Der Geisel Befreier

Im traditionsreichen Geisels Werneckhof hat Tohru Nakamura eine viel beachtete kulinarische Zeitenwende eingeläutet. Eine Geschichte über der widerspenstigen Zähmung mitten in Schwabing.
November 13, 2015

Tohru NakamuraFotos: Werner Krug

Mit dem Bauch ist auch der urtypischste Schwabinger begeisterter Kosmopolit. Sagt Tohru Nakamura, und der muss es wissen, hat er doch wesentlichen Anteil an diesem doch irgendwie überraschenden kulinarischen Erkenntnisgewinn. Dem 30-jährigen Halbjapaner ist mit seinem Amtsantritt als Küchenchef im Geisels Werneckhof im April 2013 nämlich so etwas wie die kulinarische Quadratur des Kreises gelungen. Er selbst nennt diese Quadratur bescheiden eine „gelungene generationsübergreifende Ansprache“. Was wunderhübsch klingt, aber dem Umstand nun mal nicht gerecht wird, dass in einem ehemaligen Traditionsrestaurant mit reanimierten Klassikern auf der Karte aktuell 90-jährige Stammgäste so selbstverständlich zu Nakamuras kulinarisch progressivem „Gaudi“-Menü tendieren, wie sie morgens zu ihren Dritten greifen.

Es ist eine schöne, verkehrte neue Welt in Weißwurst-Metropolis, die der Sohn eines japanischen Siemens-Ingenieurs und einer deutschen Unternehmensberaterin innerhalb nicht mal eines Jahres geschaffen hat. Und wenn man sich ein Stück weit in die Untiefen von Tohru Nakamuras Biographie vorwagt, verwundert es auch nicht, dass ausgerechnet ihm die Rolle des Game Changers zufällt. Einer, der ohne pränatale Kulinarik-Prägung als Gymnasiast mit 14 schon bei Sterneköchin Léa Linster in der Küche rumgehangen und ein paar Jahre nach dem Abitur dann der Ordnung halber doch noch seine Kochausbildung angefangen hat, um in Lichtgeschwindigkeit zu Sergio Hermans Sous Chef zu avancieren und zwischendurch den Eckart-Witzigmann-Nachwuchs-Preis abzuräumen – ja, so einer ist fast schon zwangsläufig für Höheres bestimmt. Dass er dieser höheren Bestimmung aber ausgerechnet in München folgt, überraschte nicht nur die hartgesottene Gourmet-Journaille. Also, Herr Nakamura, warum eine Schwabinger Institution und nicht ein 3-Sterne-Schuppen in New York? „Man darf und sollte für den Traum von der ‚großen‘ Karriere, glaube ich, nicht jene Dinge, die entscheidend zum Erfolg beitragen, aus den Augen verlieren“, antwortet er. „Das Bauchgefühl, das Vertrauen zu den Menschen in deiner Umgebung – das sind Faktoren, die eine Karriere-Entscheidung auch beeinflussen sollten, und so war es auch bei mir.“

München sei nun mal seine große Liebe, der Kontakt zu Familie Geisel auch nach dem Ende seiner Ausbildung im Königshof unter Martin Fauster nie abgebrochen. Als im März 2012 die Ära Nakamura im Oud Sluis endete, fiel die Wahl des nächsten Karriereziels dementsprechend leicht. Bestens vorbereitet auf die zukünftigen Aufgaben als Küchenchef war Nakamura ja, Joachim Wissler und Sergio Herman sei Dank. Sie hätten ihm ein besonders förderliches 3-Sterne-Küchen-Kontrastprogramm geliefert, das ihm letztendlich auch verdeutlicht habe, wie wichtig es sei, seine eigene Linie zu finden. „Bei Wissler ist Disziplin oberstes Gebot, er verkörpert einfach dieses klassische Bild des 3-Sterne-Kochs bis ins letzte Detail, bei Sergio lief dafür alles in die genau entgegengesetzte Richtung“, erinnert sich Nakamura. „Beide haben auf unterschiedliche Art und Weise Höchstbewertungen erhalten, sind unterschiedliche Typen, Aber sie haben beide eine klare Handschrift.“

