksam machen muss.
Der gelernte Buchhändler und studierte Kunsthistoriker lebt nach dem Motto „Weniger ist mehr“. Und gerade weil er ein Fan des Wiener Fin de Siècle ist, kann er mit der heutigen Kaffeehaus-Szene wenig anfangen: „Viele Kaffeehäuser sind zu Melange-Museen geworden, in die man sich zurückzieht“, beklagt er und setzt nach: „In früheren Zeiten waren Kaffeehäuser laut und lebendig, dort wurde gestritten und diskutiert – alles, was ein gutes Lokal einfach ausmacht.“

Zurück in die Zukunft

Mit dem Café Engländer ist es Wukonigg jedenfalls erfolgreich gelungen, an diese alten Zeiten anzuknüpfen, denn ruhig geht es hier im seltensten Fall zu. Vielmehr erinnert das 33 Sitzplätze umfassende Café, an das ein Restaurant- und Barbetrieb angeschlossen ist, an einen Bienenstock.
Und zwar einen, in dem es sieben Tage die Woche von früh bis ein Uhr nachts pulsiert. Nur am Weihnachtsabend und am 25. Dezember ist geschlossen. Eine kleine Verschnaufpause für Wukoniggs 30-köpfiges Team, die seine vielen Stammgäste verkraften können beziehungsweise wohl oder übel müssen.

Aber wer zählt überhaupt zur typischen Café-Engländer-Klientel? „Jeder ist bei uns willkommen, weil wir ein sehr demokratisches Lokal sind. Unsere Gästeklientel deckt die Bandbreite vom Bundeskanzler bis zum Müllmann ab“, gibt Wukonigg gewohnt pointiert zur Antwort.
Dass John Malkovich das Café Engländer als seinen Lieblings-Hang-out bezeichnet, wenn er in Wien weilt, und überhaupt die nationale wie internationale Künstler- und Prominentenszene sich im Kult-Café die Klinke in die Hand gibt, steht für Wukonigg in keinem Widerspruch zu seinem Demokratieverständnis.
Viele Kaffee­häuser sind zu Melange-Museen geworden.
Christian Wukonigg sieht die Entwicklung der Kaffeehäuser kritisch

Nur einmal musste er einen Gast zur Tür hinausbefördern, wie er gesteht. Auch bei dieser Anekdote kommt der Gentleman alter Schule durch: „Wir hatten einen Gast, der sich mit seinen ersten Dates immer bei uns getroffen hat. Stundenlang saß er bei einem Glas Mineral und hat auch seine jeweilige Begleitung die ganze Zeit beim gleichen Getränk sitzen lassen. Und den habe ich dann des Lokals verwiesen, weil es mir einfach zutiefst zuwider war, dass er nicht einmal für seine vielleicht zukünftige Freundin einen Kaffee oder sonst etwas spendiert hat. So jemanden möchte ich nicht bei mir im Lokal haben.“
Dabei hat das Café Engländer nicht nur ein großartiges Flair zu bieten, sondern auch eine breit gefächerte Getränke- und Speisekarte, die nicht zuletzt deshalb so umfangreich ist, da die Gegend, in dem das Engländer angesiedelt ist, bis vor ein paar Jahren noch verwaist war.

Und um Kunden anzulocken, gibt es nicht nur ein großes kulinarisches Angebot, sondern auch ein qualitativ hohes. Für diese Wiener Kaffeehausküche mit modernem Touch zeichnet der ehemalige Reinhard-Gerer-Schüler Siegfried Rasper verantwortlich.
Trotz vieler Anfragen glaubt Wukonigg nicht, dass das Konzept des Cafés Engländer multiplizierbar ist. Eine Legende gibt es eben nur einmal.
www.cafe-englaender.com

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