Wildes Bohnanza

Altbewährt, trendy und vielseitig: das Kultgetränk Kaffee scheint nie aus der Mode zu kommen. Wie Koffein-Nerds an der perfekten Röstung tüfteln, um immer noch mehr aus dem schwarzen Gold herauszuholen.
April 10, 2018 | Text: Andrea Böhm | Fotos: Monika Reiter, Javarei, Erik Brockholz, Wiener Rösthaus, Elbgold, Haldane Martin, Shutterstock, beigestellt

Kaffee ist nicht nur liebster Durstlöscher, sondern auch zweitwichtigstes Handelsgut nach Erdöl. Komisch eigentlich, dass man erst eine Initiative starten muss, um diesem Produkt die richtige Wertschätzung entgegenzubringen. „Third wave of coffee“, also die dritte Kaffeewelle, hat es sich zum Ziel gesetzt, für Kaffee eine Genusskultur ähnlich wie für andere pflanzenbasierte Produkte wie Wein, Tee und Schokolade zu entwickeln.
Immerhin ist Kaffee eines der komplexesten Naturprodukte, das es gibt. Es setzt sich aus rund 800 Aromastoffen zusammen, fast doppelt so vielen wie bei Wein. Wie gut letztendlich der Kaffee schmeckt, hängt von zwei wesentlichen Faktoren ab: vom Anbau und von der Röstung. „Der Produzent ist im Mittelpunkt. Er ist der, der die Arbeit macht, und wir sind nur die, die das Produkt veredeln“, ist die Sichtweise von Thomas Kliefoth, CEO und Founder der Kaffeerösterei Elbgold in Hamburg.
Er und seine Partnerin Annika Taschinski hatten eines Tages die Idee, Kaffee zu rösten und diesen besser zu rösten als andere. Also eine Kaffeemarke für Hamburg zu gründen. „Der Kaffee kommt als Rohware nach Hamburg. Dann wird er zum Beispiel weiter nach Italien transportiert, dort geröstet und kommt dann wieder zurück zu uns. Das ist doch nicht nachhaltig“, erläutert der Experte Klieforth die damaligen Gedankengänge der Beiden.
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Etwas später wurde ihnen bewusst, dass sie nur besser sein können als andere, wenn sie die Rohstoffe direkt beim Ursprung abholen. „Der zeitliche Aufwand ist so zwar größer für uns, aber wir bekommen dafür so viel zurück. Nette Begegnungen, eine bessere Qualität und wir können sogar Einfluss auf das Produkt nehmen“, zeigt sich der Hamburger begeistert. Rund 1000 Kilometer entfernt hegt jemand dieselbe Leidenschaft.
Silvia Maino hat sich zur Mission gemacht, den Wienern besseren Kaffee zu servieren: „Es trinken irrsinnig viele Leute Kaffee. Vor allem aber trinken irrsinnig viele Leute schlechten Kaffee“, ist ihre Wahrnehmung, sie weiß, wie wichtig die Röstung ist, schwört aber im selben Atemzug auf ein qualitativ hochwertiges Rohprodukt: „Du kannst noch so ein guter Koch sein, wenn du ein schlechtes Steak in die Pfanne haust, dann bleibt es ein schlechtes Steak“, bringt sie ihre Meinung auf den Punkt.