Tohru NakamuraFotos: Werner Krug

Mit dem Bauch ist auch der urtypischste Schwabinger begeisterter Kosmopolit. Sagt Tohru Nakamura, und der muss es wissen, hat er doch wesentlichen Anteil an diesem doch irgendwie überraschenden kulinarischen Erkenntnisgewinn. Dem 30-jährigen Halbjapaner ist mit seinem Amtsantritt als Küchenchef im Geisels Werneckhof im April 2013 nämlich so etwas wie die kulinarische Quadratur des Kreises gelungen. Er selbst nennt diese Quadratur bescheiden eine „gelungene generationsübergreifende Ansprache“. Was wunderhübsch klingt, aber dem Umstand nun mal nicht gerecht wird, dass in einem ehemaligen Traditionsrestaurant mit reanimierten Klassikern auf der Karte aktuell 90-jährige Stammgäste so selbstverständlich zu Nakamuras kulinarisch progressivem „Gaudi“-Menü tendieren, wie sie morgens zu ihren Dritten greifen.

Es ist eine schöne, verkehrte neue Welt in Weißwurst-Metropolis, die der Sohn eines japanischen Siemens-Ingenieurs und einer deutschen Unternehmensberaterin innerhalb nicht mal eines Jahres geschaffen hat. Und wenn man sich ein Stück weit in die Untiefen von Tohru Nakamuras Biographie vorwagt, verwundert es auch nicht, dass ausgerechnet ihm die Rolle des Game Changers zufällt. Einer, der ohne pränatale Kulinarik-Prägung als Gymnasiast mit 14 schon bei Sterneköchin Léa Linster in der Küche rumgehangen und ein paar Jahre nach dem Abitur dann der Ordnung halber doch noch seine Kochausbildung angefangen hat, um in Lichtgeschwindigkeit zu Sergio Hermans Sous Chef zu avancieren und zwischendurch den Eckart-Witzigmann-Nachwuchs-Preis abzuräumen – ja, so einer ist fast schon zwangsläufig für Höheres bestimmt. Dass er dieser höheren Bestimmung aber ausgerechnet in München folgt, überraschte nicht nur die hartgesottene Gourmet-Journaille. Also, Herr Nakamura, warum eine Schwabinger Institution und nicht ein 3-Sterne-Schuppen in New York? „Man darf und sollte für den Traum von der ‚großen‘ Karriere, glaube ich, nicht jene Dinge, die entscheidend zum Erfolg beitragen, aus den Augen verlieren“, antwortet er. „Das Bauchgefühl, das Vertrauen zu den Menschen in deiner Umgebung – das sind Faktoren, die eine Karriere-Entscheidung auch beeinflussen sollten, und so war es auch bei mir.“

München sei nun mal seine große Liebe, der Kontakt zu Familie Geisel auch nach dem Ende seiner Ausbildung im Königshof unter Martin Fauster nie abgebrochen. Als im März 2012 die Ära Nakamura im Oud Sluis endete, fiel die Wahl des nächsten Karriereziels dementsprechend leicht. Bestens vorbereitet auf die zukünftigen Aufgaben als Küchenchef war Nakamura ja, Joachim Wissler und Sergio Herman sei Dank. Sie hätten ihm ein besonders förderliches 3-Sterne-Küchen-Kontrastprogramm geliefert, das ihm letztendlich auch verdeutlicht habe, wie wichtig es sei, seine eigene Linie zu finden. „Bei Wissler ist Disziplin oberstes Gebot, er verkörpert einfach dieses klassische Bild des 3-Sterne-Kochs bis ins letzte Detail, bei Sergio lief dafür alles in die genau entgegengesetzte Richtung“, erinnert sich Nakamura. „Beide haben auf unterschiedliche Art und Weise Höchstbewertungen erhalten, sind unterschiedliche Typen, Aber sie haben beide eine klare Handschrift.“

