Herzinfarkt
Fotos: Werner Krug, Studio Heiner Orth, Grand SPA Resort A-ROSA, beigestellt
Bei Herzen ist das gleich wie bei Jungfrauen: Man muss mit ihnen ausgesprochen behutsam umgehen!“ Österreichs Innereien-Flüsterer Max Stiegl grinst zwar verschmitzt, bringt jedoch die inneren Werte des kulinarisch wichtigsten Muskels kurz und prägnant auf den Punkt. In seinem Restaurant Gut Purbach im gleichnamigen burgenländischen Dorf finden Freunde von Euter, Hoden oder Zunge ein gastronomisches Paradies vor. Herz steht jedoch beim gebürtigen Slowenen ganz oben auf der persönlichen Hitliste. Die große Leidenschaft für den kulinarischen Taktgeber ist dabei leicht erklärt: „Ein Herz hat geschmacklich einfach am meisten Charakter und ist in unendlichen Varianten einsetzbar.“ Stiegl rät dabei jedoch, den Geschmack der Herzen so wenig wie möglich durch Gewürze zu verfälschen: „Kurz angeröstet schmeckt diese
Fotos: Werner Krug, Studio Heiner Orth, Grand SPA Resort A-ROSA, beigestellt
Bei Herzen ist das gleich wie bei Jungfrauen: Man muss mit ihnen ausgesprochen behutsam umgehen!“ Österreichs Innereien-Flüsterer Max Stiegl grinst zwar verschmitzt, bringt jedoch die inneren Werte des kulinarisch wichtigsten Muskels kurz und prägnant auf den Punkt. In seinem Restaurant Gut Purbach im gleichnamigen burgenländischen Dorf finden Freunde von Euter, Hoden oder Zunge ein gastronomisches Paradies vor. Herz steht jedoch beim gebürtigen Slowenen ganz oben auf der persönlichen Hitliste. Die große Leidenschaft für den kulinarischen Taktgeber ist dabei leicht erklärt: „Ein Herz hat geschmacklich einfach am meisten Charakter und ist in unendlichen Varianten einsetzbar.“ Stiegl rät dabei jedoch, den Geschmack der Herzen so wenig wie möglich durch Gewürze zu verfälschen: „Kurz angeröstet schmeckt diese sensible Zutat einfach am besten!“
Auch der Berliner Sternekoch Stefan Hartmann ist großer Fan der schmackhaften Pumpen und hat fürs Kurzbraten auch gleich den wichtigsten Tipp: „Davor auf keinen Fall salzen! Sonst wird das Herz zu zäh. Und die Qualität ist extrem ausschlaggebend.“ Darum kauft Berlins coolster Sterneritter Herzen auch nur beim Produzenten seines Vertrauens. „Nehmen wir zum Beispiel Kalbsherzen: Die meisten Tiere werden viel zu spät geschlachtet! Ich habe da einen tollen Bauern, der mir richtig schöne Herzen von vier bis maximal fünf Monate alten Kälbern liefert.“ Das Ergebnis ist in diesem Alter laut Hartmann grandios und schmeckt leicht nussig. Herzen haben, wie alle Innereien, einen hohen Wassergehalt sowie pH-Wert und sind deshalb leicht verderblich, weshalb man nur frische Ware kaufen und möglichst noch am gleichen Tag zubereiten sollte.
Die Frische ist an einer glatten Oberfläche zu erkennen, die nicht trocken sein und keine Risse aufweisen sollte. Will man das Herz über Nacht aufbewahren, dann am besten in der kältesten Zone des Kühlschranks, die eine Temperatur nahe null Grad aufweisen muss. Ein Herz schmeckt anders als die restlichen Innereien. Während Niere und Leber ihre ganz eigenen Geschmacksrichtungen haben, besticht das Herz durch einen würzigen Muskelfleischgeschmack. Doch bei der Zubereitung gibt es einige Besonderheiten zu beachten: Es muss vor der Verwendung von Adern und überschüssigem Fett befreit werden, sonst droht das geschmackliche Desaster. Anschließend tut man gut daran, die restlichen Teile für mindestens eine Stunde zu wässern. Das sorgt dafür, dass überschüssiges Blut und Gewebeteile entfernt werden, die den Genuss empfindsam schmälern würden.
