Richtig fett garen!

Heiß geliebt, aber auch als kulinarischer Tiefschlag verteufelt. Beim Frittieren scheiden sich die Geister. Fakt ist: Hier bekommen alle ihr Fett ab!
März 18, 2016 | Text: Georg Hoffelner | Fotos: Monika Reiter, Claudio Martinuzzi

Optimale Garmethode

Ob Tiger Prawns oder Grashüpfer: Der Mensch frittiert alles, was in die Fritteuse passt. Doch in Zeiten des allgemeinen Ernährungswahnsinns sind im tiefen Fett brutzelnde Pommes, Kroketten, Reibekuchen und Co. unbeliebter denn je.
Auch im Fine-Dining-Bereich gilt die Fritteuse seit langer Zeit als No-Go. Behaupten zumindest alle.In eine völlig andere Kerbe schlägt da Spitzenkoch und JUNGER WILDER der ersten Stunde Oliver Scheiblauer: „Meiner Meinung nach ist die Fritteuse zu Unrecht ein Tabuthema. Der Vorteil einer Fritteuse ist doch ganz eindeutig der, dass ich hier eine thermostatgesteuerte Überwachung habe. Hier habe ich wirklich eine perfekte Gartemperaturüberwachung.“

So läuft das im Fett

Frittieren ist kurz auf den Punkt gebracht ein Garprozess, bei dem wasserhaltige Lebensmittel bei Temperaturen von 140 bis 180 °C vollständig in Speiseöl oder -fett eintauchen.

Optimale Garmethode

Ob Tiger Prawns oder Grashüpfer: Der Mensch frittiert alles, was in die Fritteuse passt. Doch in Zeiten des allgemeinen Ernährungswahnsinns sind im tiefen Fett brutzelnde Pommes, Kroketten, Reibekuchen und Co. unbeliebter denn je.
Auch im Fine-Dining-Bereich gilt die Fritteuse seit langer Zeit als No-Go. Behaupten zumindest alle.In eine völlig andere Kerbe schlägt da Spitzenkoch und JUNGER WILDER der ersten Stunde Oliver Scheiblauer: „Meiner Meinung nach ist die Fritteuse zu Unrecht ein Tabuthema. Der Vorteil einer Fritteuse ist doch ganz eindeutig der, dass ich hier eine thermostatgesteuerte Überwachung habe. Hier habe ich wirklich eine perfekte Gartemperaturüberwachung.“

So läuft das im Fett

Frittieren ist kurz auf den Punkt gebracht ein Garprozess, bei dem wasserhaltige Lebensmittel bei Temperaturen von 140 bis 180 °C vollständig in Speiseöl oder -fett eintauchen.
In der ersten Phase bildet sich innerhalb von wenigen Sekunden eine dünne Kruste, deren Struktur den weiteren Frittierprozess und die Qualität des Lebensmittels hinsichtlich Fettaufnahme und Knusprigkeit entscheidend beeinflusst. 
Fette und Öle haben eine hohe Wärmekapazität und können Wärme bei Temperaturen weit über dem Siedepunkt des Wassers auf das Lebensmittel übertragen. Das im Lebensmittel gebundene Wasser wird infolge der Verdunstung in der Randzone nach und nach aus dem Inneren an die Randschicht geführt, um schließlich je nach Struktur der Kruste mehr oder weniger schnell an das umgebende Öl abgegeben zu werden.
Erst wenn kein Wasser mehr aus dem Inneren des Lebensmittels an die Randschicht herangetragen wird, steigt die Temperatur von außen nach innen zunehmend auf über 100 °C an.
Es beginnt die Ausbildung des typischen Frittier-aromas und -geschmacks und der goldgelben Farbe. Der Wasserabgabe des Lebensmittels kommt beim Frittieren eine schützende Funktion zu, da es den direkten Kontakt des Sauerstoffs mit der Fettoberfläche verhindert.
Frittierfette, die ständig für die Zubereitung von Speisen gebraucht werden, verderben daher langsamer, als wenn sie ohne Frittiergut erhitzt werden. 
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Faszinierter Kitchen-Geek

