Zwischen App und Asphalt: Die Realität der Essenslieferdienste
Vor allem seit der Corona-Pandemie sind Jobs als Essenslieferant:in schnell und unkompliziert verfügbar geworden. Doch obwohl diese Beschäftigung für viele einen niederschwelligen Einstieg bietet, bleiben nur wenige langfristig dabei. Eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, warum das so ist.

Vor allem seit der Corona-Pandemie sind Jobs als Essenslieferant:in schnell und unkompliziert verfügbar geworden. Doch obwohl diese Beschäftigung für viele einen niederschwelligen Einstieg bietet, bleiben nur wenige langfristig dabei. Eine neue Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, warum das so ist.

Die wichtigsten Gründe, warum Menschen Gig-Work bei Lieferdiensten aufnehmen: einfache Zugänglichkeit, zeitliche Flexibilität und die Möglichkeit eines Zusatzverdienstes. Besonders beliebt ist die Tätigkeit bei jungen Menschen, Studierenden und Personen mit Migrationshintergrund, die oft in Teilzeit oder Minijobs arbeiten. Für viele ist der Job nur eine Übergangslösung – 61 Prozent der vom IAB Befragten gaben an, von vornherein nur vorübergehend tätig sein zu wollen.
Hohe Kündigungsraten – schlechte Bedingungen
Warum verlassen Gig-Worker ihre Jobs wieder so schnell? Neben dem vorübergehenden Charakter des Jobs nannten viele eine geringe Entlohnung und unangenehme Arbeitsbedingungen als zentrale Gründe. Im Vergleich zu klassischen Hilfsarbeitskräften treten Kündigungen durch Arbeitgeber häufiger auf – meist wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten oder Unzufriedenheit mit der Arbeitsleistung. Das deutet auf hohen Leistungsdruck hin. In Einzelfällen wurde sogar die Gewerkschaftstätigkeit als Kündigungsgrund genannt.
Deutschland lässt sich Zeit mit der Umsetzung der neuen EU-Richtlinie für Plattformarbeit. Ursprünglich sollte es einheitliche Regeln für Plattformarbeit geben, um zu verhindern, dass Menschen von Plattformen wie Online-Lieferdiensten oder Uber in einer „Scheinselbstständigkeit“ agieren – also arbeiten, als wären sie angestellt, ohne aber die Rechte und Vorteile eines Angestelltenverhältnisses nutzen zu können. Die Richtlinie wurde im Vorjahr in einer abgeschwächten Version beschlossen, die einzelnen Mitgliedsstaaten viel Spielraum bietet.
Lieferando: 600 Fahrradboten gekündigt
In Österreich ging vor kurzem ein gewaltiger Schritt in die entgegengesetzte Richtung durch die Schlagzeilen. Lieferando, mit seinen orange uniformierten Fahrradkurieren im städtischen Straßenverkehr omnipräsent, kündigte im März mehr als 600 Dienstverträge, um vermehrt freie Dienstnehmer als Lieferanten einzusetzen. Gewerkschafter und Arbeitsrechtler sehen darin einen Versuch, Arbeitsrecht zu umgehen. Die Gefahr des Missbrauchs und der Ausbeutung ist groß.
Wie belastend diese Jobs sein können, zeigt derzeit auch die Ausstellung „Zwischen Pick-up & Drop-off“ im Wien Museum. Sie porträtiert Lieferant:innen abseits der App und gibt ihnen eine Stimme – mit Geschichten von Stress, Konkurrenz und Isolation, aber auch von Hoffnung und Zukunftsplänen.
„Ob über Anekdoten, Reflexionen oder persönliche Geschichten – als Essenslieferant und Kurator freue ich mich, dass die Stimmen der Fahrer:innen in ‚Zwischen Pick-up & Drop-off‘ nun ein größeres Publikum erreichen. Bisher dominierten vor allem die Plattformen das
Bild des Lieferjobs. Unsere Ausstellung stellt dem die Perspektiven derjenigen gegenüber, die ihn täglich ausüben“, erklärt einer der Kuratoren, Fabio Hofer.
Details zur Ausstellung
Ort: Wien Museum
Community Gallery, Karlsplatz 8, 1040 Wien
27. Februar bis 25. Mai 2025
www.wienmuseum.at