Kulinarischer Herzensbrecher
Während der Berliner Sternekoch seine Herzen am liebsten eher klassisch kurz brät oder in Madeira schmort, zeigt sich Burgenlands Gourmet-Metzger Stiegl etwas experimentierfreudiger: „Hühnerherzen verwende ich gerne in Ragouts, Currys oder als Wokgericht. Aus Lammherzen serviere ich gerne ein herzhaftes Carpaccio und auch Pferdeherzen landen, sofern ich welche bekomme, auf meinen Tellern.“ Den mannigfaltigen Anwendungsmöglichkeiten sei dabei nur die eigene Ideenlosigkeit ein Hindernis. „Rebhuhn- und Schnepfenherzen schmecken grandios. Putenherzen haben wir ein Stück glühende Kohle ins Innere gesteckt und so langsam gegart. Außerdem haben wir Herzen in Salzkruste oder Heu gebraten“, schwärmt Stiegl von seinen kulinarischen Abenteuern. Die außergewöhnlichste Kreation des Gut-Purbach-Chefs stellt aber sicher sein in Tonerde eingepacktes Lammherz dar. Dieses umhüllt er vor der Tonpackung mit Weintraubenblättern und gart es auf glühenden Kohlen.
Sowohl Hartmann als auch Stiegl betonen, dass die Akzeptanz bei ihren Gästen bezüglich Innereien und Herzen im Speziellen sehr gut sei. Beide sind jedoch für ihre Innereienküche weitum bekannt und ziehen so auch die entsprechende Klientel an. Mit einem weinenden Auge betrachten sie daher die aktuelle Entwicklung, in der man dieses edle Stück Fleisch sonst kaum auf den Tellern der deutschsprachigen Gastronomielandschaft findet. „Generell muss man leider sagen, dass Innereien heutzutage sehr oft wie die Sexualität behandelt werden. Es gibt viel zu viele Verbalerotiker“, schüttelt Max Stiegl ernüchtert den Kopf. Soll heißen, dass aktuell zwar sehr viel über Nachhaltigkeit und Komplettverwertung von Tieren geschrieben und gesprochen wird, der Großteil aus Sicherheitsgründen dann jedoch erst wieder zu den klassischen Teilen greift.“ Darum: Nehmen Sie sich sprichwörtlich ein Herz und zeigen Sie Ihren Gästen, welch großes geschmackliches Potenzial in selbigem steckt!
Kalb
Gewicht
400 bis 600 Gramm
Garzeit
60 Minuten
Preis
8 EUR pro Kilogramm
Kalbsherz stammt von jungen Rindern, die nach drei bis vier Monaten Wachstum geschlachtet werden. Wegen des geringen Alters der Schlachttiere handelt es sich um besonders zartes Fleisch, das fettarm und kalorienarm ist. Mit nur 102 Kilokalorien pro 100 Gramm hat es einen sehr niedrigen Brennwert, jedoch einen hohen Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Dem gegenüber steht das geringe Preisniveau aller Innereien, weshalb es in diesem Bereich auch dem bewussten Verbraucher mit beschränkten finanziellen Mitteln möglich ist, auf das Fleisch artgerecht gehaltener Tiere zurückzugreifen. Das Herz vom Kalb ist zum Kurzbraten, Kochen und Schmoren geeignet, wobei die kurze Variante dem zarten Fleisch sehr entgegenkommt.