Auch Modernist-Cuisine-Macher Nathan Myhrvold outet sich als eindeutiger Fritteusen-Fan: „Frittieren zählt zu den schnellen Garmethoden, weil Öl viel besser Wärme speichert und leitet als beispielsweise Luft: Sie können in einen 200 °C heißen Backofen Ihren ganzen Arm halten, doch schon ein Tropfen heißes Öl führt zu schweren Verbrennungen.
Frittieren ist in Bezug auf die Garzeit nicht nur schneller als Heißluft, sondern auch schneller als Kochen in heißem Wasser, weil Öl auf weit über 100 °C erhitzt werden kann, prinzipiell sogar auf das Doppelte.“ So hohe Temperaturen bringen die Flüssigkeit ganz dicht an der Oberfläche der Speisen zum Kochen.
Der entstehende Dampf entweicht unter heftigem Sprudeln und fördert seinerseits den Garprozess, weil dadurch das Öl direkt am Gargut in Bewegung bleibt und nicht abkühlen kann. 
Und Technikfreak Scheiblauer ergänzt noch einen weiteren wichtigen Vorteil: „Im Gegensatz zu anderen Methoden, die mit hohen Temperaturen arbeiten, garen die Speisen in heißem Öl schwimmend sehr gleichmäßig. Weil Öl viel schneller Wärme leitet als Luft, gleichen sich Temperaturunterschiede innerhalb des Öls rasch aus. Außerdem lässt sich aus diesem Grund auch die Temperatur von siedendem Öl leichter kontrollieren.“

Welche Öle oder Fett geeignet sind, siehst du in diesem PDF!

Knuspriges Äußeres

Der Legende nach stammt das Panieren von Fleisch aus der Zeit des oströmischen Kaisers Basilius in Byzanz. So soll dieser im 9. Jahrhundert mit Blattgold veredeltes Fleisch gegessen haben, was auf jeden Fall teuer war, aber sicher nicht so lecker wie die Imitationen der cleveren Mailänder Bürger: Statt mit teurem Gold überzogen diese ihr Fleisch mit goldgelb gebratenen Brotkrümeln – das Panieren war erfunden.
Üblicherweise wird das Gargut zuerst in Mehl gewendet, dann in geschlagenem und gewürztem Ei und schließlich in Paniermehl. Das Fleisch und anderes Paniergut sollte nicht zu lange vor dem Ausbacken liegen gelassen werden, da sonst, bedingt durch die vom Salz in den Teigmantel gezogene Feuchtigkeit, die Haftung der Panierschicht verschlechtert wird und verloren gehen kann. 
Ausbackteig und Panade haben laut Nathan Myhrvold primär zwei Funktionen. Erstens erzeugen sie leckere und knusprige Krusten. Zweitens isolieren sie das darunter garende Nahrungsmittel, denn sie leiten die Wärme des heißen Öls nur zum Teil weiter. Der Kitchen-Nerd bringt die Funktionsweise der Panaden auf den Punkt: „Viele Ausbackteige sind Schäume oder enthalten welche, denn sie isolieren die empfindlichen Nahrungsmittel gut und verhindern, dass die Speisen bei zu langem Frittieren übergart werden. Ein schaumiger Teig wird im Übrigen nach dem Ausbacken besonders knusprig.“
Es gibt laut Myhrvold unterschiedliche Methoden, Schäume herzustellen. Traditionell verwendet man ein Triebmittel wie Backpulver oder Natron, denn beide erzeugen Kohlendioxid. Den gleichen Effekt erzielt man mit kohlensäurehaltiger Flüssigkeit, wie Sodawasser oder Bier, oder mit einem fertigen Schaum, etwa Eischnee. 
Übrigens: Der häufig umgangssprachlich verwendete Begriff „Panade“ bezeichnet „ein Füll- und Lockerungsmittel, zum Beispiel aus eingeweichtem Weißbrot oder Brötchen, für Hackmassen, Kalbsbrust“ und Ähnliches, so die Gastronomische Akademie Deutschlands. Bei der leckeren, knusprigen Schicht um Schnitzel und Co. spricht man in der Fachsprache hingegen von einer „Panierung“.