Kaffee ist nicht nur liebster Durstlöscher, sondern auch zweitwichtigstes Handelsgut nach Erdöl. Komisch eigentlich, dass man erst eine Initiative starten muss, um diesem Produkt die richtige Wertschätzung entgegenzubringen. „Third wave of coffee“, also die dritte Kaffeewelle, hat es sich zum Ziel gesetzt, für Kaffee eine Genusskultur ähnlich wie für andere pflanzenbasierte Produkte wie Wein, Tee und Schokolade zu entwickeln.
Immerhin ist Kaffee eines der komplexesten Naturprodukte, das es gibt. Es setzt sich aus rund 800 Aromastoffen zusammen, fast doppelt so vielen wie bei Wein. Wie gut letztendlich der Kaffee schmeckt, hängt von zwei wesentlichen Faktoren ab: vom Anbau und von der Röstung. „Der Produzent ist im Mittelpunkt. Er ist der, der die Arbeit macht, und wir sind nur die, die das Produkt veredeln“, ist die Sichtweise von Thomas Kliefoth, CEO und Founder der Kaffeerösterei Elbgold in Hamburg.
Er und seine Partnerin Annika Taschinski hatten eines Tages die Idee, Kaffee zu rösten und diesen besser zu rösten als andere. Also eine Kaffeemarke für Hamburg zu gründen. „Der Kaffee kommt als Rohware nach Hamburg. Dann wird er zum Beispiel weiter nach Italien transportiert, dort geröstet und kommt dann wieder zurück zu uns. Das ist doch nicht nachhaltig“, erläutert der Experte Klieforth die damaligen Gedankengänge der Beiden.
Hanseatic Coffee
Hanseatic Coffee: In Hamburg röstet Erik Brockholz seinen Kaffee wie kein Zweiter.
Etwas später wurde ihnen bewusst, dass sie nur besser sein können als andere, wenn sie die Rohstoffe direkt beim Ursprung abholen. „Der zeitliche Aufwand ist so zwar größer für uns, aber wir bekommen dafür so viel zurück. Nette Begegnungen, eine bessere Qualität und wir können sogar Einfluss auf das Produkt nehmen“, zeigt sich der Hamburger begeistert. Rund 1000 Kilometer entfernt hegt jemand dieselbe Leidenschaft.
Silvia Maino hat sich zur Mission gemacht, den Wienern besseren Kaffee zu servieren: „Es trinken irrsinnig viele Leute Kaffee. Vor allem aber trinken irrsinnig viele Leute schlechten Kaffee“, ist ihre Wahrnehmung, sie weiß, wie wichtig die Röstung ist, schwört aber im selben Atemzug auf ein qualitativ hochwertiges Rohprodukt: „Du kannst noch so ein guter Koch sein, wenn du ein schlechtes Steak in die Pfanne haust, dann bleibt es ein schlechtes Steak“, bringt sie ihre Meinung auf den Punkt.
Vor neun Jahren hat sie begonnen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzten, drei Jahre später hat sie das Wiener Rösthaus ins Leben gerufen. „Aus Liebe zu Lebensmitteln“, wie sie bestätigt. Auch sie besorgt sich das Rohprodukt über direct trade, schaut sich immer wieder neue Plantagen an und macht nun Geschäfte mit ganz vielen, kleinen Händlern. „Es gibt über 42 Anbauländer, Hunderte von Bauern und jeder hat seine eigenen Tricks beim Anbau, natürlich auch Geheimnisse.“ Sowohl die Wienerin als auch die Hamburger sehen nur Vorteile im direkten Handel mit den Bauern in den Anbaugebieten.
So wollen sie nur die beste Qualität und bekommen diese durch den persönlichen Kontakt: „Auf einem Hang wird mehrmals geerntet. Bei diesen Ernten gibt es natürlich Schwankungen in der Qualität. Die beste nennt man ,Peak of the harves‘ und die bekommen wir als direkte Abnehmer“, erklärt Kliefoth. Bekommt man 100 Prozent von den Bauern, geht es als nächster Schritt darum, diese beizubehalten.
Erik Brockholz
Erik Brockholz ist Kaffeeröstmeister, versteht sein Handwerk wie kein Zweiter und ist mehrmals ausgezeichnet.
Keine leichte Aufgabe, immerhin ist es ein langer Weg von Anbaugebieten wie Brasilien, Äthiopien, Indonesien oder Malawi bis in die Tasse in Europa. Dazwischen liegen Ernte, Aufbereitung, Verschiffung, mehrmaliger Transport sowie mehrmalige Lagerung. Und dann, ja dann, endlich, kommt es zum nächsten wichtigen Schritt der Kaffeebohne: zur Röstung.

