Schwieriger Start für vegetarische Kochlehre
Es ist ein wahrer Meilenstein für die Gastronomie Österreichs, mit Anfang Juli an diesem Punkt zu stehen: Man kann nun eine gesonderte Lehre für vegetarische und vegane Küche machen und sich somit zur Fachkraft für diese Ernährungsweisen ausbilden lassen. Laut Wirtschaftskammer sei das Interesse groß gewesen, doch nun fehlen einige wichtige Aspekte.

Es ist ein wahrer Meilenstein für die Gastronomie Österreichs, mit Anfang Juli an diesem Punkt zu stehen: Man kann nun eine gesonderte Lehre für vegetarische und vegane Küche machen und sich somit zur Fachkraft für diese Ernährungsweisen ausbilden lassen. Laut Wirtschaftskammer sei das Interesse groß gewesen, doch nun fehlen einige wichtige Aspekte.

Vor einem Jahr hat sich unter anderem die Vegane Gesellschaft für die Einführung der neuen Ausbildung eingesetzt und starkgemacht. Nun ist es so weit: Seit dem 1. Juli gibt es offiziell den Lehrberuf zur Fachkraft für vegetarische Kulinarik. Somit gibt es nun 217 gesetzliche Lehrberufe in Österreich. Die Ausbildung soll – wie die herkömmliche für den Beruf Koch/Köchin – drei Jahre dauern. So zumindest in der Theorie – denn das Interesse könnte kaum verhaltener sein.
Fehlende Struktur und schwache Nachfrage
Nicht genug, dass wenig Lehrlinge sich bei den jeweiligen Lehrlingsstellen gemeldet haben und es kaum Betriebe im ganzen Land gibt, die eine derartige Ausbildung anbieten – es fehlt teilweise auch an Struktur und klaren Antworten. Beispielsweise ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht einmal bekannt, wo denn Lehrlinge in diesem Bereich in die Berufsschule gehen sollten.
Sowohl nieder- als auch oberösterreichische Medien berichten von einem absoluten Flop in der neu gewonnenen Branche. Laut der Wochenzeitung Tips gebe es in Oberösterreich keinen einzigen Lehrbetrieb, der die seit gestern offiziell existierende Ausbildung anbieten würde – doch auch keine Interessent:innen konnten bisher verzeichnet werden. Auch in Niederösterreich verhält es sich ähnlich: weder ein Betrieb noch ein potenzieller Lehrling hätte bisher Interesse gezeigt, berichtet OE24.
Fortschritt ohne Rückhalt?
Dieses neue Kapitel für die Gastronomie und für Österreich sollte mehr Menschen für den gastronomischen Lehrberuf interessieren. Gerade in der heutigen Zeit ernähren sich viele Menschen vegetarisch oder gar rein pflanzlich.
Die Ausbildung steht für Fortschritt und eine immer neue, innovative Erweiterung unserer Lehrberufslandschaft. Außerdem für die Auseinandersetzung mit Tierethik, der Natur und der Umwelt.
Laut der Veganen Gesellschaft ernähre sich zwar jede:r 10. in Österreich vegan oder zumindest vegetarisch, doch heißt das nicht automatisch, dass all diese Menschen gerne in einem solchen Beruf arbeiten möchten.
Die Diskussion rund um das Thema vegetarische Kochlehre ist nun seit über einem Jahr heiß umstritten. Während sich Organisationen wie die Vegane Gesellschaft und die Vegetarier:innen des Landes auf einen derartigen Fortschritt freuen, mag es für viele zukünftige Lehrlinge womöglich eine Hemmschwelle sein.
Begrenzte Zukunftsaussichten
Auch die Nachteile einer Lehre müssen erwähnt werden: Wenn man „nur“ lernt, vegetarisch zu kochen, ist ein Einstieg in einen omnivoren Gastronomiebetrieb quasi unmöglich, da bereits das einfachste Basiswissen für das Arbeiten mit Fleisch und Fisch fehlt.
Außerdem ist es für rein vegane Betriebe ebenso schwierig, Lehrlinge aufzunehmen, da diese laut derzeitigem Lehrplan den Umgang mit Milchprodukten und Eiern erlernen müssen – diese Produkte werden in rein pflanzlich geführten Lokalen allerdings nicht einmal eingekauft, geschweige denn zum Verzehr angeboten.
Ein weiteres Problem tritt für Lehrlinge auf, die Interesse am vegetarischen Kochen, aber nicht nur dem alleine hätten – denn eine Doppellehre mit dem verwandten Lehrberuf Koch/Köchin ist laut AMS nicht erlaubt.
Genereller Lehrlingsrückgang
Ein weiterer Punkt, der in dem Ganzen nicht vergessen werden darf: Die jährliche Gesamtzahl der Koch/Köchin-Lehrlinge sei laut AMS in den letzten 10 Jahren generell stark zurückgegangen. Über die letzte Dekade gab es einen Unterschied von über 4.000 auf rund 2.860 Lehrlinge im ganzen Land.
Im Fall der vegetarischen Lehre in einem Schnitzel- und Schweinsbraten-Land wie Österreich einen starken Andrang an Interessent:innen zu erwarten, ist zwar sehr optimistisch – aber laut derzeitiger Sicht ebenso unrealistisch.
Schauen, was die Zeit bringt
Der neue Lehrberuf wurde zunächst als befristeter Ausbildungsversuch eingeführt und läuft vorerst bis Ende Dezember 2030. Bis dahin heißt es also: abwarten, wie sich das Interesse und die Umsetzung entwickeln.