Feinkost aus Fernost

Asiatisches fürs Auge: Die einzigartigen Köstlichkeiten der japanischen Pâtisserie. Was tatsächlich drin steckt.
November 13, 2015

Fotos: Wolfgang Hummer

Andere Länder, andere Süßigkeiten. Oder: Japan, du armes Land ohne Desserts. Dafür gibt es lecker Adzukibohnen, Reis und Getreide, die mit hochwertigen Rohrzuckersorten und Kanten, dem aus Rotalgen gewonnenen Agar-Agar, verknetet und in Form gepresst werden und während einer Cha-kaiseki, der Teezeremonie, serviert werden. Damit der Geschmack dann doch ein bisschen mehr hermacht, erlaubte man sich noch, Nüsse, Samen aber auch Blätter und Früchte beizumengen. Auch das Aromatisieren mit grünem Tee, Ingwer, salzig eingelegten Kirschblüten, der Schale von Yuzu oder geröstetem Soja- oder Weizenmehl ist gebräuchlich, um ein wenig Schmackes hineinzubekommen. Eine wichtige Rolle im Geschmack übernimmt aber der Zucker, dunkler Kuro Sato oder der berühmte Wasabon sind hier hoch im Kurs. Letzterer ist die Luxusvariante, die nach einer über 200 Jahre alten Tradition aus Chikutoh, einem süßen Bambus, und Hoso-kibi, einem dünnen Zuckerrohr, in reiner Handarbeit gefertig wird und mit leichten Karamell- und Butternoten auf der Zunge schmilzt. Die eigentliche Grundmasse einer japanischen Süßspeise ist jedoch Anko, eine Bohnenpaste, die aus der vegetarischen Küche buddhistischer Mönche in China den Weg zu den Teezeremonien der japanischen Oberschicht gefunden hat. Früher Fleischersatz, ist die rote Bohnenpaste aus Adzukibohnen heute in Varianten die Basis der Eigentlich-nicht-Desserts in Japan. Gerne wird auch…

Fotos: Wolfgang Hummer

Andere Länder, andere Süßigkeiten. Oder: Japan, du armes Land ohne Desserts. Dafür gibt es lecker Adzukibohnen, Reis und Getreide, die mit hochwertigen Rohrzuckersorten und Kanten, dem aus Rotalgen gewonnenen Agar-Agar, verknetet und in Form gepresst werden und während einer Cha-kaiseki, der Teezeremonie, serviert werden. Damit der Geschmack dann doch ein bisschen mehr hermacht, erlaubte man sich noch, Nüsse, Samen aber auch Blätter und Früchte beizumengen. Auch das Aromatisieren mit grünem Tee, Ingwer, salzig eingelegten Kirschblüten, der Schale von Yuzu oder geröstetem Soja- oder Weizenmehl ist gebräuchlich, um ein wenig Schmackes hineinzubekommen. Eine wichtige Rolle im Geschmack übernimmt aber der Zucker, dunkler Kuro Sato oder der berühmte Wasabon sind hier hoch im Kurs. Letzterer ist die Luxusvariante, die nach einer über 200 Jahre alten Tradition aus Chikutoh, einem süßen Bambus, und Hoso-kibi, einem dünnen Zuckerrohr, in reiner Handarbeit gefertig wird und mit leichten Karamell- und Butternoten auf der Zunge schmilzt. Die eigentliche Grundmasse einer japanischen Süßspeise ist jedoch Anko, eine Bohnenpaste, die aus der vegetarischen Küche buddhistischer Mönche in China den Weg zu den Teezeremonien der japanischen Oberschicht gefunden hat. Früher Fleischersatz, ist die rote Bohnenpaste aus Adzukibohnen heute in Varianten die Basis der Eigentlich-nicht-Desserts in Japan. Gerne wird auch die Shiro-koshi-an herangezogen, eine Paste aus Lima- oder Navybohnen, wobei jene aus Limabohnen dunkler und klebriger ist und daher gerne als Fülle eingesetzt wird. Kastanien oder Maronen, Kabocha-Kürbis, Walnüsse oder auch Süßkartoffeln sind eine Alternative für die Füllungen.

Weil der Gaumen durch diese Kombis vielleicht nicht gar so entzückt ist, zauberten die Meister optische Vollbringer aus der Paste. Außen hui und innen pfui wäre jetzt definitiv zu viel des Schlechten, aber für den europäischen Gaumen sind die sogenannten Wagashi gewöhnungsbedürftig. So dürfen sich diese optisch beeindruckenden kleinen Kunstwerke aber nur nennen, wenn sie vor 1868 erfunden wurden – alles, was nach der Meiji-Restauration kreiert wurde, zählt nicht mehr dazu. Die mit Zucker und Eiern gefertigten Süßspeisen, die von den Portugiesen und Holländern nach Japan gebracht wurden – zwar bereits von 1573 bis 1615 –, sind Namban-gashi. Womit klar festgehalten wurde, dass die ihren Ursprung nicht in Nippon haben, denn, „wa“ bedeutet japanisch und „kashi“ Süßigkeit. Generell also: Wagashi entstammen der handwerklich hohen Kunst, aus Bohnen & Co. für die Teezeremonie passende Häppchen zu machen, alles andere fällt unter die Kategorie Dagashi.