Mehl, Crunch & Rock ’n’ Roll

Praktische Tipps

Die ideale Frittiertemperatur liegt bei 170  bis 180 °C. So bildet sich am Frittiergut rasch genug eine knusprige Kruste und es kann folglich nur wenig Fett oder Öl ins Innere eindringen. So bleiben die Speisen im Inneren schön saftig. Zu heiß darf das Fett aber keinesfalls werden, da die Kruste sonst viel zu schnell braun wird, während die Speisen innen noch nicht richtig durchgebacken sind. Daher die maximale Temperatur des Fritteusenfetts von 180 °C nicht überschreiten.
Man sollte mit dem Aufheizen des Fetts oder Öls möglichst spät beginnen. Das spart zum einen Energie und zum anderen wird das Fett nicht unnötig strapaziert, wodurch sich wiederum die Haltbarkeitsdauer verlängert. Beide Punkte schonen letztendlich auch den Geldbeutel!
Bevor man endgültig mit dem Frittieren beginnt, sollten die ausgewählten Öle oder Fette für ein paar Minuten auf höchstens 60 °C erwärmt werden. Auf diese Weise wird ein lokales Überhitzen vermieden.
Diesen Hinweis sollte man vor allem immer dann berücksichtigen, wenn man festes Fritteusenfett verwendet, welches erst nach einiger Zeit zu einer homogenen Flüssigkeit wird. Erst wenn das gesamte Öl in der Fritteuse dieselbe Temperatur hat, kann man es bedenkenlos auf das gewünschte Level bringen. Oftmals werden beim Frittieren mehrere Gänge gegart. 
Doch was ist, wenn es zwischen zwei Durchgängen zu einer längeren Pause kommt? Soll die Fritteuse aus- und später wieder eingeschaltet werden oder lässt man sie laufen?
Am besten lässt man die Fritteuse eingeschaltet, wobei das Fett in diesem Fall idealerweise zwischen 120 bis 130 °C gehalten werden sollte. Denn wenn sich für ein paar Minuten kein Frittiergut in der Fritteuse befindet, steigt automatisch auch die Gefahr einer Überhitzung. Schlimmstenfalls kann ein Brand verursacht werden. 
Zugleich sollte das Fett zwischen den Frittierdurchgängen nicht zu stark abkühlen. Denn in einem Temperaturbereich zwischen 70 und 120 °C werden sich beim erneuten Wiederaufheizen unerwünschte aromatische Verbindungen bilden, was sich folgerichtig negativ auf den Geschmack auswirkt.
Zudem wird die Haltbarkeit des Fritteusenfetts besonders in diesem Temperaturbereich negativ beeinflusst. Daher das Gerät zwischen den einzelnen Gängen auch nicht komplett ausschalten. 
Frittierte Kartoffeln
Der größte Vorteil einer Fritteuse gegenüber dem Frittieren im Topf ist, dass man die Temperatur des Fettes ganz genau einstellen kann. Denn je nach Speise benötigt man eine andere Temperatur, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
Ist das Fett nicht heiß genug, saugt sich das Frittiergut voll, bevor sich eine Kruste bildet. Ist es zu heiß, verbrennt es. Zudem ist eine Fritteuse sicherer. Beim Frittieren im Topf kann das Fett sehr leicht spritzen und schnell zu Verbrennungen führen.
Einen Tipp gibt Spitzenkoch Scheiblauer noch allen Skeptikern mit auf den Weg: „Eine wirklich gute Fritteuse ist das Beste, was einem Gargut passieren kann. Bei Top-Fritteusen ist es immerhin sogar möglich, mit dem Niedriggaren herumzuexperimentieren!“

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