Des Röstmeisters Geheimnis

Werden die Bohnen geröstet, könnte man fast von einem sinnlichen Vorgang sprechen. Denn das Endergebnis hängt von der Erfahrung, aber vor allem von den Sinnen der Röstmeister ab. „Weltweit gibt es verschiedene Röstarten“, erklärt Maino. „In Ländern wie Schweden, Norwegen oder England röstet man zum Beispiel sehr hell. In südlichen Ländern wie Italien oder Spanien hingegen sehr dunkel“, erklärt sie.
Helle Röstungen enthalten mehr Säure, dunkler geröstete Kaffees schmecken schokoladiger, da durch die längere Röstung mehr Karamellisierungsprozesse stattfinden. Sie selbst hat sich für eine sehr traditionelle Art entschieden: für die Wiener Röstung, nicht zu hell und nicht zu dunkel. Doch für welche Art sich der Röstmeister auch entscheidet, für die Bohne sind es immer drei Phasen, die sie durchläuft. Zuerst müssen die zwölf Prozent Restfeuchtigkeit aus der noch grünen Frucht.
Das heißt, sie wird zuerst einmal getrocknet. In dieser Phase kommt es zum sogenannten „first crack“. „Man hört es ploppen wie ein Popcorn, da sich in der Bohne so viel Druck aufbaut, dass sie irgendwann aufspringt“, erklärt die Fachfrau. Ein sehr wichtiges Geräusch für die Röstmeister. Danach folgt ein Bräunungsprozess und ganz am Schluss sind die letzten zwei bis drei Minuten entscheidend für die Aromenentwicklung. In dieser letzten Phase kommt es auch zum „second crack“, wo es noch einmal „plopp“ macht.
Truth Coffee
Vom Boden bis zur Decke mit Metallrohren und alten Maschinen gespickt: Die Macher von Truth Coffee in Kapstadt haben einen futuristischen Ort geschaffen, an dem die Bohnen in einer gusseisernen Vintage-Trommel geröstet werden.
„Ich breche meinen Röstprozess kurz davor ab. Die Italiener zum Beispiel rösten fast darüber“, erzählt Maino, die rund 800 Kilogramm im Monat zum Ploppen bringt. Zurück in Hamburg fällt der Blick auf den Trommelröster, der fast ein wenig museal wirkt. Das Bild trügt nicht, ist das gute Stück doch aus den 30er-Jahren und nach wie vor – natürlich komplett überarbeitet – im Einsatz. Doch das wirklich Besondere daran ist, dass dieser mit Gusseisen, anstelle von Stahlplatten, innen verbaut ist. „Gusseisenplatten geben Infrarotwärme ab. Diese durchdringen schneller die Bohnen und man kommt somit zu einem besseren Ergebnis“, erklärt Kliefoth.
Obwohl der Röster von außen eher wie ein Sammlerstück wirkt, hängt modernste Brenntechnik mit Computern daran. Doch selbst die modernste Technik kann dem Röstmeister seine Kunst nicht rauben. Guter Kaffee ist und bleibt ein Handwerk. „Die letzte Entscheidung liegt immer beim Röstmeister. Außerdem müssen die Röstprofile entwickelt und je nach Außentemperatur angepasst werden.“

Trend im Rohkaffeebereich

Egal welches Röstverfahren und welche Bohne: Am Ende des Tages ist es wichtig, dass der Kaffee schmeckt. Erprobte und experimentierfreudige Kaffeetrinker wird es freuen zu hören, dass sich derzeit ein gewisser Trend im Rohkaffeebereich entwickelt. „Wir haben Camembert- und Emmentalerkulturen nach Nicaragua geschickt. Damit wird der Rohkaffee behandelt und wir möchten herausfinden, ob diese Kulturen einen Einfluss auf den Geschmack haben.

Ob wir den Geschmack so verändern können, wie wir das gerne hätten“, erzählt Thomas Kliefoth. Die Meinungen, was diese und ähnliche Experimente betreffen, sind zweigeteilt. Es gibt sowohl Befürworter als auch Gegner. Silvia Maino steht dem offen gegenüber: „Ich finde es immer ganz toll, wenn man etwas versucht, sofern es mit dem Natürlichen verbunden bleibt. Der Kaffee selbst hat ja so viele Hybride, Gattungen und Unterarten.“ Sie selbst hatte ein Experiment mit Rohkaffee und Whiskey laufen, woraus laut ihrer Aussage ein intensives Endprodukt entstanden ist.
Die Versuche mit den Käsekulturen stecken allerdings noch in Kinderschuhen und sind ein sehr langwieriges Projekt, wie Thomas Kliefoth bestätigt: „Wir müssen eine Ernte abwarten, dann wird der Rohkaffee damit behandelt, dann heißt es wieder warten und wenn nicht das gewünschte Ergebnis rauskommt, dann geht’s wieder von vorne los.“ Und dann heißt es wieder: Abwarten und Kaffee trinken.
www.elbgold.com
www.wienerroesthaus.at

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