Schwein
Gewicht
300 bis 400 Gramm
Garzeit
60 bis 75 Minuten
Preis
2 EUR pro 400 Gramm
Unter Experten wird es als das Fleisch vom Schwein mit dem kräftigsten Aroma beschrieben. Das ist kein Wunder. Ein Schweineherz wird am besten von allen Organen durchblutet. Wer sich unsicher ist, wie er ein Schweineherz zubereiten soll: Die Rezeptvarianten reichen von gefülltem Schweineherz über Herzragout bis hin zu exotischen Kreationen wie in Coca-Cola geschmortes Schweineherz. Der eigenen Fantasie sind bei der Zubereitung kaum Grenzen gesetzt. Ein Schweineherz hat nicht nur relativ wenig Kalorien und kaum Fett, sondern auch eine ganze Menge gesunde Inhaltsstoffe: Es ist reich an Vitamin A, was gut für unsere Sehfähigkeit ist. Das Fleisch ist recht fest, dabei aber zart und hat einen guten, wenn auch kräftigen Geschmack.
Kaninchen
Gewicht
20 Gramm
Garzeit
15 Minuten
Preis
4 EUR pro 400 Gramm
Aufgrund der geringen Größe bieten sich Kaninchenherzen vor allem für Ragouts an. Gut-Purbach-Küchenchef Max Stiegl serviert sie jedoch auch wie ein Curry mit Chili. Aber Vorsicht: nur ganz kurz anbraten!
Lamm
Gewicht
350 Gramm
Garzeit
50 Minuten
Preis
1,80 EUR pro 500 Gramm
Das aus tollem Fleisch bestehende Lammherz ist intensiv im Geschmack und von feinen Fasern durchzogen. Es ist besonders mager und zart. Im Libanon wird es unter dem Namen Kibbeh Nayé auch als grandioses Lammtatar verwendet.
Fisch
Gewicht
5 bis 25 Gramm
Garzeit
10 Minuten
Preis
10 EUR pro 100 Gramm
In der Tierwelt eines der am einfachsten aufgebauten Herzen, da es nur aus einem Vorhof und einer Herzkammer besteht. In Asien wird es mancherorts noch roh verzehrt, hierzulande läuft es im Fischbeuschel zu kulinarischer Hochform auf.
Pute
Gewicht
50 Gramm
Garzeit
20 Minuten
Preis
1,70 EUR pro 400 Gramm
Putenherzen sind etwa drei Mal so groß wie jene von Hühnern und haben einen hohen Cholesteringehalt. Meist werden sie in Ragouts verwendet, man kann jedoch auch kreativer sein und sie etwa in einer Biersauce servieren.
Rind
Gewicht
bis zu 1,5 Kilogramm
Garzeit
2 Stunden
Preis
3,30 EUR pro Kilogramm
Man muss keine Innereien mögen, um Rinderherz lecker zu finden. Es ist viel zu schade, diese verkannte Delikatesse an Hunde und Katzen zu verfüttern. Es ist den normalen Muskelteilen des Rindes nämlich sehr ähnlich und hat nicht wie die meisten der anderen Organteile eine innere Struktur. Das ist dadurch erklärbar, dass das Rinderherz ja ununterbrochen pumpen muss. Das Rinderherz kommt geschmacklich in die Nähe von Wildfleisch: würzig, aber dann doch wieder ganz speziell. Es hat dunkles, äußerst feinfasriges, praktisch fettfreies Fleisch, das nur von wenigen Sehnen und einigen dicken Adern durchzogen ist. Damit der Geschmack wie ein saftiges Steak gelingt, braucht man es einfach in Scheiben geschnitten nur scharf anzubraten.