Doch damit nicht genug des süßen Schubladendenkens: Für die Wagashi gibt es drei große Hauptkategorien, und zwar einmal nach Art ihrer Verwendung, nach dem geschichtlichen Ursprung und nach der Art der Herstellung und dem Wassergehalt. Bei Letzterem gilt: Namagashi sind frische und eher als roh zu bezeichnende Süßspeisen mit einem Wassergehalt von mehr als 30 Prozent, Han-Namagashi gelten als halb trocken mit 30 bis mindestens zehn Prozent und die Higashi sind die staubige Fraktion mit maximal zehn Prozent Wassergehalt.

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Japanische Patisserie
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Zu den Namagashi, also den frischen und am leichtesten verderblichen Wagashi, zählen etwa die Nerigashi. Da „neri“ gleichbedeutend mit kneten ist, sagt der Name auch schon viel über die Herstellungsart dieser Wagashi aus: Bohnenpaste, Reismehl und Zucker unter gleichzeitigem Erhitzen gut vermengen, bis eine weiche Paste mit einer schmelzenden Konsistenz entsteht. In dieser Gruppe sind vor allem die aus Nerikiri hergestellten Jo-Namagashi hervorzuheben. Nerikiri besteht aus Shiro-an, heller Bohnenpaste, und Gyuhi, besonders zartem Mochi. Diese marzipanähnliche Teigmasse – nur in Konsistenz, nicht im Geschmack – wird dann mit Spezialwerkzeug jahreszeitlich passend in Form gebracht. Sehr beliebt sind die Klassiker-Motive Kirschblüte und Ahornblatt. Eine Sonderform der Namagashi, weil ohne süße Bohnenpaste hergestellt, sind die Nishiki-kan. Man lässt Wasser, Mizuame, einen dickflüssigen Reissirup, Zucker und Kanten reduzieren und gießt diese zähflüssige Masse in eine spezielle Form. Und weil Japaner ja öfters zum Extremen neigen, wird diese Art der Wagashi gerne zu kleinen Unterwasserwelten mit Fischen oder ähnlichen kitschtriefenden Abbildungen einer bunten Fantasywelt.

Die halb trockenen Han-namagashi werden in der Regel mithilfe von Kanten hergestellt, und als eine der wichtigsten Wagashi gelten die Yokan, die ihrerseits in zwei Hauptarten gegliedert werden können: Neri Yokan, das mit Kanten angedickt wird, und Mushi Yokan, die noch zusätzlich gedämpft wird und bei der als Bindemittel Weizenmehl oder Kuzu-Stärke verwendet wird. Das Konfekt aus pürierter Adzukibohnenpaste, Zucker und Kanten hat lange Tradition und einen langen Weg hinter sich: Erst war es eine Brühe, in der Schafsknochen gekocht wurden, und aufgrund des immer größeren Einflusses der buddhistischen Religion wurde aus der Knochen-Gelatine Kanten und das Fleisch ersetzte man durch Adzukibohnenpaste. Als Zucker auch für die breite Masse erschwinglich wurde, kam auch er schließlich mit auf die Zutatenliste.

Als Higashi bezeichnet man alle Arten von trockenem Konfekt, die meistens aus feinstem japanischem Zucker wie dem bereits erwähnten Wasabon und speziellen Reismehlsorten wie Kanbaiko hergestellt werden. Ohne Verzierung geht hier auch nichts und gerne werden Motive aus Gedichten und Geschichten in den puren feinen Zucker gepresst. Verglichen mit den kunstvoll anmutenden anderen Wagashi wirken sie einfach, sind aber durch ihre lange Tradition sehr beliebt. Was alle Arten von Wagashi eint, ist die gedachte Verbindung aller fünf Sinne in einem kleinen süßen Happen. Durch Optik, Geschmack, Textur, Geruch und Klang – dieser durch die sehr eigenwillige Namensgebung der Wagashi – soll stimuliert werden, was die Bohnenpaste hergibt. Jede Jahreszeit hat ihre eigenen Wagashi, jeder Landstrich seine besonderen Formen. Für Japaner sind ihre Wagashi kleine Heiligtümer, geschätzt durch ihre lange Tradition und ihre Entwicklung in der kaiserlichen Stadt Kyoto. Für Europäer hingegen sind sie zumindest optisch eine Bereicherung …

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