Tohru Nakamura
Einmal Schwabing–Tokio und zurück
Die Handschrift Nakamuras im Werneckhof wird jedenfalls mit jedem Tag noch ein Stückchen definierter – und raffinierter. Das euro-asiatische Stil-Label klebt zwar nach wie vor unbarmherzig an ihm, aber das, so sagt er, sei wohl einfach dem Umstand zu schulden, dass man seine Küche nicht einfach in ein bestimmtes Genre-Korsett pressen könne. Der japanische Einfluss ist in Nakamuras Gerichten zumeist nicht auf den ersten Blick erkennbar, und genau das macht den Reiz seiner Küche aus. Vergeblich durchforstet das Auge die Karte nach verbalen Schlüsselreizen wie Umeboshi & Co, die hohe Kunst der japanischen Küche erschließt sich bei Nakamura im aromatischen Detail. Seine mehrwöchige Stage-Tour durch Japans Sterneküchen, die ihn unter anderem zu des Kaisers Hof- und Sternekoch Satoru Akiyama führte, nutze Nakamura vor allem, um sich mit der exakten Ausführung von Zubereitungen bekannt zu machen. „Was ich in Japan gelernt habe, ist, ein wirklich tolles Produkt so unverfälscht wie möglich zu belassen. Alleine die Art und Weise, wie man einen Fisch schneidet oder Gemüse schält, verändert bereits den Geschmack eines Produktes.

Manchmal darf eine Tomate einfach nur eine Tomate sein, und insbesondere Gäste, die schon sehr viel gesehen haben und überall auf der Welt gegessen haben, wissen das zu schätzen.“ Diesem konzentrierten Zugang verleiht Nakamura mit seinem Soli-Menü Ausdruck, in dem den Basisprodukten ein glänzender Solo-Auftritt in unterschiedlichen Kostümen sicher ist. So wie der flachen Auster aus Yerseke, die gegrillt, gebeizt und als Tatar auf die Bühne darf. Dem Durchschnittsalter seiner Küchencrew entsprechend steht im Gaudi-Menü dafür die spielerische Komponente im Vordergrund, nicht provokant, aber komplex präsentieren sich internationale All-Stars à la Bresse-Taube und unterschätzte Preziosen wie der Stör. Hier wie da gilt allerdings: Wenn Nakamura Asien in seine Küche holt, dann ohne Vorschlaghammer. Geschmackstiefe erzeugt er so eben mit Sojasauce anstelle von Salz, bei Fischgerichten sorgen Bonito-Flocken, Dashi oder Miso für den Feinschliff.

Mit der Entscheidung, im Werneckhof kulinarisch zweigleisig zu fahren, hat Nakamura ins Schwarze getroffen. Das bestätigen nicht nur die Gästezahlen, auch die Bewertungen, die Nakamura in der kurzen Zeit seines Wirkens abgeräumt hat. Der gerade erschienene Guide Michelin würdigte seine Küchenleistung aus dem Stand mit einem Stern. Trotz dieser Weihen gibt sich Nakamura bescheiden. „Natürlich ist es großartig, wenn die renommierten Führer unsere Leistung in dieser Weise anerkennen“, sagt er. Aber im ersten Jahr sei das wichtigste Ziel gewesen, dass jeder einzelne Gast das Lokal begeistert verlässt. Das ist Nakamura und seinem Team, „in dem sich wirklich viele grandiose Leute befinden, die sich in der Sternegastronomie ihre Lorbeeren geholt haben“, offensichtlich gelungen. „Nichts, was wir hier präsentieren, ist eine Grauzone“, sagt er dann noch zum Schluss. Wohl wahr. Es ist eine schöne, verkehrte neue Welt in Weißwurst-Metropolis.

www.geisels-werneckhof.de

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