Huhn
Gewicht
15 bis 20 Gramm
Garzeit
15 Minuten
Preis
1,50 EUR pro 400 Gramm
Hühnerherzen bestehen aus besonders dunklem Muskelfleisch, haben einen kräftigen Geschmack und sind reich an Vitaminen und Mineralstoffen. Der Geschmack entwickelt sich vor allem dadurch, weil sich die Hühner, ob in Freiland- oder Stallhaltung, ständig bewegen. Das feste und mürbe Fleisch kann man mit entsprechenden Zutaten, Beigaben und Gewürzen in geschmackvolle, deftige Speisen verwandeln. Doch nicht nur mit Champignons und Zwiebeln gebraten oder als Ragout mit Risotto eignen sich Hühnerherzen. Sie können auch als Fleischfüllungen sehr schmackhaft sein. Hühnerherzen eignen sich zudem besonders für kräftige Eintöpfe und Ragouts, Innereien-Experte Christian Petz serviert sie etwa als gegrillten Yakitori-Spieß.
Herzbluter
Fergus Henderson betreibt das Londoner Restaurant St. John sowie eine gleichnamige Weinbar. Zum St.-John-Imperium gehören mittlerweile auch eine Bäckerei und ein Weinvertrieb. Der glühende Nose-to-tail-Verfechter hebt Innereien auf ein meterhohes Podest und hat vor allem in Herzen die große Liebe gefunden.
Es ist eigentlich gar nicht überraschend, dass das Herz eines Tieres perfekt die ureigene Natur des jeweiligen Wesens widerspiegelt. So stellt das kräftige Herz eines Ochsen die pure Essenz des mächtigen Rindviehs dar und auch ein Entenherz demonstriert die herrlich sanfte Seele des schmackhaften Quakers. Nach all dem Schlagen, Pochen und Zittern ist man vielleicht der Meinung, ein Herz sei zäh ohne Ende, aber: nein! Sie sind mager und zart mit dem genau richtigen Anteil an Biss. Also tauchen wir nun gemeinsam in das unendliche Universum des kulinarischen Muskels ein und entdecken die Freuden, die er uns bringt. Man muss ganz einfach mit dem Ochsenherz starten, da es erstaunlicherweise recht leicht zuzubereiten ist. Einfach alles, was nach Sehnen, Adern oder Fett aussieht, wegschneiden und man sollte sich in einer herrlichen Ansammlung purer Fleischteile wiederfinden. Das Ganze dünn aufschneiden, mit Balsamicoessig marinieren, Extra-Vergine-Olivenöl beimengen und mit Knoblauch wie Thymian verfeinern. Voilà! Man kann diese Stücke ganz einfach auf Spieße stecken und beim Barbecue oder in der Pfanne braten.
Aber ich bitte Sie: nur kurz! Und dann rasten lassen. Kommen wir nun zu einem meiner absoluten Lieblingsteile: Wildherzen. Eine Offenbarung! Oder Lammherzen. Eines Morgens auf dem Weg zur Arbeit stieg ich ins Taxi und gab als Destination mein Restaurant St. John an. Der Taxifahrer erwiderte sofort: „Ah, das ist dort, wo man Innereien bekommt!“ Aber anstatt sich zu übergeben, fügte er gleich hinzu: „Ich liebe Innereien!“ und gab mir das Rezept seiner Frau über gefüllte Lammherzen. Wir haben das dann natürlich etwas aufgemotzt, aber: wow! Geschmortes gefülltes Herz ist definitiv ein unglaubliches Geschmackserlebnis. Unser letzter Ansatz bei Lammherzen war übrigens folgender: Wir beförderten sie kurz auf den Grill und ergänzten damit einen herrlich abgeschmeckten Erbsensalat. Ein Minztraum sondergleichen! Entenherzen sind übrigens perfekt geformt, um am Gaumen zu knallen, aber auch Kaninchenherzen haben mich binnen Millisekunden überzeugt. Seltsam, aber doch: Komischerweise bin ich noch kaum mit Schweineherzen in Berührung gekommen! Dafür habe ich schon Eichhörnchenherzen versucht. Wenig überraschend schmecken sie nach Eichhörnchen!
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